seiner Selbsterhaltung; dieses hat also die Wahr- heit und Bekräfftigung seiner Macht an dem We- sen des göttlichen Gesetzes und dem unterirdischen Reiche.
Das göttliche Gesetz, das in der Familie wal- tet, hat seinerseits gleichfalls Unterschiede in sich, deren Beziehung die lebendige Bewegung seiner Wirklichkeit ausmacht. Unter den drey Verhält- nissen aber, des Mannes und der Frau, der Eltern und der Kinder, der Geschwister als Bruder und Schwester, ist zuerst das Verhältniss des Mannes und der Frau, das unmittelbare sich Erkennen des einen Bewusstseyns im andern, und das Erkennen des gegenseitigen Anerkanntseyns. Weil es das natürli- che sich Erkennen, nicht das sittliche ist, ist es nur die Vorstellung und das Bild des Geistes, nicht der wirkliche Geist selbst. -- Die Vorstellung oder das Bild hat aber seine Wirklichkeit an einem an- dern, als es ist; diss Verhältniss hat daher seine Wirklichkeit nicht an ihm selbst, sondern an dem Kinde, -- einem andern, dessen Werden es ist, und worin es selbst verschwindet; und dieser Wech- sel der sich fortwälzenden Geschlechter hat seinen Bestand in dem Volke. -- Die Pietät des Mannes und der Frau gegeneinander ist also mit natürlicher Beziehung und mit Empfindung vermischt, und ihr Verhältniss hat seine Rückkehr in sich nicht an ihm selbst; ebenso das zweyte, die Pietät der El- tern und Kinder gegeneinander. Die der Eltern ge-
seiner Selbsterhaltung; dieses hat also die Wahr- heit und Bekräfftigung seiner Macht an dem We- sen des göttlichen Gesetzes und dem unterirdischen Reiche.
Das göttliche Gesetz, das in der Familie wal- tet, hat seinerseits gleichfalls Unterschiede in sich, deren Beziehung die lebendige Bewegung seiner Wirklichkeit ausmacht. Unter den drey Verhält- nissen aber, des Mannes und der Frau, der Eltern und der Kinder, der Geschwister als Bruder und Schwester, ist zuerst das Verhältniſs des Mannes und der Frau, das unmittelbare sich Erkennen des einen Bewuſstseyns im andern, und das Erkennen des gegenseitigen Anerkanntseyns. Weil es das natürli- che sich Erkennen, nicht das sittliche ist, ist es nur die Vorstellung und das Bild des Geistes, nicht der wirkliche Geist selbst. — Die Vorstellung oder das Bild hat aber seine Wirklichkeit an einem an- dern, als es ist; diſs Verhältniſs hat daher seine Wirklichkeit nicht an ihm selbst, sondern an dem Kinde, — einem andern, dessen Werden es ist, und worin es selbst verschwindet; und dieser Wech- sel der sich fortwälzenden Geschlechter hat seinen Bestand in dem Volke. — Die Pietät des Mannes und der Frau gegeneinander ist also mit natürlicher Beziehung und mit Empfindung vermischt, und ihr Verhältniſs hat seine Rückkehr in sich nicht an ihm selbst; ebenso das zweyte, die Pietät der El- tern und Kinder gegeneinander. Die der Eltern ge-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0503"n="394"/>
seiner Selbsterhaltung; dieses hat also die Wahr-<lb/>
heit und Bekräfftigung seiner Macht an dem We-<lb/>
sen des <hirendition="#i">göttlichen Gesetzes</hi> und dem <hirendition="#i">unterirdischen<lb/>
Reiche</hi>.</p><lb/><p>Das göttliche Gesetz, das in der Familie wal-<lb/>
tet, hat seinerseits gleichfalls Unterschiede in sich,<lb/>
deren Beziehung die lebendige Bewegung seiner<lb/>
Wirklichkeit ausmacht. Unter den drey Verhält-<lb/>
nissen aber, des Mannes und der Frau, der Eltern<lb/>
und der Kinder, der Geschwister als Bruder und<lb/>
Schwester, ist zuerst das <hirendition="#i">Verhältniſs</hi> des <hirendition="#i">Mannes</hi> und<lb/>
der <hirendition="#i">Frau</hi>, das <hirendition="#i">unmittelbare</hi> sich Erkennen des einen<lb/>
Bewuſstseyns im andern, und das Erkennen des<lb/>
gegenseitigen Anerkanntseyns. Weil es das <hirendition="#i">natürli-<lb/>
che</hi> sich Erkennen, nicht das sittliche ist, ist es<lb/>
nur die <hirendition="#i">Vorstellung</hi> und das <hirendition="#i">Bild</hi> des Geistes, nicht<lb/>
der wirkliche Geist selbst. — Die Vorstellung oder<lb/>
das Bild hat aber seine Wirklichkeit an einem an-<lb/>
dern, als es ist; diſs Verhältniſs hat daher seine<lb/>
Wirklichkeit nicht an ihm selbst, sondern an dem<lb/>
Kinde, — einem andern, dessen Werden es ist,<lb/>
und worin es selbst verschwindet; und dieser Wech-<lb/>
sel der sich fortwälzenden Geschlechter hat seinen<lb/>
Bestand in dem Volke. — Die Pietät des Mannes<lb/>
und der Frau gegeneinander ist also mit natürlicher<lb/>
Beziehung und mit Empfindung vermischt, und ihr<lb/>
Verhältniſs hat seine Rückkehr in sich nicht an<lb/>
ihm selbst; ebenso das zweyte, die <hirendition="#i">Pietät</hi> der <hirendition="#i">El-<lb/>
tern</hi> und <hirendition="#i">Kinder</hi> gegeneinander. Die der Eltern ge-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[394/0503]
seiner Selbsterhaltung; dieses hat also die Wahr-
heit und Bekräfftigung seiner Macht an dem We-
sen des göttlichen Gesetzes und dem unterirdischen
Reiche.
Das göttliche Gesetz, das in der Familie wal-
tet, hat seinerseits gleichfalls Unterschiede in sich,
deren Beziehung die lebendige Bewegung seiner
Wirklichkeit ausmacht. Unter den drey Verhält-
nissen aber, des Mannes und der Frau, der Eltern
und der Kinder, der Geschwister als Bruder und
Schwester, ist zuerst das Verhältniſs des Mannes und
der Frau, das unmittelbare sich Erkennen des einen
Bewuſstseyns im andern, und das Erkennen des
gegenseitigen Anerkanntseyns. Weil es das natürli-
che sich Erkennen, nicht das sittliche ist, ist es
nur die Vorstellung und das Bild des Geistes, nicht
der wirkliche Geist selbst. — Die Vorstellung oder
das Bild hat aber seine Wirklichkeit an einem an-
dern, als es ist; diſs Verhältniſs hat daher seine
Wirklichkeit nicht an ihm selbst, sondern an dem
Kinde, — einem andern, dessen Werden es ist,
und worin es selbst verschwindet; und dieser Wech-
sel der sich fortwälzenden Geschlechter hat seinen
Bestand in dem Volke. — Die Pietät des Mannes
und der Frau gegeneinander ist also mit natürlicher
Beziehung und mit Empfindung vermischt, und ihr
Verhältniſs hat seine Rückkehr in sich nicht an
ihm selbst; ebenso das zweyte, die Pietät der El-
tern und Kinder gegeneinander. Die der Eltern ge-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 394. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/503>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.