in einen Privatzweck, verwandelt ihre allgemeine Thätigkeit in ein Werk dieses bestimmten Indivi- duums, und verkehrt das allgemeine Eigenthum des Staats zu einem Besitz und Putz der Familie. Sie macht hiedurch die ernsthaffte Weisheit des reifen Alters, das, der Einzelnheit, -- der Lust und dem Genusse, so wie der wirklichen Thätigkeit -- abge- storben, nur das Allgemeine denkt und besorgt, zum Spotte für den Muthwillen der unreifen Jugend, und zur Verachtung für ihren Enthusiasmus; erhebt überhaupt die Krafft der Jugend zum Geltenden, -- des Sohnes, an dem die Mutter ihren Herrn gebo- ren, des Bruders, an dem die Schwester den Mann als ihres gleichen hat, des Jünglings, durch den die Tochter ihrer Unselbstständigkeit entnommen, den Genuss und die Würde der Frauenschaft erlangt. -- Das Gemeinwesen kann sich aber nur durch Unter- drückung dieses Geistes der Einzelnheit erhalten, und, weil er wesentliches Moment ist, erzeugt es ihn zwar eben so, und zwar durch die unterdrü- kende Haltung gegen denselben als ein feindseliges Princip. Dieses würde jedoch, da es vom allgemei- nen Zwecke sich trennend, nur böse und in sich nichtig ist, nichts vermögen, wenn nicht das Ge- meinwesen selbst die Krafft der Jugend, die Männ- lichkeit, welche nicht reiff noch innerhalb der Ein- zelnheit steht, als die Krafft des Ganzen anerkännte. Denn es ist ein Volk, es ist selbst Individualität und wesentlich nur so für sich, dass andern Individualitä-
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in einen Privatzweck, verwandelt ihre allgemeine Thätigkeit in ein Werk dieses bestimmten Indivi- duums, und verkehrt das allgemeine Eigenthum des Staats zu einem Besitz und Putz der Familie. Sie macht hiedurch die ernsthaffte Weisheit des reifen Alters, das, der Einzelnheit, — der Lust und dem Genusse, so wie der wirklichen Thätigkeit — abge- storben, nur das Allgemeine denkt und besorgt, zum Spotte für den Muthwillen der unreifen Jugend, und zur Verachtung für ihren Enthusiasmus; erhebt überhaupt die Krafft der Jugend zum Geltenden, — des Sohnes, an dem die Mutter ihren Herrn gebo- ren, des Bruders, an dem die Schwester den Mann als ihres gleichen hat, des Jünglings, durch den die Tochter ihrer Unselbstständigkeit entnommen, den Genuſs und die Würde der Frauenschaft erlangt. — Das Gemeinwesen kann sich aber nur durch Unter- drückung dieses Geistes der Einzelnheit erhalten, und, weil er wesentliches Moment ist, erzeugt es ihn zwar eben so, und zwar durch die unterdrü- kende Haltung gegen denselben als ein feindseliges Princip. Dieses würde jedoch, da es vom allgemei- nen Zwecke sich trennend, nur böse und in sich nichtig ist, nichts vermögen, wenn nicht das Ge- meinwesen selbst die Krafft der Jugend, die Männ- lichkeit, welche nicht reiff noch innerhalb der Ein- zelnheit steht, als die Krafft des Ganzen anerkännte. Denn es ist ein Volk, es ist selbst Individualität und wesentlich nur so für sich, daſs andern Individualitä-
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in einen Privatzweck, verwandelt ihre allgemeine
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duums, und verkehrt das allgemeine Eigenthum des
Staats zu einem Besitz und Putz der Familie. Sie
macht hiedurch die ernsthaffte Weisheit des reifen
Alters, das, der Einzelnheit, — der Lust und dem
Genusse, so wie der wirklichen Thätigkeit — abge-
storben, nur das Allgemeine denkt und besorgt, zum
Spotte für den Muthwillen der unreifen Jugend, und
zur Verachtung für ihren Enthusiasmus; erhebt
überhaupt die Krafft der Jugend zum Geltenden, —
des Sohnes, an dem die Mutter ihren Herrn gebo-
ren, des Bruders, an dem die Schwester den Mann
als ihres gleichen hat, des Jünglings, durch den die
Tochter ihrer Unselbstständigkeit entnommen, den
Genuſs und die Würde der Frauenschaft erlangt. —
Das Gemeinwesen kann sich aber nur durch Unter-
drückung dieses Geistes der Einzelnheit erhalten,
und, weil er wesentliches Moment ist, erzeugt es
ihn zwar eben so, und zwar durch die unterdrü-
kende Haltung gegen denselben als ein feindseliges
Princip. Dieses würde jedoch, da es vom allgemei-
nen Zwecke sich trennend, nur böse und in sich
nichtig ist, nichts vermögen, wenn nicht das Ge-
meinwesen selbst die Krafft der Jugend, die Männ-
lichkeit, welche nicht reiff noch innerhalb der Ein-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 419. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/528>, abgerufen am 22.11.2024.
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