che andere Seite darstellen sollte, die nicht mehr sich in sich reflectirendes Seyn, sondern rein unmittelba- res Seyn wäre.
Da er ferner auch nicht selbst fühlt, so scheint sich eine bestimmtere Bedeutung für ihn etwa noch so ergeben zu können, dass bestimmte Empfindun- gen durch die Nachbarschafft erkennen liessen, was mit ihm gemeynt sey; und indem eine bewusste Weise des Geistes bey einer bestimmten Stelle des- selben ihr Gefühl hat, wird etwa dieser Ort in sei- ner Gestalt sie und ihre Besonderheit andeuten. Wie zum Beyspiel manche bey dem angestrengten Den- ken oder auch schon beym Denken überhaupt, eine schmerzliche Spannung irgendwo im Kopfe zu füh- len klagen, konnte auch das Stehlen, das Morden, das Dichten und so fort, jedes mit einer eigenen Empfin- dung begleitet seyn, die ausserdem noch ihre beson- dere Stelle haben müsste. Diese Stelle des Gehirns, die auf diese Art mehr bewegt und bethätigt wäre, würde wahrscheinlich auch die benachbarte Stelle des Knochens mehr ausbilden; oder diese würde aus Sympathie oder Consensus auch nicht träge seyn, sondern sich vergrössern oder verkleinern, oder auf welche Weise es sey sich formiren. -- Was jedoch diese Hypothese unwahrscheinlich macht, ist diss, dass das Gefühl überhaupt etwas unbestimmtes ist, und das Gefühl im Kopfe als dem Centrum das all- gemeine Mitgefühl alles Leidens seyn möchte, so dass sich mit dem Diebs-Mörders-Dichters Kopf-
che andere Seite darstellen sollte, die nicht mehr sich in sich reflectirendes Seyn, sondern rein unmittelba- res Seyn wäre.
Da er ferner auch nicht selbst fühlt, so scheint sich eine bestimmtere Bedeutung für ihn etwa noch so ergeben zu können, daſs bestimmte Empfindun- gen durch die Nachbarschafft erkennen lieſsen, was mit ihm gemeynt sey; und indem eine bewuſste Weise des Geistes bey einer bestimmten Stelle des- selben ihr Gefühl hat, wird etwa dieser Ort in sei- ner Gestalt sie und ihre Besonderheit andeuten. Wie zum Beyspiel manche bey dem angestrengten Den- ken oder auch schon beym Denken überhaupt, eine schmerzliche Spannung irgendwo im Kopfe zu füh- len klagen, konnte auch das Stehlen, das Morden, das Dichten und so fort, jedes mit einer eigenen Empfin- dung begleitet seyn, die auſserdem noch ihre beson- dere Stelle haben müſste. Diese Stelle des Gehirns, die auf diese Art mehr bewegt und bethätigt wäre, würde wahrscheinlich auch die benachbarte Stelle des Knochens mehr ausbilden; oder diese würde aus Sympathie oder Consensus auch nicht träge seyn, sondern sich vergröſsern oder verkleinern, oder auf welche Weise es sey sich formiren. — Was jedoch diese Hypothese unwahrscheinlich macht, ist diſs, daſs das Gefühl überhaupt etwas unbestimmtes ist, und das Gefühl im Kopfe als dem Centrum das all- gemeine Mitgefühl alles Leidens seyn möchte, so daſs sich mit dem Diebs-Mörders-Dichters Kopf-
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che andere Seite darstellen sollte, die nicht mehr sich
in sich reflectirendes Seyn, sondern rein unmittelba-
res Seyn wäre.
Da er ferner auch nicht selbst fühlt, so scheint
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gen durch die Nachbarschafft erkennen lieſsen, was
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Weise des Geistes bey einer bestimmten Stelle des-
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ken oder auch schon beym Denken überhaupt, eine
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/379>, abgerufen am 22.11.2024.
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