gangen. Sein Seyn ist dieses, seinem sittlichen Ge- setze als seiner Substanz anzugehören; in dem An- erkennen des Entgegengetzten hat diss aber aufge- gehört, ihm Substanz zu seyn; und statt seiner Wirklichkeit hat es die Unwirklichkeit, die Gesin- nung, erreicht. -- Die Substanz erscheint zwar an der Individualität, als das Pathos derselben, und die Individualität als das, was sie belebt, und daher über ihr steht; aber sie ist ein Pathos, das zugleich sein Charakter ist; die sittliche Individualität ist un- mittelbar, und an sich eins mit diesem seinem All- gemeinen, sie hat ihre Existenz nur in ihm, und vermag den Untergang, den diese sittliche Macht durch die entgegengesetzte leidet, nicht zu über- leben.
Sie hat aber dabey die Gewissheit, dass diejeni- ge Individualität, deren Pathos diese entgegengesetz- te Macht ist, -- nicht mehr Uebel erleidet, als sie zu- gefügt. Die Bewegung der sittlichen Mächte gegen- einander, und der sie in Leben und Handlung set- zenden Individualitäten hat nur darin ihr wahres Ende erreicht, dass beyde Seiten denselben Unter- gang erfahren. Denn keine der Mächte hat etwas vor der andern voraus, um wesentlicheres Moment der Substanz zu seyn. Die gleiche Wesentlichkeit und das gleichgültige Bestehen beyder nebeneinan- der ist ihr selbstloses Seyn; in der That sind sie als Selbstwesen, aber ein verschiedenes, was der Ein- heit des Selbsts widerspricht, und ihre Rechtlosigkeit
gangen. Sein Seyn ist dieses, seinem sittlichen Ge- setze als seiner Substanz anzugehören; in dem An- erkennen des Entgegengetzten hat diſs aber aufge- gehört, ihm Substanz zu seyn; und statt seiner Wirklichkeit hat es die Unwirklichkeit, die Gesin- nung, erreicht. — Die Substanz erscheint zwar an der Individualität, als das Pathos derselben, und die Individualität als das, was sie belebt, und daher über ihr steht; aber sie ist ein Pathos, das zugleich sein Charakter ist; die sittliche Individualität ist un- mittelbar, und an sich eins mit diesem seinem All- gemeinen, sie hat ihre Existenz nur in ihm, und vermag den Untergang, den diese sittliche Macht durch die entgegengesetzte leidet, nicht zu über- leben.
Sie hat aber dabey die Gewiſsheit, daſs diejeni- ge Individualität, deren Pathos diese entgegengesetz- te Macht ist, — nicht mehr Uebel erleidet, als sie zu- gefügt. Die Bewegung der sittlichen Mächte gegen- einander, und der sie in Leben und Handlung set- zenden Individualitäten hat nur darin ihr wahres Ende erreicht, daſs beyde Seiten denselben Unter- gang erfahren. Denn keine der Mächte hat etwas vor der andern voraus, um wesentlicheres Moment der Substanz zu seyn. Die gleiche Wesentlichkeit und das gleichgültige Bestehen beyder nebeneinan- der ist ihr selbstloses Seyn; in der That sind sie als Selbstwesen, aber ein verschiedenes, was der Ein- heit des Selbsts widerspricht, und ihre Rechtlosigkeit
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gangen. Sein Seyn ist dieses, seinem sittlichen Ge-
setze als seiner Substanz anzugehören; in dem An-
erkennen des Entgegengetzten hat diſs aber aufge-
gehört, ihm Substanz zu seyn; und statt seiner
Wirklichkeit hat es die Unwirklichkeit, die Gesin-
nung, erreicht. — Die Substanz erscheint zwar an
der Individualität, als das Pathos derselben, und die
Individualität als das, was sie belebt, und daher
über ihr steht; aber sie ist ein Pathos, das zugleich
sein Charakter ist; die sittliche Individualität ist un-
mittelbar, und an sich eins mit diesem seinem All-
gemeinen, sie hat ihre Existenz nur in ihm, und
vermag den Untergang, den diese sittliche Macht
durch die entgegengesetzte leidet, nicht zu über-
leben.
Sie hat aber dabey die Gewiſsheit, daſs diejeni-
ge Individualität, deren Pathos diese entgegengesetz-
te Macht ist, — nicht mehr Uebel erleidet, als sie zu-
gefügt. Die Bewegung der sittlichen Mächte gegen-
einander, und der sie in Leben und Handlung set-
zenden Individualitäten hat nur darin ihr wahres
Ende erreicht, daſs beyde Seiten denselben Unter-
gang erfahren. Denn keine der Mächte hat etwas
vor der andern voraus, um wesentlicheres Moment
der Substanz zu seyn. Die gleiche Wesentlichkeit
und das gleichgültige Bestehen beyder nebeneinan-
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Selbstwesen, aber ein verschiedenes, was der Ein-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 413. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/522>, abgerufen am 25.11.2024.
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