dürftigere Natur. Gegen diesen unwesentlichen Un- terschied der Grösse würde das Gute und Schlechte einen absoluten Unterschied ausdrücken; aber hier findet dieser nicht statt. Was auf die eine oder an- dere Weise genommen würde, ist auf gleiche Weise ein Thun und Treiben, ein sich Darstellen und Aussprechen einer Individualität, und darum alles gut, und es wäre eigentlich nicht zu sagen, was das schlechte seyn sollte. Was ein schlechtes Werk genannt würde, ist das individuelle Leben einer be- stimmten Natur, die sich darin verwirklicht; zu einem schlechten Werke würde es nur durch den ver- gleichenden Gedanken verdorben, der aber etwas leeres ist, da er über das Wesen des Werks, ein sich Aussprechen der Individualität zu seyn, hin- ausgeht und sonst, man weiss nicht was, daran sucht und fodert. -- Er könnte nur den vorhin angeführten Unterschied betreffen; dieser ist aber an sich, als Grösseunterschied, ein unwesentlicher; und hier bestimmt darum, weil es verschiedene Werke oder Individualitäten wären, die miteinander ver- glichen würden; aber diese gehen einander nichts an; jedes bezieht sich nur auf sich selbst. Die ur- sprüngliche Natur ist allein das Ansich, oder das, was als Massstab der Beurtheilung des Werks und umgekehrt zu Grunde gelegt werden könnte; bey- des aber entspricht sich einander, es ist nichts für die Individualität, was nicht durch sie, oder es gibt keine Wirklichkeit, die nicht ihre Natur und ihr
dürftigere Natur. Gegen diesen unwesentlichen Un- terschied der Gröſse würde das Gute und Schlechte einen absoluten Unterschied ausdrücken; aber hier findet dieser nicht statt. Was auf die eine oder an- dere Weise genommen würde, ist auf gleiche Weise ein Thun und Treiben, ein sich Darstellen und Aussprechen einer Individualität, und darum alles gut, und es wäre eigentlich nicht zu sagen, was das schlechte seyn sollte. Was ein schlechtes Werk genannt würde, ist das individuelle Leben einer be- stimmten Natur, die sich darin verwirklicht; zu einem schlechten Werke würde es nur durch den ver- gleichenden Gedanken verdorben, der aber etwas leeres ist, da er über das Wesen des Werks, ein sich Aussprechen der Individualität zu seyn, hin- ausgeht und sonst, man weiſs nicht was, daran sucht und fodert. — Er könnte nur den vorhin angeführten Unterschied betreffen; dieser ist aber an sich, als Gröſseunterschied, ein unwesentlicher; und hier bestimmt darum, weil es verschiedene Werke oder Individualitäten wären, die miteinander ver- glichen würden; aber diese gehen einander nichts an; jedes bezieht sich nur auf sich selbst. Die ur- sprüngliche Natur ist allein das Ansich, oder das, was als Maſsstab der Beurtheilung des Werks und umgekehrt zu Grunde gelegt werden könnte; bey- des aber entspricht sich einander, es ist nichts für die Individualität, was nicht durch sie, oder es gibt keine Wirklichkeit, die nicht ihre Natur und ihr
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><pbfacs="#f0449"n="340"/>
dürftigere Natur. Gegen diesen unwesentlichen Un-<lb/>
terschied der <hirendition="#i">Gröſse</hi> würde das <hirendition="#i">Gute</hi> und <hirendition="#i">Schlechte</hi><lb/>
einen absoluten Unterschied ausdrücken; aber hier<lb/>
findet dieser nicht statt. Was auf die eine oder an-<lb/>
dere Weise genommen würde, ist auf gleiche Weise<lb/>
ein Thun und Treiben, ein sich Darstellen und<lb/>
Aussprechen einer Individualität, und darum alles<lb/>
gut, und es wäre eigentlich nicht zu sagen, was<lb/>
das schlechte seyn sollte. Was ein schlechtes Werk<lb/>
genannt würde, ist das individuelle Leben einer be-<lb/>
stimmten Natur, die sich darin verwirklicht; zu<lb/>
einem schlechten Werke würde es nur durch den ver-<lb/>
gleichenden Gedanken verdorben, der aber etwas<lb/>
leeres ist, da er über das Wesen des Werks, ein<lb/>
sich Aussprechen der Individualität zu seyn, hin-<lb/>
ausgeht und sonst, man weiſs nicht was, daran<lb/>
sucht und fodert. — Er könnte nur den vorhin<lb/>
angeführten Unterschied betreffen; dieser ist aber<lb/>
an sich, als Gröſseunterschied, ein unwesentlicher;<lb/>
und hier bestimmt darum, weil es verschiedene Werke<lb/>
oder Individualitäten wären, die miteinander ver-<lb/>
glichen würden; aber diese gehen einander nichts<lb/>
an; jedes bezieht sich nur auf sich selbst. Die ur-<lb/>
sprüngliche Natur ist allein das <hirendition="#i">Ansich</hi>, oder das,<lb/>
was als Maſsstab der Beurtheilung des Werks und<lb/>
umgekehrt zu Grunde gelegt werden könnte; bey-<lb/>
des aber entspricht sich einander, es ist nichts <hirendition="#i">für</hi><lb/>
die Individualität, was nicht <hirendition="#i">durch</hi> sie, oder es gibt<lb/>
keine <hirendition="#i">Wirklichkeit</hi>, die nicht ihre Natur und ihr<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[340/0449]
dürftigere Natur. Gegen diesen unwesentlichen Un-
terschied der Gröſse würde das Gute und Schlechte
einen absoluten Unterschied ausdrücken; aber hier
findet dieser nicht statt. Was auf die eine oder an-
dere Weise genommen würde, ist auf gleiche Weise
ein Thun und Treiben, ein sich Darstellen und
Aussprechen einer Individualität, und darum alles
gut, und es wäre eigentlich nicht zu sagen, was
das schlechte seyn sollte. Was ein schlechtes Werk
genannt würde, ist das individuelle Leben einer be-
stimmten Natur, die sich darin verwirklicht; zu
einem schlechten Werke würde es nur durch den ver-
gleichenden Gedanken verdorben, der aber etwas
leeres ist, da er über das Wesen des Werks, ein
sich Aussprechen der Individualität zu seyn, hin-
ausgeht und sonst, man weiſs nicht was, daran
sucht und fodert. — Er könnte nur den vorhin
angeführten Unterschied betreffen; dieser ist aber
an sich, als Gröſseunterschied, ein unwesentlicher;
und hier bestimmt darum, weil es verschiedene Werke
oder Individualitäten wären, die miteinander ver-
glichen würden; aber diese gehen einander nichts
an; jedes bezieht sich nur auf sich selbst. Die ur-
sprüngliche Natur ist allein das Ansich, oder das,
was als Maſsstab der Beurtheilung des Werks und
umgekehrt zu Grunde gelegt werden könnte; bey-
des aber entspricht sich einander, es ist nichts für
die Individualität, was nicht durch sie, oder es gibt
keine Wirklichkeit, die nicht ihre Natur und ihr
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/449>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.