Thun, und kein Thun noch Ansich derselben, das nicht wirklich ist, und nur diese Momente sind zu vergleichen.
Es findet daher überhaupt weder Erhebung, noch Klage, noch Reue statt; denn dergleichen alles kömmt aus dem Gedanken her, der sich einen an- dern Inhalt und ein anderes Ansich einbildet, als die ursprüngliche Natur des Individuums und ihre in der Wirklichkeit vorhandene Ausführung ist. Was es sey, dass es thut, und ihm wiederfährt, diss hat es gethan, und ist es selbst; es kann nur das Bewusstseyn des reinen Uebersetzens seiner selbst aus der Nacht der Möglichkeit in den Tag der Gegen- wart, des abstracten Ansich in die Bedeutung des wirklichen Seyns, und die Gewissheit haben, dass was in diesem ihm vorkommt, nichts anders ist, als was in jener schlief. Das Bewusstseyn dieser Einheit ist zwar ebenfalls eine Vergleichung, aber, was verglichen wird, hat eben nur den Schein des Gegensatzes; ein Schein der Form, der für das Selbstbewusstseyn der Vernunft, dass die Individua- lität an ihr selbst die Wirklichkeit ist, nichts mehr als Schein ist. Das Individuum kann also, da es weiss, dass es in seiner Wirklichkeit nichts ande- res finden kann, als ihre Einheit mit ihm, oder nur die Gewissheit seiner selbst in ihrer Wahrheit, und dass es also immer seinen Zweck erreicht, nur Freude an sich erleben.
Thun, und kein Thun noch Ansich derselben, das nicht wirklich ist, und nur diese Momente sind zu vergleichen.
Es findet daher überhaupt weder Erhebung, noch Klage, noch Reue statt; denn dergleichen alles kömmt aus dem Gedanken her, der sich einen an- dern Inhalt und ein anderes Ansich einbildet, als die ursprüngliche Natur des Individuums und ihre in der Wirklichkeit vorhandene Ausführung ist. Was es sey, daſs es thut, und ihm wiederfährt, diſs hat es gethan, und ist es selbst; es kann nur das Bewuſstseyn des reinen Uebersetzens seiner selbst aus der Nacht der Möglichkeit in den Tag der Gegen- wart, des abstracten Ansich in die Bedeutung des wirklichen Seyns, und die Gewiſsheit haben, daſs was in diesem ihm vorkommt, nichts anders ist, als was in jener schlief. Das Bewuſstseyn dieser Einheit ist zwar ebenfalls eine Vergleichung, aber, was verglichen wird, hat eben nur den Schein des Gegensatzes; ein Schein der Form, der für das Selbstbewuſstseyn der Vernunft, daſs die Individua- lität an ihr selbst die Wirklichkeit ist, nichts mehr als Schein ist. Das Individuum kann also, da es weiſs, daſs es in seiner Wirklichkeit nichts ande- res finden kann, als ihre Einheit mit ihm, oder nur die Gewiſsheit seiner selbst in ihrer Wahrheit, und daſs es also immer seinen Zweck erreicht, nur Freude an sich erleben.
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Thun, und kein Thun noch Ansich derselben, das
nicht wirklich ist, und nur diese Momente sind zu
vergleichen.
Es findet daher überhaupt weder Erhebung, noch
Klage, noch Reue statt; denn dergleichen alles
kömmt aus dem Gedanken her, der sich einen an-
dern Inhalt und ein anderes Ansich einbildet, als
die ursprüngliche Natur des Individuums und ihre
in der Wirklichkeit vorhandene Ausführung ist.
Was es sey, daſs es thut, und ihm wiederfährt, diſs
hat es gethan, und ist es selbst; es kann nur das
Bewuſstseyn des reinen Uebersetzens seiner selbst aus
der Nacht der Möglichkeit in den Tag der Gegen-
wart, des abstracten Ansich in die Bedeutung des
wirklichen Seyns, und die Gewiſsheit haben, daſs
was in diesem ihm vorkommt, nichts anders ist,
als was in jener schlief. Das Bewuſstseyn dieser
Einheit ist zwar ebenfalls eine Vergleichung, aber,
was verglichen wird, hat eben nur den Schein des
Gegensatzes; ein Schein der Form, der für das
Selbstbewuſstseyn der Vernunft, daſs die Individua-
lität an ihr selbst die Wirklichkeit ist, nichts mehr
als Schein ist. Das Individuum kann also, da es
weiſs, daſs es in seiner Wirklichkeit nichts ande-
res finden kann, als ihre Einheit mit ihm, oder
nur die Gewiſsheit seiner selbst in ihrer Wahrheit,
und daſs es also immer seinen Zweck erreicht, nur
Freude an sich erleben.
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 341. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/450>, abgerufen am 25.11.2024.
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