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Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698.

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oder Liebesgeschichten. etc.
Gemüths-Vorbereitung versehen
seyn/ damit man nicht Gifft und Stank
erwische: wer die Roman gern mit
diser Caution lesen wil/ der wird sie
noch viel lieber gar bleiben/ und den
Motten zum Nachtimbis überlassen/
das weiß ich gantz gewiß. Und also fin-
det das Roman-Lesen bey den Poeti-
schen Studien ganz keinen Schutz.

LXXII. Wenn es endlich um und
um kommet/ so sind die Poeten-Sachen
doch gelehrte und spitzfündige Lügen/
die das Hirn um etwas schleiffen kön-
nen/ vice cotis acutum reddere
quae ferrum valet.
Aber was vor
gelehrte und Geistreichheit trifft man
bey unseren Romanen an? die dise
Schreibard inventiert/ und sie vor
alters getriben/ können endtlich etwas
Ruhm verdienen. Aber mich nimmt
wunder/ wo mancher Leser Gedult
hernimmet die heutige Salbader (denn
ich rede nicht eben vom Amadis, Gus-
man, Marcebille,
und dergleichen
Kinderpossen/ sondern auch von den
besten und berühmtesten heutiger Zeit)
durchzulesen? Jst etwas geistreiches
darinn/ so ist es den alten/ Apulejo,
Heliodoro
abgesehen/ ja außgeschri-

ben
F iij

oder Liebesgeſchichten. ꝛc.
Gemuͤths-Vorbereitung verſehen
ſeyn/ damit man nicht Gifft und Stank
erwiſche: wer die Roman gern mit
diſer Caution leſen wil/ der wird ſie
noch viel lieber gar bleiben/ und den
Motten zum Nachtimbis uͤberlaſſen/
das weiß ich gantz gewiß. Und alſo fin-
det das Roman-Leſen bey den Poeti-
ſchen Studien ganz keinen Schutz.

LXXII. Wenn es endlich um und
um kom̃et/ ſo ſind die Poeten-Sachen
doch gelehrte und ſpitzfuͤndige Luͤgen/
die das Hirn um etwas ſchleiffen koͤn-
nen/ vice cotis acutum reddere
quæ ferrum valet.
Aber was vor
gelehrte und Geiſtreichheit trifft man
bey unſeren Romanen an? die diſe
Schreibard inventiert/ und ſie vor
alters getriben/ koͤnnen endtlich etwas
Ruhm verdienen. Aber mich nimmt
wunder/ wo mancher Leſer Gedult
hernimmet die heutige Salbader (denn
ich rede nicht eben vom Amadis, Gus-
man, Marcebille,
und dergleichen
Kinderpoſſen/ ſondern auch von den
beſten und beruͤhmteſten heutiger Zeit)
durchzuleſen? Jſt etwas geiſtreiches
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[85/0133] oder Liebesgeſchichten. ꝛc. Gemuͤths-Vorbereitung verſehen ſeyn/ damit man nicht Gifft und Stank erwiſche: wer die Roman gern mit diſer Caution leſen wil/ der wird ſie noch viel lieber gar bleiben/ und den Motten zum Nachtimbis uͤberlaſſen/ das weiß ich gantz gewiß. Und alſo fin- det das Roman-Leſen bey den Poeti- ſchen Studien ganz keinen Schutz. LXXII. Wenn es endlich um und um kom̃et/ ſo ſind die Poeten-Sachen doch gelehrte und ſpitzfuͤndige Luͤgen/ die das Hirn um etwas ſchleiffen koͤn- nen/ vice cotis acutum reddere quæ ferrum valet. Aber was vor gelehrte und Geiſtreichheit trifft man bey unſeren Romanen an? die diſe Schreibard inventiert/ und ſie vor alters getriben/ koͤnnen endtlich etwas Ruhm verdienen. Aber mich nimmt wunder/ wo mancher Leſer Gedult hernimmet die heutige Salbader (denn ich rede nicht eben vom Amadis, Gus- man, Marcebille, und dergleichen Kinderpoſſen/ ſondern auch von den beſten und beruͤhmteſten heutiger Zeit) durchzuleſen? Jſt etwas geiſtreiches darinn/ ſo iſt es den alten/ Apulejo, Heliodoro abgeſehen/ ja außgeſchri- ben F iij

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Zitationshilfe: Heidegger, Gotthard: Mythoscopia Romantica oder Discours Von den so benanten Romans. Zürich, 1698, S. 85. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heidegger_mythoscopia_1698/133>, abgerufen am 22.11.2024.