Art, dass es in seinem Wesen liegt, in Wahrheit etwas anderes zu seyn, als nur sinnliches unmittel- bares Seyn. Es ist zwar auch eben dieses im Sinn- lichen aus ihm in sich Reflectirtseyn, was gegenwär- tig, die Sichtbarkeit als Sichtbarkeit des Unsichtba- ren, was Gegenstand des Beobachtens ist. Aber eben diese sinnliche unmittelbare Gegenwart ist Wirklich- keit des Geistes, wie sie nur für die Meynung ist; und das Beobachten treibt sich nach dieser Seite mit seinem gemeynten Daseyn, mit der Physiognomie, Handschrifst, Ton der Stimme u. s. f. herum. -- Es bezieht solches Daseyn auf eben solches gemeyntes Innres. Es ist nicht der Mörder, der Dieb, welcher erkannt werden soll, sondern die Fähigkeit, es zu seyn; die feste abstracte Bestimmtheit verliert sich dadurch in die concrete unendliche Bestimmtheit des einzelnen Individuums, die nun kunstreichere Schil- dereyen erfordert, als jene Qualificationen sind. Solche kunstreichen Schildereyen sagen wohl mehr als die Qualification durch Mörder, Diehe, oder gut- herzig, unverdorben u. s. f., aber für ihren Zweck das gemeynte Seyn, oder die einzelne Individualität auszusprechen, bey weitem nicht genug; so wenig als die Schildereyen der Gestalt, welche über die fla- che Stirne, lange Nase u. s. f. hinausgehen. Denn die einzelne Gestalt wie das einzelne Selbstbewusst- seyn ist als gemeyntes Seyn unaussprechlich. Die Wissenschafft der Menschenkenntniss, welche auf den vermeynten Menschen, so wie der Physiogno-
Art, daſs es in seinem Wesen liegt, in Wahrheit etwas anderes zu seyn, als nur sinnliches unmittel- bares Seyn. Es ist zwar auch eben dieses im Sinn- lichen aus ihm in sich Reflectirtseyn, was gegenwär- tig, die Sichtbarkeit als Sichtbarkeit des Unsichtba- ren, was Gegenstand des Beobachtens ist. Aber eben diese sinnliche unmittelbare Gegenwart ist Wirklich- keit des Geistes, wie sie nur für die Meynung ist; und das Beobachten treibt sich nach dieser Seite mit seinem gemeynten Daseyn, mit der Physiognomie, Handschrifſt, Ton der Stimme u. s. f. herum. — Es bezieht solches Daseyn auf eben solches gemeyntes Innres. Es ist nicht der Mörder, der Dieb, welcher erkannt werden soll, sondern die Fähigkeit, es zu seyn; die feste abstracte Bestimmtheit verliert sich dadurch in die concrete unendliche Bestimmtheit des einzelnen Individuums, die nun kunstreichere Schil- dereyen erfordert, als jene Qualificationen sind. Solche kunstreichen Schildereyen sagen wohl mehr als die Qualification durch Mörder, Diehe, oder gut- herzig, unverdorben u. s. f., aber für ihren Zweck das gemeynte Seyn, oder die einzelne Individualität auszusprechen, bey weitem nicht genug; so wenig als die Schildereyen der Gestalt, welche über die fla- che Stirne, lange Nase u. s. f. hinausgehen. Denn die einzelne Gestalt wie das einzelne Selbstbewuſst- seyn ist als gemeyntes Seyn unaussprechlich. Die Wissenschafft der Menschenkenntniſs, welche auf den vermeynten Menschen, so wie der Physiogno-
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Art, daſs es in seinem Wesen liegt, in Wahrheit
etwas anderes zu seyn, als nur sinnliches unmittel-
bares Seyn. Es ist zwar auch eben dieses im Sinn-
lichen aus ihm in sich Reflectirtseyn, was gegenwär-
tig, die Sichtbarkeit als Sichtbarkeit des Unsichtba-
ren, was Gegenstand des Beobachtens ist. Aber eben
diese sinnliche unmittelbare Gegenwart ist Wirklich-
keit des Geistes, wie sie nur für die Meynung ist;
und das Beobachten treibt sich nach dieser Seite mit
seinem gemeynten Daseyn, mit der Physiognomie,
Handschrifſt, Ton der Stimme u. s. f. herum. — Es
bezieht solches Daseyn auf eben solches gemeyntes
Innres. Es ist nicht der Mörder, der Dieb, welcher
erkannt werden soll, sondern die Fähigkeit, es zu
seyn; die feste abstracte Bestimmtheit verliert sich
dadurch in die concrete unendliche Bestimmtheit des
einzelnen Individuums, die nun kunstreichere Schil-
dereyen erfordert, als jene Qualificationen sind.
Solche kunstreichen Schildereyen sagen wohl mehr
als die Qualification durch Mörder, Diehe, oder gut-
herzig, unverdorben u. s. f., aber für ihren Zweck
das gemeynte Seyn, oder die einzelne Individualität
auszusprechen, bey weitem nicht genug; so wenig
als die Schildereyen der Gestalt, welche über die fla-
che Stirne, lange Nase u. s. f. hinausgehen. Denn
die einzelne Gestalt wie das einzelne Selbstbewuſst-
seyn ist als gemeyntes Seyn unaussprechlich. Die
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/364>, abgerufen am 22.11.2024.
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