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Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698.

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oder Liebesgschichten/ etc.

LXXV. Jch weiß selbst wol/ daß
die Hauptmateri in solchen Dichte-
reyen sich sehr offt verliehren/ item
wunderlich zwischen Hoffnung und
Desperation herumträhen/ und mit
vilerley Episodiis, und Episodiorum
Episodiis
unterspilt werden muß: Al-
lein vermein ich auch zuwissen/ daß das
ganze Drama von rechtswegen also
beschaffen seyn soll/ daß man es auf ei-
nen Sitz durchlesen kan: Wann der
Leser in aller Verwirrung darvon
muß/ gebiret es schlechte Lust/ sonder-
lich so er offt absetzen muß/ und ist ohn-
möglich daß er nicht das erste wider
vergessen/ und deßwegen das letste ohn-
verständlich habe. Darum wer eben
Roman schreiben wil/ sollt sie entwe-
der kurtz machen/ wie die verschmizte
Alte/ oder in etliche vollkomne Hand-
lungen eintheilen/ wie also Marini sei-
nen Calliandro abgetheilt. Der muß
ein Monstrum memoriae seyn/ der
über dem letsten Buch des Arminii
sich noch errinnert/ was er in den ersten
gelesen.

LXXVI. Was den stylum des
Buchs belangt/ neben dem/ daß er nach
der Schlesischen Mund-Art allzu

merk-
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oder Liebesgſchichten/ ꝛc.

LXXV. Jch weiß ſelbſt wol/ daß
die Hauptmateri in ſolchen Dichte-
reyen ſich ſehr offt verliehren/ item
wunderlich zwiſchen Hoffnung und
Deſperation herumtraͤhen/ und mit
vilerley Epiſodiis, und Epiſodiorum
Epiſodiis
unterſpilt werden muß: Al-
lein vermein ich auch zuwiſſen/ daß das
ganze Drama von rechtswegen alſo
beſchaffen ſeyn ſoll/ daß man es auf ei-
nen Sitz durchleſen kan: Wann der
Leſer in aller Verwirꝛung darvon
muß/ gebiret es ſchlechte Luſt/ ſonder-
lich ſo er offt abſetzen muß/ und iſt ohn-
moͤglich daß er nicht das erſte wider
vergeſſen/ und deßwegẽ das letſte ohn-
verſtaͤndlich habe. Darum wer eben
Roman ſchreiben wil/ ſollt ſie entwe-
der kurtz machen/ wie die verſchmizte
Alte/ oder in etliche vollkomne Hand-
lungen eintheilen/ wie alſo Marini ſei-
nen Calliandro abgetheilt. Der muß
ein Monſtrum memoriæ ſeyn/ der
uͤber dem letſten Buch des Arminii
ſich noch erꝛinnert/ was er in den erſten
geleſen.

LXXVI. Was den ſtylum des
Buchs belangt/ neben dem/ daß er nach
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[89/0137] oder Liebesgſchichten/ ꝛc. LXXV. Jch weiß ſelbſt wol/ daß die Hauptmateri in ſolchen Dichte- reyen ſich ſehr offt verliehren/ item wunderlich zwiſchen Hoffnung und Deſperation herumtraͤhen/ und mit vilerley Epiſodiis, und Epiſodiorum Epiſodiis unterſpilt werden muß: Al- lein vermein ich auch zuwiſſen/ daß das ganze Drama von rechtswegen alſo beſchaffen ſeyn ſoll/ daß man es auf ei- nen Sitz durchleſen kan: Wann der Leſer in aller Verwirꝛung darvon muß/ gebiret es ſchlechte Luſt/ ſonder- lich ſo er offt abſetzen muß/ und iſt ohn- moͤglich daß er nicht das erſte wider vergeſſen/ und deßwegẽ das letſte ohn- verſtaͤndlich habe. Darum wer eben Roman ſchreiben wil/ ſollt ſie entwe- der kurtz machen/ wie die verſchmizte Alte/ oder in etliche vollkomne Hand- lungen eintheilen/ wie alſo Marini ſei- nen Calliandro abgetheilt. Der muß ein Monſtrum memoriæ ſeyn/ der uͤber dem letſten Buch des Arminii ſich noch erꝛinnert/ was er in den erſten geleſen. LXXVI. Was den ſtylum des Buchs belangt/ neben dem/ daß er nach der Schleſiſchen Mund-Art allzu merk- F v

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Zitationshilfe: Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heidegger_mythoscopia_1698/137>, abgerufen am 22.11.2024.