es ebendasselbe, was aber von diesem schon abgewor- fen ist. Es zeigt sich dadurch als das geistverlassne und den Geist verleugnende Bewusstseyn, denn es er- kennt nicht, dass der Geist in der absoluten Gewiss- heit seiner selbst über alle That und Wirklichkeit Mei- ster, und sie abwerfen und ungeschehen machen kann. Zugleich erkennt es nicht den Widerspruch, den es begeht, die Abwerfung, die in der Rede geschehen ist, für das wahre Abwerfen gelten zu lassen, während es selbst die Gewissheit seines Geistes nicht in einer wirk- lichen Handlung, sondern in seinem Innern und des- sen Daseyn in der Rede seines Urtheils hat. Es ist es also selbst, das die Rückkehr des Andern aus der That in das geistige Daseyn der Rede und in die Gleichheit des Geistes hemmt und durch diese Härte die Un- gleichheit hervorbringt, welche noch vorhanden ist.
Insofern nun der seiner selbst gewisse Geist, als schöne Seele, nicht die Krafft der Entäusserung des an sich haltenden Wissens ihrer selbst besitzt, kann sie nicht zur Gleichheit mit dem zurückgestossnen Bewusst- seyn und also nicht zur angeschauten Einheit ihrer selbst im Andern, nicht zum Daseyn gelangen; die Gleichheit kommt daher nur negativ, als ein geistlo- ses Seyn, zu Stande. Die wirklichkeitslose schöne Seele, in dem Widerspruche ihres reinen Selbsts, und der Nothwendigkeit desselben, sich zum Seyn zu entäussern und in Wirklichkeit umzuschlagen, in der Unmittelbarkeit dieses festgehaltnen Gegensatzes, -- sei- ner Unmittelbarkeit, die allein die Mitte und Versöh-
es ebendaſſelbe, was aber von diesem schon abgewor- fen iſt. Es zeigt sich dadurch als das geiſtverlaſſne und den Geiſt verleugnende Bewuſstseyn, denn es er- kennt nicht, daſs der Geiſt in der absoluten Gewiſs- heit seiner selbst über alle That und Wirklichkeit Mei- ster, und sie abwerfen und ungeschehen machen kann. Zugleich erkennt es nicht den Widerspruch, den es begeht, die Abwerfung, die in der Rede geschehen ist, für das wahre Abwerfen gelten zu laſſen, während es selbst die Gewiſsheit seines Geistes nicht in einer wirk- lichen Handlung, sondern in seinem Innern und des- sen Daseyn in der Rede seines Urtheils hat. Es ist es also selbst, das die Rückkehr des Andern aus der That in das geiſtige Daseyn der Rede und in die Gleichheit des Geistes hemmt und durch diese Härte die Un- gleichheit hervorbringt, welche noch vorhanden ist.
Insofern nun der seiner selbst gewiſſe Geist, als schöne Seele, nicht die Krafft der Entäuſſerung des an sich haltenden Wiſſens ihrer selbst besitzt, kann sie nicht zur Gleichheit mit dem zurückgeſtoſſnen Bewuſst- seyn und also nicht zur angeschauten Einheit ihrer selbst im Andern, nicht zum Daseyn gelangen; die Gleichheit kommt daher nur negativ, als ein geistlo- ses Seyn, zu Stande. Die wirklichkeitslose schöne Seele, in dem Widerspruche ihres reinen Selbsts, und der Nothwendigkeit deſſelben, sich zum Seyn zu entäuſſern und in Wirklichkeit umzuschlagen, in der Unmittelbarkeit dieses feſtgehaltnen Gegensatzes, — sei- ner Unmittelbarkeit, die allein die Mitte und Versöh-
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es ebendaſſelbe, was aber von diesem schon abgewor-
fen iſt. Es zeigt sich dadurch als das geiſtverlaſſne
und den Geiſt verleugnende Bewuſstseyn, denn es er-
kennt nicht, daſs der Geiſt in der absoluten Gewiſs-
heit seiner selbst über alle That und Wirklichkeit Mei-
ster, und sie abwerfen und ungeschehen machen kann.
Zugleich erkennt es nicht den Widerspruch, den es
begeht, die Abwerfung, die in der Rede geschehen ist,
für das wahre Abwerfen gelten zu laſſen, während es
selbst die Gewiſsheit seines Geistes nicht in einer wirk-
lichen Handlung, sondern in seinem Innern und des-
sen Daseyn in der Rede seines Urtheils hat. Es ist es
also selbst, das die Rückkehr des Andern aus der That
in das geiſtige Daseyn der Rede und in die Gleichheit
des Geistes hemmt und durch diese Härte die Un-
gleichheit hervorbringt, welche noch vorhanden ist.
Insofern nun der seiner selbst gewiſſe Geist, als
schöne Seele, nicht die Krafft der Entäuſſerung des an
sich haltenden Wiſſens ihrer selbst besitzt, kann sie
nicht zur Gleichheit mit dem zurückgeſtoſſnen Bewuſst-
seyn und also nicht zur angeschauten Einheit ihrer
selbst im Andern, nicht zum Daseyn gelangen; die
Gleichheit kommt daher nur negativ, als ein geistlo-
ses Seyn, zu Stande. Die wirklichkeitslose schöne
Seele, in dem Widerspruche ihres reinen Selbsts,
und der Nothwendigkeit deſſelben, sich zum Seyn zu
entäuſſern und in Wirklichkeit umzuschlagen, in der
Unmittelbarkeit dieses feſtgehaltnen Gegensatzes, — sei-
ner Unmittelbarkeit, die allein die Mitte und Versöh-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 619. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/728>, abgerufen am 22.11.2024.
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