seyn ist als Selbstbewusstseyn in diesem Gegensatze, und als solches geht es zugleich darauf, dem Gesetze, dem es angehört, diese entgegengesetzte Wirklich- keit durch Gewalt zu unterwerfen, oder sie zu täu- schen. Indem es das Recht nur auf seiner Seite, das Unrecht aber auf der andern sieht, so erblickt von beyden dasjenige, welches dem göttlichen Gesetze angehört, auf der andern Seite menschliche zufällige Gewaltthätigkeit; das aber dem menschlichen Gesetze zugetheilt ist, auf der andern den Eigensinn und den Ungehorsam des innerlichen Fürsichseyns; denn die Befehle der Regierung sind der allgemeine, am Tage liegende öffentliche Sinn; der Willen des andern Gesetzes aber ist, der unterirrdische, ins Innre ver- schlossne Sinn, der in seinem Daseyn als Willen der Einzelnheit erscheint, und im Widerspruche mit dem ersten der Frevel ist.
Es entsteht hiedurch am Bewusstseyn der Gegen- satz des Gewussten und des Nichtgewussten, wie in der Substanz, des Bewussten und Bewusstlosen; und das absolute Recht des sittlichen Selbstbewusstseyns kommt mit dem göttlichen Rechte des Wesens in Streit. Für das Selbstbewusstseyn als Bewusstseyn hat die gegen- ständliche Wirklichkeit als solche Wesen; nach sei- ner Substanz aber ist es die Einheit seiner und die- ses Entgegengesetzten; und das sittliche Selbstbe- wusstseyn ist das Bewusstseyn der Substanz; der Gegenstand als dem Selbstbewusstseyn entgegenge- setzt, hat darum gänzlich die Bedeutung verloren,
seyn ist als Selbstbewuſstseyn in diesem Gegensatze, und als solches geht es zugleich darauf, dem Gesetze, dem es angehört, diese entgegengesetzte Wirklich- keit durch Gewalt zu unterwerfen, oder sie zu täu- schen. Indem es das Recht nur auf seiner Seite, das Unrecht aber auf der andern sieht, so erblickt von beyden dasjenige, welches dem göttlichen Gesetze angehört, auf der andern Seite menschliche zufällige Gewaltthätigkeit; das aber dem menschlichen Gesetze zugetheilt ist, auf der andern den Eigensinn und den Ungehorsam des innerlichen Fürsichseyns; denn die Befehle der Regierung sind der allgemeine, am Tage liegende öffentliche Sinn; der Willen des andern Gesetzes aber ist, der unterirrdische, ins Innre ver- schlossne Sinn, der in seinem Daseyn als Willen der Einzelnheit erscheint, und im Widerspruche mit dem ersten der Frevel ist.
Es entsteht hiedurch am Bewuſstseyn der Gegen- satz des Gewuſsten und des Nichtgewuſsten, wie in der Substanz, des Bewuſsten und Bewuſstlosen; und das absolute Recht des sittlichen Selbstbewuſstseyns kommt mit dem göttlichen Rechte des Wesens in Streit. Für das Selbstbewuſstseyn als Bewuſstseyn hat die gegen- ständliche Wirklichkeit als solche Wesen; nach sei- ner Substanz aber ist es die Einheit seiner und die- ses Entgegengesetzten; und das sittliche Selbstbe- wuſstseyn ist das Bewuſstseyn der Substanz; der Gegenstand als dem Selbstbewuſstseyn entgegenge- setzt, hat darum gänzlich die Bedeutung verloren,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0515"n="406"/>
seyn ist als Selbstbewuſstseyn in diesem Gegensatze,<lb/>
und als solches geht es zugleich darauf, dem Gesetze,<lb/>
dem es angehört, diese entgegengesetzte Wirklich-<lb/>
keit durch Gewalt zu unterwerfen, oder sie zu täu-<lb/>
schen. Indem es das Recht nur auf seiner Seite, das<lb/>
Unrecht aber auf der andern sieht, so erblickt von<lb/>
beyden dasjenige, welches dem göttlichen Gesetze<lb/>
angehört, auf der andern Seite menschliche zufällige<lb/><hirendition="#i">Gewaltthätigkeit</hi>; das aber dem menschlichen Gesetze<lb/>
zugetheilt ist, auf der andern den Eigensinn und den<lb/><hirendition="#i">Ungehorsam</hi> des innerlichen Fürsichseyns; denn die<lb/>
Befehle der Regierung sind der allgemeine, am Tage<lb/>
liegende öffentliche Sinn; der Willen des andern<lb/>
Gesetzes aber ist, der unterirrdische, ins Innre ver-<lb/>
schlossne Sinn, der in seinem Daseyn als Willen<lb/>
der Einzelnheit erscheint, und im Widerspruche mit<lb/>
dem ersten der Frevel ist.</p><lb/><p>Es entsteht hiedurch am Bewuſstseyn der Gegen-<lb/>
satz des <hirendition="#i">Gewuſsten</hi> und des <hirendition="#i">Nichtgewuſsten</hi>, wie in der<lb/>
Substanz, des <hirendition="#i">Bewuſsten</hi> und <hirendition="#i">Bewuſstlosen</hi>; und das<lb/>
absolute <hirendition="#i">Recht</hi> des sittlichen <hirendition="#i">Selbstbewuſstseyns</hi> kommt<lb/>
mit dem göttlichen <hirendition="#i">Rechte</hi> des <hirendition="#i">Wesens</hi> in Streit. Für<lb/>
das Selbstbewuſstseyn als Bewuſstseyn hat die gegen-<lb/>
ständliche Wirklichkeit als solche Wesen; nach sei-<lb/>
ner Substanz aber ist es die Einheit seiner und die-<lb/>
ses Entgegengesetzten; und das sittliche Selbstbe-<lb/>
wuſstseyn ist das Bewuſstseyn der Substanz; der<lb/>
Gegenstand als dem Selbstbewuſstseyn entgegenge-<lb/>
setzt, hat darum gänzlich die Bedeutung verloren,<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[406/0515]
seyn ist als Selbstbewuſstseyn in diesem Gegensatze,
und als solches geht es zugleich darauf, dem Gesetze,
dem es angehört, diese entgegengesetzte Wirklich-
keit durch Gewalt zu unterwerfen, oder sie zu täu-
schen. Indem es das Recht nur auf seiner Seite, das
Unrecht aber auf der andern sieht, so erblickt von
beyden dasjenige, welches dem göttlichen Gesetze
angehört, auf der andern Seite menschliche zufällige
Gewaltthätigkeit; das aber dem menschlichen Gesetze
zugetheilt ist, auf der andern den Eigensinn und den
Ungehorsam des innerlichen Fürsichseyns; denn die
Befehle der Regierung sind der allgemeine, am Tage
liegende öffentliche Sinn; der Willen des andern
Gesetzes aber ist, der unterirrdische, ins Innre ver-
schlossne Sinn, der in seinem Daseyn als Willen
der Einzelnheit erscheint, und im Widerspruche mit
dem ersten der Frevel ist.
Es entsteht hiedurch am Bewuſstseyn der Gegen-
satz des Gewuſsten und des Nichtgewuſsten, wie in der
Substanz, des Bewuſsten und Bewuſstlosen; und das
absolute Recht des sittlichen Selbstbewuſstseyns kommt
mit dem göttlichen Rechte des Wesens in Streit. Für
das Selbstbewuſstseyn als Bewuſstseyn hat die gegen-
ständliche Wirklichkeit als solche Wesen; nach sei-
ner Substanz aber ist es die Einheit seiner und die-
ses Entgegengesetzten; und das sittliche Selbstbe-
wuſstseyn ist das Bewuſstseyn der Substanz; der
Gegenstand als dem Selbstbewuſstseyn entgegenge-
setzt, hat darum gänzlich die Bedeutung verloren,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 406. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/515>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.