Staatsgewalt vorbehält. Es verhält sich daher noch ungleich gegen dieselbe, und fällt unter die Bestim- mung des niederträchtigen Bewusstseyns, immer auf dem Sprunge zur Empörung zu stehen.
Dieser Widerspruch, den es aufzuheben hat, enthält in dieser Form, in der Ungleichheit des Für- sichseyns gegen die Allgemeinheit der Staatsmacht zu stehen, zugleich die Form, dass jene Entäusserung des Daseyns, indem sie sich, im Tode nemlich, vollendet, selbst eine seyende, nicht eine ins Be- wusstseyn zurückkehrende ist, -- dass dieses sie nicht überlebt, und an und für sich ist, sondern nur ins unversöhnte Gegentheil übergeht. Die wahre Auf- opferung des Fürsichseyns ist daher allein die, worin es sich so vollkommen als im Tode hingibt, aber in dieser Entäusserung sich ebensosehr erhält; es wird dadurch als das wirklich, was es an sich ist, als die identische Einheit seiner selbst und seiner als des Entgegengesetzten. Dadurch dass der abgeschiedne innre Geist, das Selbst als solches, hervortritt und sich entfremdet, wird zugleich die Staatsmacht zu eignem Selbst erhoben; so wie ohne diese Entfrem- dung die Handlungen der Ehre, des edeln Bewusst- seyns und die Rathschläge seiner Einsicht das Zwey- deutige bleiben würden, das noch jenen abgeschied- nen Hinterhalt der besondern Absicht und des Ei- genwillens hätte.
Diese Entfremdung aber geschieht allein in der Sprache, welche hier in ihrer eigenthümlichen Be-
Staatsgewalt vorbehält. Es verhält sich daher noch ungleich gegen dieselbe, und fällt unter die Bestim- mung des niederträchtigen Bewuſstseyns, immer auf dem Sprunge zur Empörung zu stehen.
Dieſer Widerſpruch, den es aufzuheben hat, enthält in dieſer Form, in der Ungleichheit des Für- sichseyns gegen die Allgemeinheit der Staatsmacht zu ſtehen, zugleich die Form, daſs jene Entäuſserung des Daseyns, indem sie sich, im Tode nemlich, vollendet, selbſt eine seyende, nicht eine ins Be- wuſstseyn zurückkehrende ist, — daſs dieſes sie nicht überlebt, und an und für sich ist, sondern nur ins unverſöhnte Gegentheil übergeht. Die wahre Auf- opferung des Fürsichseyns ist daher allein die, worin es sich so vollkommen als im Tode hingibt, aber in dieser Entäuſserung sich ebensosehr erhält; es wird dadurch als das wirklich, was es an sich ist, als die identische Einheit seiner selbſt und seiner als des Entgegengesetzten. Dadurch daſs der abgeſchiedne innre Geiſt, das Selbſt als solches, hervortritt und sich entfremdet, wird zugleich die Staatsmacht zu eignem Selbst erhoben; so wie ohne dieſe Entfrem- dung die Handlungen der Ehre, des edeln Bewuſst- seyns und die Rathschläge seiner Einsicht das Zwey- deutige bleiben würden, das noch jenen abgeſchied- nen Hinterhalt der beſondern Absicht und des Ei- genwillens hätte.
Diese Entfremdung aber geschieht allein in der Sprache, welche hier in ihrer eigenthümlichen Be-
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Staatsgewalt vorbehält. Es verhält sich daher noch
ungleich gegen dieselbe, und fällt unter die Bestim-
mung des niederträchtigen Bewuſstseyns, immer auf
dem Sprunge zur Empörung zu stehen.
Dieſer Widerſpruch, den es aufzuheben hat,
enthält in dieſer Form, in der Ungleichheit des Für-
sichseyns gegen die Allgemeinheit der Staatsmacht zu
ſtehen, zugleich die Form, daſs jene Entäuſserung
des Daseyns, indem sie sich, im Tode nemlich,
vollendet, selbſt eine seyende, nicht eine ins Be-
wuſstseyn zurückkehrende ist, — daſs dieſes sie nicht
überlebt, und an und für sich ist, sondern nur ins
unverſöhnte Gegentheil übergeht. Die wahre Auf-
opferung des Fürsichseyns ist daher allein die, worin
es sich so vollkommen als im Tode hingibt, aber in
dieser Entäuſserung sich ebensosehr erhält; es wird
dadurch als das wirklich, was es an sich ist, als die
identische Einheit seiner selbſt und seiner als des
Entgegengesetzten. Dadurch daſs der abgeſchiedne
innre Geiſt, das Selbſt als solches, hervortritt und
sich entfremdet, wird zugleich die Staatsmacht zu
eignem Selbst erhoben; so wie ohne dieſe Entfrem-
dung die Handlungen der Ehre, des edeln Bewuſst-
seyns und die Rathschläge seiner Einsicht das Zwey-
deutige bleiben würden, das noch jenen abgeſchied-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/561>, abgerufen am 22.11.2024.
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