Der Geist hat seine Gestalt, in welcher er für sein Bewusstseyn ist, in die Form des Bewusstseyns selbst erhoben, und bringt eine solche sich hervor. Der Werkmeister hat das synthetische Arbeiten, das Ver- mischen der fremdartigen Formen des Gedankens und des Natürlichen aufgegeben; indem die Gestalt die Form der selbstbewussten Thätigkeit gewonnen, ist er geistiger Arbeiter geworden.
Fragen wir darnach, welches der wirkliche Geist ist, der in der Kunstreligion das Bewusstseyn seines absoluten Wesens hat, so ergibt sich, dass es der sittliche oder der wahre Geist ist. Er ist nicht nur die allgemeine Substanz aller Einzelnen, sondern indem sie für das wirkliche Bewusstseyn die Gestalt des Bewusstseyns hat, so heisst diss soviel, dass sie, die Individualisation hat, von ihnen als ihr eignes Wesen und Werk gewusst wird. Weder ist sie so für sie das Lichtwesen, in dessen Einheit das Für- sichseyn des Selbstbewusstseyn nur negativ, nur ver-
B. Die Kunst-Religion.
Der Geist hat seine Gestalt, in welcher er für sein Bewuſstseyn ist, in die Form des Bewuſstſeyns selbst erhoben, und bringt eine solche sich hervor. Der Werkmeister hat das synthetische Arbeiten, das Ver- mischen der fremdartigen Formen des Gedankens und des Natürlichen aufgegeben; indem die Gestalt die Form der selbstbewuſsten Thätigkeit gewonnen, ist er geistiger Arbeiter geworden.
Fragen wir darnach, welches der wirkliche Geist ist, der in der Kunstreligion das Bewuſstseyn seines absoluten Wesens hat, so ergibt sich, daſs es der sittliche oder der wahre Geist ist. Er ist nicht nur die allgemeine Substanz aller Einzelnen, sondern indem sie für das wirkliche Bewuſstſeyn die Gestalt des Bewuſstſeyns hat, so heiſst diſs soviel, daſs sie, die Individualisation hat, von ihnen als ihr eignes Wesen und Werk gewuſst wird. Weder ist sie so für sie das Lichtwesen, in deſſen Einheit das Für- sichseyn des Selbstbewuſstseyn nur negativ, nur ver-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><pbfacs="#f0760"n="651"/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><divn="3"><head>B.<lb/><hirendition="#g">Die Kunst-Religion</hi>.</head><lb/><milestonerendition="#hr"unit="section"/><p><hirendition="#in">D</hi>er Geist hat seine Gestalt, in welcher er für sein<lb/>
Bewuſstseyn ist, in die Form des Bewuſstſeyns selbst<lb/>
erhoben, und bringt eine solche sich hervor. Der<lb/>
Werkmeister hat das <hirendition="#i">synthetische</hi> Arbeiten, das <hirendition="#i">Ver-<lb/>
mischen</hi> der fremdartigen Formen des Gedankens und<lb/>
des Natürlichen aufgegeben; indem die Gestalt die<lb/>
Form der selbstbewuſsten Thätigkeit gewonnen, ist<lb/>
er geistiger Arbeiter geworden.</p><lb/><p>Fragen wir darnach, welches der <hirendition="#i">wirkliche</hi> Geist<lb/>
ist, der in der Kunstreligion das Bewuſstseyn seines<lb/>
absoluten Wesens hat, so ergibt sich, daſs es der<lb/><hirendition="#i">sittliche</hi> oder der <hirendition="#i">wahre</hi> Geist ist. Er ist nicht nur die<lb/>
allgemeine Substanz aller Einzelnen, sondern indem<lb/>
sie für das wirkliche Bewuſstſeyn die Gestalt des<lb/>
Bewuſstſeyns hat, so heiſst diſs soviel, daſs sie, die<lb/>
Individualisation hat, von ihnen als ihr eignes<lb/>
Wesen und Werk gewuſst wird. Weder ist sie so<lb/>
für sie das Lichtwesen, in deſſen Einheit das Für-<lb/>
sichseyn des Selbstbewuſstseyn nur negativ, nur ver-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[651/0760]
B.
Die Kunst-Religion.
Der Geist hat seine Gestalt, in welcher er für sein
Bewuſstseyn ist, in die Form des Bewuſstſeyns selbst
erhoben, und bringt eine solche sich hervor. Der
Werkmeister hat das synthetische Arbeiten, das Ver-
mischen der fremdartigen Formen des Gedankens und
des Natürlichen aufgegeben; indem die Gestalt die
Form der selbstbewuſsten Thätigkeit gewonnen, ist
er geistiger Arbeiter geworden.
Fragen wir darnach, welches der wirkliche Geist
ist, der in der Kunstreligion das Bewuſstseyn seines
absoluten Wesens hat, so ergibt sich, daſs es der
sittliche oder der wahre Geist ist. Er ist nicht nur die
allgemeine Substanz aller Einzelnen, sondern indem
sie für das wirkliche Bewuſstſeyn die Gestalt des
Bewuſstſeyns hat, so heiſst diſs soviel, daſs sie, die
Individualisation hat, von ihnen als ihr eignes
Wesen und Werk gewuſst wird. Weder ist sie so
für sie das Lichtwesen, in deſſen Einheit das Für-
sichseyn des Selbstbewuſstseyn nur negativ, nur ver-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 651. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/760>, abgerufen am 19.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.