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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

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als das allgemeine Element der seyenden Wirklich-
keit, und seine That soll selbst nach seinem Sinne
den Werth einer allgemeinen Ordnung haben. Aber
damit hat es sich von sich selbst frey gelassen, es
wächst als Allgemeinheit für sich fort und reinigt
sich von der Einzelnheit; das Individuum, welches
die Allgemeinheit nur in der Form seines unmit-
telbaren Fürsichseyns erkennen will, erkennt sich
also nicht in dieser freyen Allgemeinheit, während
es ihr zugleich angehört, denn sie ist sein Thun.
Diss Thun hat daher die verkehrte Bedeutung, der
allgemeinen Ordnung zu widersprechen, denn seine
That soll That seines einzelnen Herzens, nicht freye
allgemeine Wirklichkeit seyn; und zugleich hat es sie
in der That anerkannt, denn das Thun hat den Sinn,
sein Wesen als freye Wirklichkeit zu setzen, das heisst
die Wirklichkeit als sein Wesen anzuerkennen.

Das Individuum hat durch den Begriff seines
Thuns die nähere Weise bestimmt, in welcher die
wirkliche Allgemeinheit, der es sich angehörig ge-
macht, sich gegen es kehrt. Seine That gehört als
Wirklichkeit dem Allgemeinen an; ihr Inhalt aber
ist die eigene Individualität, welche sich als diese
einzelne dem Allgemeinen entgegengesetzte erhalten
will. Es ist nicht irgend ein bestimmtes Gesetz, von
dessen Aufstellung die Rede wäre, sondern die un-
mittelbare Einheit des einzelnen Herzens mit der
Allgemeinheit, ist der zum Gesetze erhobene und
geltensollende Gedanke, dass in dem, was Gesetz

als das allgemeine Element der seyenden Wirklich-
keit, und seine That soll selbst nach seinem Sinne
den Werth einer allgemeinen Ordnung haben. Aber
damit hat es sich von sich selbst frey gelassen, es
wächst als Allgemeinheit für sich fort und reinigt
sich von der Einzelnheit; das Individuum, welches
die Allgemeinheit nur in der Form seines unmit-
telbaren Fürsichseyns erkennen will, erkennt sich
also nicht in dieser freyen Allgemeinheit, während
es ihr zugleich angehört, denn sie ist sein Thun.
Diſs Thun hat daher die verkehrte Bedeutung, der
allgemeinen Ordnung zu widersprechen, denn seine
That soll That seines einzelnen Herzens, nicht freye
allgemeine Wirklichkeit seyn; und zugleich hat es sie
in der That anerkannt, denn das Thun hat den Sinn,
sein Wesen als freye Wirklichkeit zu setzen, das heiſst
die Wirklichkeit als sein Wesen anzuerkennen.

Das Individuum hat durch den Begriff seines
Thuns die nähere Weise bestimmt, in welcher die
wirkliche Allgemeinheit, der es sich angehörig ge-
macht, sich gegen es kehrt. Seine That gehört als
Wirklichkeit dem Allgemeinen an; ihr Inhalt aber
ist die eigene Individualität, welche sich als diese
einzelne dem Allgemeinen entgegengesetzte erhalten
will. Es ist nicht irgend ein bestimmtes Gesetz, von
dessen Aufstellung die Rede wäre, sondern die un-
mittelbare Einheit des einzelnen Herzens mit der
Allgemeinheit, ist der zum Gesetze erhobene und
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[309/0418] als das allgemeine Element der seyenden Wirklich- keit, und seine That soll selbst nach seinem Sinne den Werth einer allgemeinen Ordnung haben. Aber damit hat es sich von sich selbst frey gelassen, es wächst als Allgemeinheit für sich fort und reinigt sich von der Einzelnheit; das Individuum, welches die Allgemeinheit nur in der Form seines unmit- telbaren Fürsichseyns erkennen will, erkennt sich also nicht in dieser freyen Allgemeinheit, während es ihr zugleich angehört, denn sie ist sein Thun. Diſs Thun hat daher die verkehrte Bedeutung, der allgemeinen Ordnung zu widersprechen, denn seine That soll That seines einzelnen Herzens, nicht freye allgemeine Wirklichkeit seyn; und zugleich hat es sie in der That anerkannt, denn das Thun hat den Sinn, sein Wesen als freye Wirklichkeit zu setzen, das heiſst die Wirklichkeit als sein Wesen anzuerkennen. Das Individuum hat durch den Begriff seines Thuns die nähere Weise bestimmt, in welcher die wirkliche Allgemeinheit, der es sich angehörig ge- macht, sich gegen es kehrt. Seine That gehört als Wirklichkeit dem Allgemeinen an; ihr Inhalt aber ist die eigene Individualität, welche sich als diese einzelne dem Allgemeinen entgegengesetzte erhalten will. Es ist nicht irgend ein bestimmtes Gesetz, von dessen Aufstellung die Rede wäre, sondern die un- mittelbare Einheit des einzelnen Herzens mit der Allgemeinheit, ist der zum Gesetze erhobene und geltensollende Gedanke, daſs in dem, was Gesetz

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 309. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/418>, abgerufen am 22.11.2024.