Heine, Heinrich: Buch der Lieder. Hamburg, 1827.LXXI. Wie dunkle Träume stehen Die Häuser in langer Reih'; Tief eingehüllt im Mantel Schreite ich schweigend vorbei. Der Thurm der Cathedrale Verkündet die zwölfte Stund'; Mit ihren Reizen und Küssen Erwartet mich Liebchen jetzund. Der Mond ist mein Begleiter, Er leuchtet mir freundlich vor; Da bin ich an ihrem Hause, Und freudig ruf' ich empor: Ich danke dir, alter Vertrauter,
Daß du meinen Weg erhellt; Jetzt will ich dich entlassen, Jetzt leuchte der übrigen Welt! LXXI. Wie dunkle Träume ſtehen Die Häuſer in langer Reih'; Tief eingehüllt im Mantel Schreite ich ſchweigend vorbei. Der Thurm der Cathedrale Verkündet die zwölfte Stund'; Mit ihren Reizen und Küſſen Erwartet mich Liebchen jetzund. Der Mond iſt mein Begleiter, Er leuchtet mir freundlich vor; Da bin ich an ihrem Hauſe, Und freudig ruf' ich empor: Ich danke dir, alter Vertrauter,
Daß du meinen Weg erhellt; Jetzt will ich dich entlaſſen, Jetzt leuchte der übrigen Welt! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0252" n="244"/> </div> <div n="2"> <head> <hi rendition="#aq">LXXI.</hi><lb/> </head> <lg type="poem"> <lg n="1"> <l>Wie dunkle Träume ſtehen</l><lb/> <l>Die Häuſer in langer Reih';</l><lb/> <l>Tief eingehüllt im Mantel</l><lb/> <l>Schreite ich ſchweigend vorbei.</l><lb/> </lg> <lg n="2"> <l>Der Thurm der Cathedrale</l><lb/> <l>Verkündet die zwölfte Stund';</l><lb/> <l>Mit ihren Reizen und Küſſen</l><lb/> <l>Erwartet mich Liebchen jetzund.</l><lb/> </lg> <lg n="3"> <l>Der Mond iſt mein Begleiter,</l><lb/> <l>Er leuchtet mir freundlich vor;</l><lb/> <l>Da bin ich an ihrem Hauſe,</l><lb/> <l>Und freudig ruf' ich empor:</l><lb/> </lg> <lg n="4"> <l>Ich danke dir, alter Vertrauter,</l><lb/> <l>Daß du meinen Weg erhellt;</l><lb/> <l>Jetzt will ich dich entlaſſen,</l><lb/> <l>Jetzt leuchte der übrigen Welt!</l><lb/> </lg> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [244/0252]
LXXI.
Wie dunkle Träume ſtehen
Die Häuſer in langer Reih';
Tief eingehüllt im Mantel
Schreite ich ſchweigend vorbei.
Der Thurm der Cathedrale
Verkündet die zwölfte Stund';
Mit ihren Reizen und Küſſen
Erwartet mich Liebchen jetzund.
Der Mond iſt mein Begleiter,
Er leuchtet mir freundlich vor;
Da bin ich an ihrem Hauſe,
Und freudig ruf' ich empor:
Ich danke dir, alter Vertrauter,
Daß du meinen Weg erhellt;
Jetzt will ich dich entlaſſen,
Jetzt leuchte der übrigen Welt!
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