ses sind sie nur allgemeine, haben aber doch eigne Wesenheit gegeneinander. -- Das Falsche, denn nur von ihm ist hier die Rede, wäre das Andre, das Negative der Substanz, die als In- halt des Wissens das Wahre ist. Aber die Sub- stanz ist selbst wesentlich das Negative, theils als Unterscheidung und Bestimmung des Inhalts, theils als ein einfaches Unterscheiden, d. h. als Selbst und Wissen überhaupt. Man kann wohl falsch wissen. Es wird etwas falsch gewusst, heisst, das Wissen ist in Ungleichheit mit seiner Substanz. Allein eben diese Ungleichheit ist das Unterscheiden überhaupt, das wesentliches Mo- ment ist. Es wird aus dieser Unterscheidung wohl ihre Gleichheit, und diese gewordene Gleichheit ist die Wahrheit. Aber sie ist nicht so Wahrheit, als ob die Ungleichheit wegge- worfen worden wäre, wie die Schlacke vom reinen Metall, auch nicht einmal so, wie das Werkzeug von dem fertigen Gefässe wegbleibt, sondern die Ungleichheit ist als das Negative, als das Selbst im Wahren als solchem selbst noch unmittelbar vorhanden. Es kann jedoch darum nicht gesagt werden, dass das Falsche ein Mo- ment oder gar einen Bestandtheil des Wahren ausmache. Dass an jedem Falschen etwas Wah- res sey, -- in diesem Ausdrucke gelten beyde,
ſes ſind ſie nur allgemeine, haben aber doch eigne Weſenheit gegeneinander. — Das Falſche, denn nur von ihm iſt hier die Rede, wäre das Andre, das Negative der Subſtanz, die als In- halt des Wiſſens das Wahre iſt. Aber die Sub- ſtanz iſt ſelbſt weſentlich das Negative, theils als Unterſcheidung und Beſtimmung des Inhalts, theils als ein einfaches Unterſcheiden, d. h. als Selbſt und Wiſſen überhaupt. Man kann wohl falſch wiſſen. Es wird etwas falſch gewuſst, heiſst, das Wiſſen iſt in Ungleichheit mit ſeiner Subſtanz. Allein eben dieſe Ungleichheit iſt das Unterſcheiden überhaupt, das weſentliches Mo- ment iſt. Es wird aus dieſer Unterſcheidung wohl ihre Gleichheit, und dieſe gewordene Gleichheit iſt die Wahrheit. Aber ſie iſt nicht ſo Wahrheit, als ob die Ungleichheit wegge- worfen worden wäre, wie die Schlacke vom reinen Metall, auch nicht einmal ſo, wie das Werkzeug von dem fertigen Gefäſſe wegbleibt, ſondern die Ungleichheit iſt als das Negative, als das Selbſt im Wahren als ſolchem ſelbſt noch unmittelbar vorhanden. Es kann jedoch darum nicht geſagt werden, daſs das Falſche ein Mo- ment oder gar einen Beſtandtheil des Wahren ausmache. Daſs an jedem Falſchen etwas Wah- res ſey, — in dieſem Ausdrucke gelten beyde,
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ſes ſind ſie nur allgemeine, haben aber doch
eigne Weſenheit gegeneinander. — Das Falſche,
denn nur von ihm iſt hier die Rede, wäre das
Andre, das Negative der Subſtanz, die als In-
halt des Wiſſens das Wahre iſt. Aber die Sub-
ſtanz iſt ſelbſt weſentlich das Negative, theils
als Unterſcheidung und Beſtimmung des Inhalts,
theils als ein einfaches Unterſcheiden, d. h. als
Selbſt und Wiſſen überhaupt. Man kann wohl
falſch wiſſen. Es wird etwas falſch gewuſst,
heiſst, das Wiſſen iſt in Ungleichheit mit ſeiner
Subſtanz. Allein eben dieſe Ungleichheit iſt das
Unterſcheiden überhaupt, das weſentliches Mo-
ment iſt. Es wird aus dieſer Unterſcheidung
wohl ihre Gleichheit, und dieſe gewordene
Gleichheit iſt die Wahrheit. Aber ſie iſt nicht
ſo Wahrheit, als ob die Ungleichheit wegge-
worfen worden wäre, wie die Schlacke vom
reinen Metall, auch nicht einmal ſo, wie das
Werkzeug von dem fertigen Gefäſſe wegbleibt,
ſondern die Ungleichheit iſt als das Negative,
als das Selbſt im Wahren als ſolchem ſelbſt noch
unmittelbar vorhanden. Es kann jedoch darum
nicht geſagt werden, daſs das Falſche ein Mo-
ment oder gar einen Beſtandtheil des Wahren
ausmache. Daſs an jedem Falſchen etwas Wah-
res ſey, — in dieſem Ausdrucke gelten beyde,
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. XLVI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/61>, abgerufen am 22.11.2024.
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