tat scheint hiemit dieses zu seyn, dass weder be- stimmte Gesetze noch ein Wissen derselben statt finden könne. Allein die Substanz ist das Bewusst- seyn von sich als der absoluten Wesenheit, welches hiemit weder den Unterschied an ihr, noch das Wis- sen von ihm aufgeben kann. Dass das Gesetzgeben und Gesetzprüffen sich als nichtig erwies, hat diese Bedeutung, dass beydes einzeln und isolirt genom- men, nur haltungslose Momente des sittlichen Be- wusstseyns sind; und die Bewegung, in welcher sie auftreten, hat den formalen Sinn, dass die sittliche Substanz sich dadurch als Bewusstseyn darstellt.
Insofern diese beyden Momente nähere Bestim- mungen des Bewusstseyns der Sache selbst sind, kön- nen sie als Formen der Ehrlichkeit angesehen wer- den, die, wie sonst mit ihren formalen Momenten, sich itzt mit einem seynsollenden Inhalt des Guten und Rechten und einem Prüffen solcher festen Wahrheit herumtreibt, und in der gesunden Ver- nunft und verständigen Einsicht die Krafft und Gültigkeit der Gebote zu haben meynt.
Ohne diese Ehrlichkeit aber gelten die Gesetze nicht als Wesen des Bewusstseyns und das Prüffen ebenso nicht als Thun innerhalb desselben; sondern diese Momente drücken, wie sie jedes für sich un- mittelbar als eine Wirklichkeit auftreten, das eine ein ungültiges Aufstellen und Seyn wirklicher Gesetze, und das andre eine ebenso ungültige Befreyung von denselben aus. Das Gesetz hat als bestimmtes Ge-
tat scheint hiemit dieses zu seyn, daſs weder be- stimmte Gesetze noch ein Wissen derselben statt finden könne. Allein die Substanz ist das Bewuſst- seyn von sich als der absoluten Wesenheit, welches hiemit weder den Unterschied an ihr, noch das Wis- sen von ihm aufgeben kann. Daſs das Gesetzgeben und Gesetzprüffen sich als nichtig erwies, hat diese Bedeutung, daſs beydes einzeln und isolirt genom- men, nur haltungslose Momente des sittlichen Be- wuſstseyns sind; und die Bewegung, in welcher sie auftreten, hat den formalen Sinn, daſs die sittliche Substanz sich dadurch als Bewuſstseyn darstellt.
Insofern diese beyden Momente nähere Bestim- mungen des Bewuſstseyns der Sache selbst sind, kön- nen sie als Formen der Ehrlichkeit angesehen wer- den, die, wie sonst mit ihren formalen Momenten, sich itzt mit einem seynsollenden Inhalt des Guten und Rechten und einem Prüffen solcher festen Wahrheit herumtreibt, und in der gesunden Ver- nunft und verständigen Einsicht die Krafft und Gültigkeit der Gebote zu haben meynt.
Ohne diese Ehrlichkeit aber gelten die Gesetze nicht als Wesen des Bewuſstseyns und das Prüffen ebenso nicht als Thun innerhalb desselben; sondern diese Momente drücken, wie sie jedes für sich un- mittelbar als eine Wirklichkeit auftreten, das eine ein ungültiges Aufstellen und Seyn wirklicher Gesetze, und das andre eine ebenso ungültige Befreyung von denselben aus. Das Gesetz hat als bestimmtes Ge-
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tat scheint hiemit dieses zu seyn, daſs weder be-
stimmte Gesetze noch ein Wissen derselben statt
finden könne. Allein die Substanz ist das Bewuſst-
seyn von sich als der absoluten Wesenheit, welches
hiemit weder den Unterschied an ihr, noch das Wis-
sen von ihm aufgeben kann. Daſs das Gesetzgeben
und Gesetzprüffen sich als nichtig erwies, hat diese
Bedeutung, daſs beydes einzeln und isolirt genom-
men, nur haltungslose Momente des sittlichen Be-
wuſstseyns sind; und die Bewegung, in welcher sie
auftreten, hat den formalen Sinn, daſs die sittliche
Substanz sich dadurch als Bewuſstseyn darstellt.
Insofern diese beyden Momente nähere Bestim-
mungen des Bewuſstseyns der Sache selbst sind, kön-
nen sie als Formen der Ehrlichkeit angesehen wer-
den, die, wie sonst mit ihren formalen Momenten,
sich itzt mit einem seynsollenden Inhalt des Guten
und Rechten und einem Prüffen solcher festen
Wahrheit herumtreibt, und in der gesunden Ver-
nunft und verständigen Einsicht die Krafft und
Gültigkeit der Gebote zu haben meynt.
Ohne diese Ehrlichkeit aber gelten die Gesetze
nicht als Wesen des Bewuſstseyns und das Prüffen
ebenso nicht als Thun innerhalb desselben; sondern
diese Momente drücken, wie sie jedes für sich un-
mittelbar als eine Wirklichkeit auftreten, das eine ein
ungültiges Aufstellen und Seyn wirklicher Gesetze,
und das andre eine ebenso ungültige Befreyung von
denselben aus. Das Gesetz hat als bestimmtes Ge-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/479>, abgerufen am 22.11.2024.
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