davon ausschliessen. Aber darin, dass ich anerkannt bin, liegt vielmehr meine Gleichheit mit Allen, das Gegentheil der Ausschliessung. -- Was ich besitze, ist ein Ding, d. h. ein Seyn für Andre überhaupt, ganz allgemein und unbestimmt nur für mich zu seyn; dass Ich es besitze, widerspricht seiner allgemeinen Dingheit. Eigenthum widerspricht sich daher nach allen Seiten ebensosehr als Nichteigenthum; jedes hat diese beyden entgegengesetzten, sich widerspre- chenden Momente der Einzelnheit und Allgemein- heit an ihm. -- Aber jede dieser Bestimmtheiten einfach vorgestellt, als Eigenthum oder Nichteigen- thum, ohne weitere Entwicklung, ist eine so einfach, als die andere, das heisst, sich nicht widersprechend. -- Der Massstab des Gesetzes, den die Vernunft an ihr selbst hat, passt daher allem gleich gut, und ist hiemit in der That kein Massstab. -- Es müsste auch sonderbar zugehen, wenn die Tavtologie, der Satz des Widerspruchs, der für die Erkenntniss theo- retischer Wahrheit nur als ein formelles Kriterium zugestanden wird, das heisst, als etwas, das gegen Wahrheit und Unwahrheit ganz gleichgültig sey, für die Erkenntniss praktischer Wahrheit mehr seyn sollte.
In den beyden so eben betrachteten Momenten der Erfüllung des vorher leeren geistigen Wesens hat sich das Setzen von unmittelbaren Bestimmtheiten an der sittlichen Substanz, und dann das Wissen von ihnen, ob sie Gesetze sind, aufgehoben. Das Resul-
A a
davon ausschlieſsen. Aber darin, daſs ich anerkannt bin, liegt vielmehr meine Gleichheit mit Allen, das Gegentheil der Ausschlieſsung. — Was ich besitze, ist ein Ding, d. h. ein Seyn für Andre überhaupt, ganz allgemein und unbestimmt nur für mich zu seyn; daſs Ich es besitze, widerspricht seiner allgemeinen Dingheit. Eigenthum widerspricht sich daher nach allen Seiten ebensosehr als Nichteigenthum; jedes hat diese beyden entgegengesetzten, sich widerspre- chenden Momente der Einzelnheit und Allgemein- heit an ihm. — Aber jede dieser Bestimmtheiten einfach vorgestellt, als Eigenthum oder Nichteigen- thum, ohne weitere Entwicklung, ist eine so einfach, als die andere, das heiſst, sich nicht widersprechend. — Der Maſsstab des Gesetzes, den die Vernunft an ihr selbst hat, paſst daher allem gleich gut, und ist hiemit in der That kein Maſsstab. — Es müſste auch sonderbar zugehen, wenn die Tavtologie, der Satz des Widerspruchs, der für die Erkenntniſs theo- retischer Wahrheit nur als ein formelles Kriterium zugestanden wird, das heiſst, als etwas, das gegen Wahrheit und Unwahrheit ganz gleichgültig sey, für die Erkenntniſs praktischer Wahrheit mehr seyn sollte.
In den beyden so eben betrachteten Momenten der Erfüllung des vorher leeren geistigen Wesens hat sich das Setzen von unmittelbaren Bestimmtheiten an der sittlichen Substanz, und dann das Wissen von ihnen, ob sie Gesetze sind, aufgehoben. Das Resul-
A a
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0478"n="369"/>
davon ausschlieſsen. Aber darin, daſs ich anerkannt<lb/>
bin, liegt vielmehr meine Gleichheit mit Allen, das<lb/>
Gegentheil der Ausschlieſsung. — Was ich besitze,<lb/>
ist ein <hirendition="#i">Ding</hi>, d. h. ein Seyn für Andre überhaupt,<lb/>
ganz allgemein und unbestimmt nur für mich zu seyn;<lb/>
daſs <hirendition="#i">Ich</hi> es besitze, widerspricht seiner allgemeinen<lb/>
Dingheit. Eigenthum widerspricht sich daher nach<lb/>
allen Seiten ebensosehr als Nichteigenthum; jedes<lb/>
hat diese beyden entgegengesetzten, sich widerspre-<lb/>
chenden Momente der Einzelnheit und Allgemein-<lb/>
heit an ihm. — Aber jede dieser Bestimmtheiten<lb/><hirendition="#i">einfach</hi> vorgestellt, als Eigenthum oder Nichteigen-<lb/>
thum, ohne weitere Entwicklung, ist eine so <hirendition="#i">einfach</hi>,<lb/>
als die andere, das heiſst, sich nicht widersprechend.<lb/>— Der Maſsstab des Gesetzes, den die Vernunft an<lb/>
ihr selbst hat, paſst daher allem gleich gut, und ist<lb/>
hiemit in der That kein Maſsstab. — Es müſste<lb/>
auch sonderbar zugehen, wenn die Tavtologie, der<lb/>
Satz des Widerspruchs, der für die Erkenntniſs theo-<lb/>
retischer Wahrheit nur als ein formelles Kriterium<lb/>
zugestanden wird, das heiſst, als etwas, das gegen<lb/>
Wahrheit und Unwahrheit ganz gleichgültig sey,<lb/>
für die Erkenntniſs praktischer <hirendition="#i">Wahrheit mehr seyn<lb/>
sollte</hi>.</p><lb/><p>In den beyden so eben betrachteten Momenten<lb/>
der Erfüllung des vorher leeren geistigen Wesens hat<lb/>
sich das Setzen von unmittelbaren Bestimmtheiten<lb/>
an der sittlichen Substanz, und dann das Wissen von<lb/>
ihnen, ob sie Gesetze sind, aufgehoben. Das Resul-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">A a</fw><lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[369/0478]
davon ausschlieſsen. Aber darin, daſs ich anerkannt
bin, liegt vielmehr meine Gleichheit mit Allen, das
Gegentheil der Ausschlieſsung. — Was ich besitze,
ist ein Ding, d. h. ein Seyn für Andre überhaupt,
ganz allgemein und unbestimmt nur für mich zu seyn;
daſs Ich es besitze, widerspricht seiner allgemeinen
Dingheit. Eigenthum widerspricht sich daher nach
allen Seiten ebensosehr als Nichteigenthum; jedes
hat diese beyden entgegengesetzten, sich widerspre-
chenden Momente der Einzelnheit und Allgemein-
heit an ihm. — Aber jede dieser Bestimmtheiten
einfach vorgestellt, als Eigenthum oder Nichteigen-
thum, ohne weitere Entwicklung, ist eine so einfach,
als die andere, das heiſst, sich nicht widersprechend.
— Der Maſsstab des Gesetzes, den die Vernunft an
ihr selbst hat, paſst daher allem gleich gut, und ist
hiemit in der That kein Maſsstab. — Es müſste
auch sonderbar zugehen, wenn die Tavtologie, der
Satz des Widerspruchs, der für die Erkenntniſs theo-
retischer Wahrheit nur als ein formelles Kriterium
zugestanden wird, das heiſst, als etwas, das gegen
Wahrheit und Unwahrheit ganz gleichgültig sey,
für die Erkenntniſs praktischer Wahrheit mehr seyn
sollte.
In den beyden so eben betrachteten Momenten
der Erfüllung des vorher leeren geistigen Wesens hat
sich das Setzen von unmittelbaren Bestimmtheiten
an der sittlichen Substanz, und dann das Wissen von
ihnen, ob sie Gesetze sind, aufgehoben. Das Resul-
A a
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 369. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/478>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.