Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

her nicht mehr seiner Besonderheit in ihm, sondern
vielmehr der Ablegung derselben und der Allgemein-
heit seines menschlichen Daseyns bewusst.

c.
Das geistige Kunstwerk.

Die Volksgeister, die der Gestalt ihres Wesens
in einem besondern Thiere bewusst werden, gehen in
Einen zusammen; so vereinigen sich die besondern schö-
nen Volksgeister in Ein Pantheon, dessen Element und
Behausung die Sprache ist. Die reine Anschauung sei-
ner selbst als allgemeiner Menschlichkeit hat an der Wirk-
lichkeit des Volksgeistes die Form, dass er sich mit den
andern, mit denen er durch die Natur Eine Nation
ausmacht, zu einer gemeinschaftlichen Unternehmung
verbindet, und für dieses Werk ein Gesammtvolk,
und damit einen Gesammthimmel bildet. Diese All-
gemeinheit, zu der der Geist in seinem Daseyn gelangt,
ist jedoch nur diese erste, die von der Individualität
des Sittlichen erst ausgeht, ihre Unmittelbarkeit noch
nicht überwunden, nicht Einen Staat aus diesen Völ-
kerschaften gebildet hat. Die Sittlichkeit des wirkli-
chen Volksgeistes beruht theils auf dem unmittelbaren
Vertrauen der Einzelnen zu dem Ganzen ihres Vol-
kes, theils auf dem unmittelbaren Antheil, den Alle,
des Unterschiedes von Ständen unerachtet, an den Ent-

her nicht mehr ſeiner Beſonderheit in ihm, ſondern
vielmehr der Ablegung derſelben und der Allgemein-
heit ſeines menſchlichen Daſeyns bewuſst.

c.
Das geiſtige Kunſtwerk.

Die Volksgeiſter, die der Geſtalt ihres Weſens
in einem beſondern Thiere bewuſst werden, gehen in
Einen zuſammen; ſo vereinigen ſich die beſondern ſchö-
nen Volksgeiſter in Ein Pantheon, deſſen Element und
Behausung die Sprache iſt. Die reine Anſchauung sei-
ner ſelbſt als allgemeiner Menſchlichkeit hat an der Wirk-
lichkeit des Volksgeiſtes die Form, daſs er ſich mit den
andern, mit denen er durch die Natur Eine Nation
ausmacht, zu einer gemeinſchaftlichen Unternehmung
verbindet, und für dieſes Werk ein Geſammtvolk,
und damit einen Geſammthimmel bildet. Dieſe All-
gemeinheit, zu der der Geiſt in seinem Daseyn gelangt,
iſt jedoch nur diese erſte, die von der Individualität
des Sittlichen erſt ausgeht, ihre Unmittelbarkeit noch
nicht überwunden, nicht Einen Staat aus diesen Völ-
kerschaften gebildet hat. Die Sittlichkeit des wirkli-
chen Volksgeiſtes beruht theils auf dem unmittelbaren
Vertrauen der Einzelnen zu dem Ganzen ihres Vol-
kes, theils auf dem unmittelbaren Antheil, den Alle,
des Unterſchiedes von Ständen unerachtet, an den Ent-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0785" n="676"/>
her nicht mehr &#x017F;einer Be&#x017F;onderheit in ihm, &#x017F;ondern<lb/>
vielmehr der Ablegung der&#x017F;elben und der Allgemein-<lb/>
heit &#x017F;eines men&#x017F;chlichen Da&#x017F;eyns bewu&#x017F;st.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>c.<lb/><hi rendition="#g">Das gei&#x017F;tige Kun&#x017F;twerk</hi>.</head><lb/>
              <p>Die Volksgei&#x017F;ter, die der Ge&#x017F;talt ihres We&#x017F;ens<lb/>
in einem be&#x017F;ondern Thiere bewu&#x017F;st werden, gehen in<lb/>
Einen zu&#x017F;ammen; &#x017F;o vereinigen &#x017F;ich die be&#x017F;ondern &#x017F;chö-<lb/>
nen Volksgei&#x017F;ter in Ein Pantheon, de&#x017F;&#x017F;en Element und<lb/>
Behausung die Sprache i&#x017F;t. Die reine An&#x017F;chauung sei-<lb/>
ner &#x017F;elb&#x017F;t als <hi rendition="#i">allgemeiner Men&#x017F;chlichkeit</hi> hat an der Wirk-<lb/>
lichkeit des Volksgei&#x017F;tes die Form, da&#x017F;s er &#x017F;ich mit den<lb/>
andern, mit denen er durch die Natur Eine Nation<lb/>
ausmacht, zu einer gemein&#x017F;chaftlichen Unternehmung<lb/>
verbindet, und für die&#x017F;es Werk ein Ge&#x017F;ammtvolk,<lb/>
und damit einen Ge&#x017F;ammthimmel bildet. Die&#x017F;e All-<lb/>
gemeinheit, zu der der Gei&#x017F;t in seinem Daseyn gelangt,<lb/>
i&#x017F;t jedoch nur diese er&#x017F;te, die von der Individualität<lb/>
des Sittlichen er&#x017F;t ausgeht, ihre Unmittelbarkeit noch<lb/>
nicht überwunden, nicht Einen Staat aus diesen Völ-<lb/>
kerschaften gebildet hat. Die Sittlichkeit des wirkli-<lb/>
chen Volksgei&#x017F;tes beruht theils auf dem unmittelbaren<lb/>
Vertrauen der Einzelnen zu dem Ganzen ihres Vol-<lb/>
kes, theils auf dem unmittelbaren Antheil, den Alle,<lb/>
des Unter&#x017F;chiedes von Ständen unerachtet, an den Ent-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[676/0785] her nicht mehr ſeiner Beſonderheit in ihm, ſondern vielmehr der Ablegung derſelben und der Allgemein- heit ſeines menſchlichen Daſeyns bewuſst. c. Das geiſtige Kunſtwerk. Die Volksgeiſter, die der Geſtalt ihres Weſens in einem beſondern Thiere bewuſst werden, gehen in Einen zuſammen; ſo vereinigen ſich die beſondern ſchö- nen Volksgeiſter in Ein Pantheon, deſſen Element und Behausung die Sprache iſt. Die reine Anſchauung sei- ner ſelbſt als allgemeiner Menſchlichkeit hat an der Wirk- lichkeit des Volksgeiſtes die Form, daſs er ſich mit den andern, mit denen er durch die Natur Eine Nation ausmacht, zu einer gemeinſchaftlichen Unternehmung verbindet, und für dieſes Werk ein Geſammtvolk, und damit einen Geſammthimmel bildet. Dieſe All- gemeinheit, zu der der Geiſt in seinem Daseyn gelangt, iſt jedoch nur diese erſte, die von der Individualität des Sittlichen erſt ausgeht, ihre Unmittelbarkeit noch nicht überwunden, nicht Einen Staat aus diesen Völ- kerschaften gebildet hat. Die Sittlichkeit des wirkli- chen Volksgeiſtes beruht theils auf dem unmittelbaren Vertrauen der Einzelnen zu dem Ganzen ihres Vol- kes, theils auf dem unmittelbaren Antheil, den Alle, des Unterſchiedes von Ständen unerachtet, an den Ent-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/785
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 676. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/785>, abgerufen am 19.11.2024.