Die Bewegung, die Form seines Wissens von sich hervorzutreiben, ist die Arbeit, die er als wirkliche Ge- schichte vollbringt. Die religiöse Gemeine, insofern sie zuerst die Substanz des absoluten Geistes ist, ist das rohe Bewusstseyn, das ein um so barbarischeres und härteres Daseyn hat, je tiefer sein innerer Geist ist, und sein dumpfes Selbst eine um so härtere Arbeit mit seinem Wesen, dem ihm fremden Inhalte seines Bewusstseyns. Erst nachdem es die Hoffnung aufgegeben, auf eine äusserliche d. h. fremde Weise das Fremdseyn aufzuheben, wendet es sich, weil die aufgehobne fremde Weise die Rückkehr ins Selbstbe- wusstseyn ist, an sich selbst, an seine eigne Welt und Gegenwart, entdekt sie als sein Eigenthum und hat somit den ersten Schritt gethan aus der Intellectualwelt herabzusteigen, oder vielmehr deren abstractes Ele- ment mit dem wirklichen Selbst zu begeisten. Durch die Beobachtung einerseits findet es das Daseyn als Ge- danken, und begreifft dasselbe, und umgekehrt in sei- nem Denken das Daseyn. Indem es so zunächst die unmittelbare Einheit des Denkens und Seyns, des ab- stracten Wesens und des Selbsts, selbst abstract ausge- sprochen und das erste Lichtwesen reiner, nemlich als Einheit der Ausdehnung und des Seyns, -- denn Aus- dehnung ist die dem reinen Denken gleichere Einfach- heit, denn das Licht ist, -- und hiemit im Gedanken die Substanz des Aufgangs wieder erweckt hat, schau- dert der Geist zugleich von dieser abstracten Einheit, von dieser selbstlosen Substantialität zurück, und be-
Die Bewegung, die Form seines Wiſſens von sich hervorzutreiben, iſt die Arbeit, die er als wirkliche Ge- ſchichte vollbringt. Die religiöse Gemeine, insofern sie zuerst die Substanz des absoluten Geistes ist, ist das rohe Bewuſstſeyn, das ein um so barbarischeres und härteres Daseyn hat, je tiefer sein innerer Geist ist, und sein dumpfes Selbſt eine um so härtere Arbeit mit seinem Wesen, dem ihm fremden Inhalte seines Bewuſstseyns. Erſt nachdem es die Hoffnung aufgegeben, auf eine äuſſerliche d. h. fremde Weise das Fremdseyn aufzuheben, wendet es sich, weil die aufgehobne fremde Weise die Rückkehr ins Selbſtbe- wuſstseyn ist, an sich selbſt, an seine eigne Welt und Gegenwart, entdekt sie als sein Eigenthum und hat somit den ersten Schritt gethan aus der Intellectualwelt herabzuſteigen, oder vielmehr deren abstractes Ele- ment mit dem wirklichen Selbſt zu begeiſten. Durch die Beobachtung einerseits findet es das Daſeyn als Ge- danken, und begreifft daſſelbe, und umgekehrt in sei- nem Denken das Daseyn. Indem es so zunächſt die unmittelbare Einheit des Denkens und Seyns, des ab- stracten Wesens und des Selbſts, selbſt abſtract ausge- sprochen und das erſte Lichtwesen reiner, nemlich als Einheit der Ausdehnung und des Seyns, — denn Aus- dehnung ist die dem reinen Denken gleichere Einfach- heit, denn das Licht iſt, — und hiemit im Gedanken die Substanz des Aufgangs wieder erweckt hat, schau- dert der Geist zugleich von dieser abstracten Einheit, von dieser ſelbſtlosen Substantialität zurück, und be-
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Die Bewegung, die Form seines Wiſſens von sich
hervorzutreiben, iſt die Arbeit, die er als wirkliche Ge-
ſchichte vollbringt. Die religiöse Gemeine, insofern
sie zuerst die Substanz des absoluten Geistes ist, ist
das rohe Bewuſstſeyn, das ein um so barbarischeres
und härteres Daseyn hat, je tiefer sein innerer Geist
ist, und sein dumpfes Selbſt eine um so härtere
Arbeit mit seinem Wesen, dem ihm fremden Inhalte
seines Bewuſstseyns. Erſt nachdem es die Hoffnung
aufgegeben, auf eine äuſſerliche d. h. fremde Weise
das Fremdseyn aufzuheben, wendet es sich, weil die
aufgehobne fremde Weise die Rückkehr ins Selbſtbe-
wuſstseyn ist, an sich selbſt, an seine eigne Welt und
Gegenwart, entdekt sie als sein Eigenthum und hat
somit den ersten Schritt gethan aus der Intellectualwelt
herabzuſteigen, oder vielmehr deren abstractes Ele-
ment mit dem wirklichen Selbſt zu begeiſten. Durch
die Beobachtung einerseits findet es das Daſeyn als Ge-
danken, und begreifft daſſelbe, und umgekehrt in sei-
nem Denken das Daseyn. Indem es so zunächſt die
unmittelbare Einheit des Denkens und Seyns, des ab-
stracten Wesens und des Selbſts, selbſt abſtract ausge-
sprochen und das erſte Lichtwesen reiner, nemlich als
Einheit der Ausdehnung und des Seyns, — denn Aus-
dehnung ist die dem reinen Denken gleichere Einfach-
heit, denn das Licht iſt, — und hiemit im Gedanken
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dert der Geist zugleich von dieser abstracten Einheit,
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 758. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/867>, abgerufen am 25.11.2024.
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