Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

Was dem Gesetzgeben übrig bleibt, ist also die
reine Form der Allgemeinheit oder in der That die
Tavtologie des Bewusstseyns, welche dem Inhalt ge-
genübertritt, und ein Wissen nicht von dem seyenden,
oder eigentlichen Inhalte, sondern von dem Wesen
oder der Sichselbstgleichheit desselben ist.

Das sittliche Wesen ist hiemit nicht unmittelbar
selbst ein Inhalt, sondern nur ein Massstab, ob ein
Inhalt fähig sey, Gesetz zu seyn oder nicht, indem er
sich nicht selbst widerspricht. Die gesetzgebende
Vernunft ist zu einer nur prüffenden Vernunft her-
abgesetzt.

c.
Gesetzprüffende Vernunfft.

Ein Unterschied an der einfachen sittlichen Sub-
stanz ist eine Zufälligkeit für sie, welche wir an dem
bestimmten Gebote als Zufälligkeit des Wissens, der
Wirklichkeit und des Thuns hervortreten sahen. Die
Vergleichung jenes einfachen Seyns und der ihm nicht
entsprechenden Bestimmtheit fiel in uns; und die ein-
fache Substanz hat sich darin formale Allgemeinheit
oder reines Bewusstseyn zu seyn gezeigt, das frey von
dem Inhalte ihm gegenübertritt, und ein Wissen von
ihm als dem bestimmten ist. Diese Allgemeinheit
bleibt auf diese Weise dasselbe, was die Sache selbst
war. Aber sie ist im Bewusstseyn ein anderes; sie
ist nemlich nicht mehr die gedankenlose träge Gat-

Was dem Gesetzgeben übrig bleibt, ist also die
reine Form der Allgemeinheit oder in der That die
Tavtologie des Bewuſstseyns, welche dem Inhalt ge-
genübertritt, und ein Wissen nicht von dem seyenden,
oder eigentlichen Inhalte, sondern von dem Wesen
oder der Sichselbstgleichheit desselben ist.

Das sittliche Wesen ist hiemit nicht unmittelbar
selbst ein Inhalt, sondern nur ein Maſsstab, ob ein
Inhalt fähig sey, Gesetz zu seyn oder nicht, indem er
sich nicht selbst widerspricht. Die gesetzgebende
Vernunft ist zu einer nur prüffenden Vernunft her-
abgesetzt.

c.
Gesetzprüffende Vernunfft.

Ein Unterschied an der einfachen sittlichen Sub-
stanz ist eine Zufälligkeit für sie, welche wir an dem
bestimmten Gebote als Zufälligkeit des Wissens, der
Wirklichkeit und des Thuns hervortreten sahen. Die
Vergleichung jenes einfachen Seyns und der ihm nicht
entsprechenden Bestimmtheit fiel in uns; und die ein-
fache Substanz hat sich darin formale Allgemeinheit
oder reines Bewuſstseyn zu seyn gezeigt, das frey von
dem Inhalte ihm gegenübertritt, und ein Wissen von
ihm als dem bestimmten ist. Diese Allgemeinheit
bleibt auf diese Weise dasselbe, was die Sache selbst
war. Aber sie ist im Bewuſstseyn ein anderes; sie
ist nemlich nicht mehr die gedankenlose träge Gat-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0474" n="365"/>
              <p>Was dem Gesetzgeben übrig bleibt, ist also die<lb/><hi rendition="#i">reine Form</hi> der <hi rendition="#i">Allgemeinheit</hi> oder in der That die<lb/><hi rendition="#i">Tavtologie</hi> des Bewu&#x017F;stseyns, welche dem Inhalt ge-<lb/>
genübertritt, und ein <hi rendition="#i">Wissen</hi> nicht von dem <hi rendition="#i">seyenden</hi>,<lb/>
oder eigentlichen <hi rendition="#i">Inhalte</hi>, sondern von dem <hi rendition="#i">Wesen</hi><lb/>
oder der Sichselbstgleichheit desselben ist.</p><lb/>
              <p>Das sittliche Wesen ist hiemit nicht unmittelbar<lb/>
selbst ein Inhalt, sondern nur ein Ma&#x017F;sstab, ob ein<lb/>
Inhalt fähig sey, Gesetz zu seyn oder nicht, indem er<lb/>
sich nicht selbst widerspricht. Die gesetzgebende<lb/>
Vernunft ist zu einer nur <hi rendition="#i">prüffenden</hi> Vernunft her-<lb/>
abgesetzt.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>c.<lb/>
Gesetzprüffende Vernunfft.</head><lb/>
              <p>Ein Unterschied an der einfachen sittlichen Sub-<lb/>
stanz ist eine Zufälligkeit für sie, welche wir an dem<lb/>
bestimmten Gebote als Zufälligkeit des Wissens, der<lb/>
Wirklichkeit und des Thuns hervortreten sahen. Die<lb/><hi rendition="#i">Vergleichung</hi> jenes einfachen Seyns und der ihm nicht<lb/>
entsprechenden Bestimmtheit fiel in uns; und die ein-<lb/>
fache Substanz hat sich darin formale Allgemeinheit<lb/>
oder reines <hi rendition="#i">Bewu&#x017F;stseyn</hi> zu seyn gezeigt, das frey von<lb/>
dem Inhalte ihm gegenübertritt, und ein <hi rendition="#i">Wissen</hi> von<lb/>
ihm als dem bestimmten ist. Diese Allgemeinheit<lb/>
bleibt auf diese Weise dasselbe, was die <hi rendition="#i">Sache selbst</hi><lb/>
war. Aber sie ist im Bewu&#x017F;stseyn ein anderes; sie<lb/>
ist nemlich nicht mehr die gedankenlose träge Gat-<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[365/0474] Was dem Gesetzgeben übrig bleibt, ist also die reine Form der Allgemeinheit oder in der That die Tavtologie des Bewuſstseyns, welche dem Inhalt ge- genübertritt, und ein Wissen nicht von dem seyenden, oder eigentlichen Inhalte, sondern von dem Wesen oder der Sichselbstgleichheit desselben ist. Das sittliche Wesen ist hiemit nicht unmittelbar selbst ein Inhalt, sondern nur ein Maſsstab, ob ein Inhalt fähig sey, Gesetz zu seyn oder nicht, indem er sich nicht selbst widerspricht. Die gesetzgebende Vernunft ist zu einer nur prüffenden Vernunft her- abgesetzt. c. Gesetzprüffende Vernunfft. Ein Unterschied an der einfachen sittlichen Sub- stanz ist eine Zufälligkeit für sie, welche wir an dem bestimmten Gebote als Zufälligkeit des Wissens, der Wirklichkeit und des Thuns hervortreten sahen. Die Vergleichung jenes einfachen Seyns und der ihm nicht entsprechenden Bestimmtheit fiel in uns; und die ein- fache Substanz hat sich darin formale Allgemeinheit oder reines Bewuſstseyn zu seyn gezeigt, das frey von dem Inhalte ihm gegenübertritt, und ein Wissen von ihm als dem bestimmten ist. Diese Allgemeinheit bleibt auf diese Weise dasselbe, was die Sache selbst war. Aber sie ist im Bewuſstseyn ein anderes; sie ist nemlich nicht mehr die gedankenlose träge Gat-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/474
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 365. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/474>, abgerufen am 19.11.2024.