Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Momente, die den Inhalt des Gesetzes aus-
machen, sind einerseits die Individualität selbst, an-
derseits ihre allgemeine unorganische Natur, nem-
lich die vorgefundenen Umstände, Lage, Gewohn-
heiten, Sitten, Religion, und so weiter; aus diesen
ist die bestimmte Individualität zu begreiffen. Sie
enthalten Bestimmtes ebensowohl als Allgemeines,
und sind zugleich Vorhandenes, das sich der Beob-
achtung darbietet, und sich an der andern Seite in
der Form der Individualität ausdrückt.

Das Gesetz dieses Verhältnisses der beyden Sei-
ten müsste nun diss enthalten, was diese bestimmten
Umstände für eine Wirkung und Einfluss auf die
Individualität ausüben. Diese Individualität aber ist
gerade diss, ebensowohl das Allgemeine zu seyn, und
daher auf eine ruhige unmittelbare Weise mit dem
vorhandenen Allgemeinen, den Sitten, Gewohnheiten
u. s. f. zusammen zu fliessen und ihnen gemäss zu wer-
den, als sich entgegengesetzt gegen sie zu verhalten,
und sie vielmehr zu verkehren, -- sowie gegen sie
in ihrer Einzelnheit ganz gleichgültig sich zu ver-
halten, sie nicht auf sich einwirken zu lassen, und
nicht gegen sie thätig zu seyn. Was auf die Indi-
vidualität Einfluss und welchen Einfluss es haben
soll, -- was eigentlich gleichbedeutend ist, -- hängt
darum nur von der Individualität selbst ab; dadurch
ist diese Individualität diese bestimmte geworden, heisst
nichts anders, als sie ist diss schon gewesen. Um-
stände, Lage, Sitten und so fort, welche einerseits

Die Momente, die den Inhalt des Gesetzes aus-
machen, sind einerseits die Individualität selbst, an-
derseits ihre allgemeine unorganische Natur, nem-
lich die vorgefundenen Umstände, Lage, Gewohn-
heiten, Sitten, Religion, und so weiter; aus diesen
ist die bestimmte Individualität zu begreiffen. Sie
enthalten Bestimmtes ebensowohl als Allgemeines,
und sind zugleich Vorhandenes, das sich der Beob-
achtung darbietet, und sich an der andern Seite in
der Form der Individualität ausdrückt.

Das Gesetz dieses Verhältnisses der beyden Sei-
ten müſste nun diſs enthalten, was diese bestimmten
Umstände für eine Wirkung und Einfluſs auf die
Individualität ausüben. Diese Individualität aber ist
gerade diſs, ebensowohl das Allgemeine zu seyn, und
daher auf eine ruhige unmittelbare Weise mit dem
vorhandenen Allgemeinen, den Sitten, Gewohnheiten
u. s. f. zusammen zu flieſsen und ihnen gemäſs zu wer-
den, als sich entgegengesetzt gegen sie zu verhalten,
und sie vielmehr zu verkehren, — sowie gegen sie
in ihrer Einzelnheit ganz gleichgültig sich zu ver-
halten, sie nicht auf sich einwirken zu lassen, und
nicht gegen sie thätig zu seyn. Was auf die Indi-
vidualität Einfluſs und welchen Einfluſs es haben
soll, — was eigentlich gleichbedeutend ist, — hängt
darum nur von der Individualität selbst ab; dadurch
ist diese Individualität diese bestimmte geworden, heiſst
nichts anders, als sie ist diſs schon gewesen. Um-
stände, Lage, Sitten und so fort, welche einerseits

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0349" n="240"/>
              <p>Die Momente, die den Inhalt des Gesetzes aus-<lb/>
machen, sind einerseits die Individualität selbst, an-<lb/>
derseits ihre allgemeine unorganische Natur, nem-<lb/>
lich die vorgefundenen Umstände, Lage, Gewohn-<lb/>
heiten, Sitten, Religion, und so weiter; aus diesen<lb/>
ist die bestimmte Individualität zu begreiffen. Sie<lb/>
enthalten Bestimmtes ebensowohl als Allgemeines,<lb/>
und sind zugleich <hi rendition="#i">Vorhandenes</hi>, das sich der Beob-<lb/>
achtung darbietet, und sich an der andern Seite in<lb/>
der Form der Individualität ausdrückt.</p><lb/>
              <p>Das Gesetz dieses Verhältnisses der beyden Sei-<lb/>
ten mü&#x017F;ste nun di&#x017F;s enthalten, was diese bestimmten<lb/>
Umstände für eine Wirkung und Einflu&#x017F;s auf die<lb/>
Individualität ausüben. Diese Individualität aber ist<lb/>
gerade di&#x017F;s, <hi rendition="#i">ebensowohl</hi> das <hi rendition="#i">Allgemeine</hi> zu seyn, und<lb/>
daher auf eine ruhige unmittelbare Weise mit dem<lb/><hi rendition="#i">vorhandenen</hi> Allgemeinen, den Sitten, Gewohnheiten<lb/>
u. s. f. zusammen zu flie&#x017F;sen und ihnen gemä&#x017F;s zu wer-<lb/>
den, <hi rendition="#i">als</hi> sich entgegengesetzt gegen sie zu verhalten,<lb/>
und sie vielmehr zu verkehren, &#x2014; sowie gegen sie<lb/>
in ihrer Einzelnheit ganz gleichgültig sich zu ver-<lb/>
halten, sie nicht auf sich einwirken zu lassen, und<lb/>
nicht gegen sie thätig zu seyn. <hi rendition="#i">Was</hi> auf die Indi-<lb/>
vidualität Einflu&#x017F;s und <hi rendition="#i">welchen</hi> Einflu&#x017F;s es haben<lb/>
soll, &#x2014; was eigentlich gleichbedeutend ist, &#x2014; hängt<lb/>
darum nur von der Individualität selbst ab; <hi rendition="#i">dadurch</hi><lb/>
ist diese Individualität <hi rendition="#i">diese bestimmte geworden</hi>, hei&#x017F;st<lb/>
nichts anders, als <hi rendition="#i">sie ist di&#x017F;s schon gewesen</hi>. Um-<lb/>
stände, Lage, Sitten und so fort, welche einerseits<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[240/0349] Die Momente, die den Inhalt des Gesetzes aus- machen, sind einerseits die Individualität selbst, an- derseits ihre allgemeine unorganische Natur, nem- lich die vorgefundenen Umstände, Lage, Gewohn- heiten, Sitten, Religion, und so weiter; aus diesen ist die bestimmte Individualität zu begreiffen. Sie enthalten Bestimmtes ebensowohl als Allgemeines, und sind zugleich Vorhandenes, das sich der Beob- achtung darbietet, und sich an der andern Seite in der Form der Individualität ausdrückt. Das Gesetz dieses Verhältnisses der beyden Sei- ten müſste nun diſs enthalten, was diese bestimmten Umstände für eine Wirkung und Einfluſs auf die Individualität ausüben. Diese Individualität aber ist gerade diſs, ebensowohl das Allgemeine zu seyn, und daher auf eine ruhige unmittelbare Weise mit dem vorhandenen Allgemeinen, den Sitten, Gewohnheiten u. s. f. zusammen zu flieſsen und ihnen gemäſs zu wer- den, als sich entgegengesetzt gegen sie zu verhalten, und sie vielmehr zu verkehren, — sowie gegen sie in ihrer Einzelnheit ganz gleichgültig sich zu ver- halten, sie nicht auf sich einwirken zu lassen, und nicht gegen sie thätig zu seyn. Was auf die Indi- vidualität Einfluſs und welchen Einfluſs es haben soll, — was eigentlich gleichbedeutend ist, — hängt darum nur von der Individualität selbst ab; dadurch ist diese Individualität diese bestimmte geworden, heiſst nichts anders, als sie ist diſs schon gewesen. Um- stände, Lage, Sitten und so fort, welche einerseits

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/349
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 240. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/349>, abgerufen am 22.11.2024.