Substanz noch nicht erreicht hat oder nicht an sich selbst absolutes Wissen ist.
In der Wirklichkeit ist nun die wissende Substanz früher da, als die Form oder Begriffsgestalt derselben. Denn die Substanz ist das noch unentwickelte Ansich, oder der Grund und Begriff in seiner noch unbeweg- ten Einfachheit, also die Innerlichkeit oder das Selbst des Geistes, das noch nicht da ist. Was da ist, ist als das noch unentwickelte Einfache und Unmittelbare, oder der Gegenstand des vorstellenden Bewusstseyns über- haupt. Das Erkennen, weil es das geistige Bewusst- seyn ist, dem, was an sich ist, nur insofern ist, als es Seyn für das Selbst, und Seyn des Selbstes oder Begriff ist, -- hat aus diesem Grunde zuerst nur einen armen Gegenstand, gegen welchen die Substanz, und deren Be- wusstseyn reicher ist. Die Offenbarkeit, die sie in die- sem hat, ist in der That Verborgenheit, denn sie ist das noch selbstlose Seyn, und offenbar ist sich nur die Ge- wissheit seiner selbst. Zuerst gehören dem Selbstbe- wusstseyn daher von der Substanz nur die abstracten Momente an; aber indem diese als die reinen Bewegun- gen sich selbst weiter treiben, bereichert es sich, bis es die ganze Substanz dem Bewusstseyn entrissen, den ganzen Bau ihrer Wesenheiten in sich gesogen, und indem dieses negative Verhalten zur Gegenständlich- keit ebensosehr positiv, Setzen ist, -- sie aus sich er- zeugt und damit für das Bewusstseyn zugleich wieder hergestellt hat. In dem Begriffe, der sich als Begriff
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Subſtanz noch nicht erreicht hat oder nicht an sich selbſt absolutes Wiſſen iſt.
In der Wirklichkeit iſt nun die wiſſende Subſtanz früher da, als die Form oder Begriffsgeſtalt derselben. Denn die Subſtanz iſt das noch unentwickelte Anſich, oder der Grund und Begriff in seiner noch unbeweg- ten Einfachheit, also die Innerlichkeit oder das Selbſt des Geiſtes, das noch nicht da iſt. Was da iſt, iſt als das noch unentwickelte Einfache und Unmittelbare, oder der Gegenſtand des vorſtellenden Bewuſstseyns über- haupt. Das Erkennen, weil es das geiſtige Bewuſst- ſeyn iſt, dem, was an ſich iſt, nur insofern iſt, als es Seyn für das Selbſt, und Seyn des Selbſtes oder Begriff iſt, — hat aus diesem Grunde zuerſt nur einen armen Gegenſtand, gegen welchen die Subſtanz, und deren Be- wuſstſeyn reicher iſt. Die Offenbarkeit, die ſie in die- ſem hat, iſt in der That Verborgenheit, denn ſie iſt das noch ſelbſtlose Seyn, und offenbar iſt ſich nur die Ge- wiſsheit ſeiner ſelbſt. Zuerſt gehören dem Selbſtbe- wuſstſeyn daher von der Subſtanz nur die abstracten Momente an; aber indem dieſe als die reinen Bewegun- gen ſich ſelbſt weiter treiben, bereichert es ſich, bis es die ganze Subſtanz dem Bewuſstſeyn entriſſen, den ganzen Bau ihrer Weſenheiten in ſich geſogen, und indem dieſes negative Verhalten zur Gegenſtändlich- keit ebenſoſehr poſitiv, Setzen iſt, — ſie aus ſich er- zeugt und damit für das Bewuſstseyn zugleich wieder hergeſtellt hat. In dem Begriffe, der ſich als Begriff
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Subſtanz noch nicht erreicht hat oder nicht an sich
selbſt absolutes Wiſſen iſt.
In der Wirklichkeit iſt nun die wiſſende Subſtanz
früher da, als die Form oder Begriffsgeſtalt derselben.
Denn die Subſtanz iſt das noch unentwickelte Anſich,
oder der Grund und Begriff in seiner noch unbeweg-
ten Einfachheit, also die Innerlichkeit oder das Selbſt
des Geiſtes, das noch nicht da iſt. Was da iſt, iſt als
das noch unentwickelte Einfache und Unmittelbare,
oder der Gegenſtand des vorſtellenden Bewuſstseyns über-
haupt. Das Erkennen, weil es das geiſtige Bewuſst-
ſeyn iſt, dem, was an ſich iſt, nur insofern iſt, als es
Seyn für das Selbſt, und Seyn des Selbſtes oder Begriff
iſt, — hat aus diesem Grunde zuerſt nur einen armen
Gegenſtand, gegen welchen die Subſtanz, und deren Be-
wuſstſeyn reicher iſt. Die Offenbarkeit, die ſie in die-
ſem hat, iſt in der That Verborgenheit, denn ſie iſt das
noch ſelbſtlose Seyn, und offenbar iſt ſich nur die Ge-
wiſsheit ſeiner ſelbſt. Zuerſt gehören dem Selbſtbe-
wuſstſeyn daher von der Subſtanz nur die abstracten
Momente an; aber indem dieſe als die reinen Bewegun-
gen ſich ſelbſt weiter treiben, bereichert es ſich, bis
es die ganze Subſtanz dem Bewuſstſeyn entriſſen, den
ganzen Bau ihrer Weſenheiten in ſich geſogen, und
indem dieſes negative Verhalten zur Gegenſtändlich-
keit ebenſoſehr poſitiv, Setzen iſt, — ſie aus ſich er-
zeugt und damit für das Bewuſstseyn zugleich wieder
hergeſtellt hat. In dem Begriffe, der ſich als Begriff
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 755. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/864>, abgerufen am 24.11.2024.
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