denen Andersseyns, sich verschieden verhält; theils diese in sich zu empfangen, und den vorgefundenen Gewohnheiten, Sitten und Denkungsart, als worin er sich als Wirklichkeit Gegenstand ist, gemäss zu werden, -- theils gegen sie sich selbstthätig zu wis- sen, mit Neigung und Leidenschaft nur besonderes daraus für sich herauszugreiffen, und das gegen- ständliche sich gemäss zu machen; dort sich gegen sich selbst als Einzelnheit, hier gegen sich als all- gemeines Seyn negativ zu verhalten. -- Die Selbstständigkeit gibt dem Vorgefundenen nach der ersten Seite nur die Form bewusster Individuali- tät überhaupt, und bleibt in Ansehung des Inhalts innerhalb der vorgefundenen allgemeinen Wirklich- keit stehen; nach der andern Seite aber gibt sie ihr wenigstens eine eigenthümliche Modification, die ihrem wesentlichen Inhalte nicht widerspricht, oder auch eine solche, wodurch das Individuum als be- sondere Wirklichkeit und eigenthümlicher Inhalt sich ihr entgegensetzt, -- und zum Verbrechen wird, indem es sie auf eine nur einzelne Weise aufhebt, oder indem es diss auf eine allgemeine Weise und da- mit für alle thut, eine andere Welt, anderes Recht, Gesetz und Sitten an die Stelle der vorhandenen bringt.
Die beobachtende Psychologie, welche zuerst ihre Wahrnehmungen von den allgemeinen Weisen, die ihr an dem thätigen Bewusstseyn vorkommen, ausspricht, findet mancherley Vermögen, Neigun- gen und Leidenschafften, und indem sich die Er-
denen Andersseyns, sich verschieden verhält; theils diese in sich zu empfangen, und den vorgefundenen Gewohnheiten, Sitten und Denkungsart, als worin er sich als Wirklichkeit Gegenstand ist, gemäſs zu werden, — theils gegen sie sich selbstthätig zu wis- sen, mit Neigung und Leidenschaft nur besonderes daraus für sich herauszugreiffen, und das gegen- ständliche sich gemäſs zu machen; dort sich gegen sich selbst als Einzelnheit, hier gegen sich als all- gemeines Seyn negativ zu verhalten. — Die Selbstständigkeit gibt dem Vorgefundenen nach der ersten Seite nur die Form bewuſster Individuali- tät überhaupt, und bleibt in Ansehung des Inhalts innerhalb der vorgefundenen allgemeinen Wirklich- keit stehen; nach der andern Seite aber gibt sie ihr wenigstens eine eigenthümliche Modification, die ihrem wesentlichen Inhalte nicht widerspricht, oder auch eine solche, wodurch das Individuum als be- sondere Wirklichkeit und eigenthümlicher Inhalt sich ihr entgegensetzt, — und zum Verbrechen wird, indem es sie auf eine nur einzelne Weise aufhebt, oder indem es diſs auf eine allgemeine Weise und da- mit für alle thut, eine andere Welt, anderes Recht, Gesetz und Sitten an die Stelle der vorhandenen bringt.
Die beobachtende Psychologie, welche zuerst ihre Wahrnehmungen von den allgemeinen Weisen, die ihr an dem thätigen Bewuſstseyn vorkommen, ausspricht, findet mancherley Vermögen, Neigun- gen und Leidenschafften, und indem sich die Er-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><p><hirendition="#i"><pbfacs="#f0347"n="238"/>
denen Andersseyns</hi>, sich verschieden verhält; theils<lb/>
diese in sich zu empfangen, und den vorgefundenen<lb/>
Gewohnheiten, Sitten und Denkungsart, als worin<lb/>
er sich als Wirklichkeit Gegenstand ist, <hirendition="#i">gemäſs zu<lb/>
werden</hi>, — theils gegen sie sich selbstthätig zu wis-<lb/>
sen, mit Neigung und Leidenschaft nur besonderes<lb/>
daraus für sich herauszugreiffen, und das gegen-<lb/>
ständliche <hirendition="#i">sich gemäſs zu machen;</hi> dort sich gegen<lb/>
sich selbst als Einzelnheit, hier gegen sich als all-<lb/>
gemeines Seyn negativ zu verhalten. — Die<lb/>
Selbstständigkeit gibt dem Vorgefundenen nach der<lb/>
ersten Seite nur die <hirendition="#i">Form</hi> bewuſster Individuali-<lb/>
tät überhaupt, und bleibt in Ansehung des Inhalts<lb/>
innerhalb der vorgefundenen allgemeinen Wirklich-<lb/>
keit stehen; nach der andern Seite aber gibt sie ihr<lb/>
wenigstens eine eigenthümliche Modification, die<lb/>
ihrem wesentlichen Inhalte nicht widerspricht, oder<lb/>
auch eine solche, wodurch das Individuum als be-<lb/>
sondere Wirklichkeit und eigenthümlicher Inhalt<lb/>
sich ihr entgegensetzt, — und zum Verbrechen wird,<lb/>
indem es sie auf eine nur einzelne Weise aufhebt,<lb/>
oder indem es diſs auf eine allgemeine Weise und da-<lb/>
mit für alle thut, eine andere Welt, anderes Recht,<lb/>
Gesetz und Sitten an die Stelle der vorhandenen bringt.</p><lb/><p>Die beobachtende Psychologie, welche zuerst<lb/>
ihre Wahrnehmungen von den <hirendition="#i">allgemeinen Weisen</hi>,<lb/>
die ihr an dem thätigen Bewuſstseyn vorkommen,<lb/>
ausspricht, findet mancherley Vermögen, Neigun-<lb/>
gen und Leidenschafften, und indem sich die Er-<lb/></p></div></div></div></div></body></text></TEI>
[238/0347]
denen Andersseyns, sich verschieden verhält; theils
diese in sich zu empfangen, und den vorgefundenen
Gewohnheiten, Sitten und Denkungsart, als worin
er sich als Wirklichkeit Gegenstand ist, gemäſs zu
werden, — theils gegen sie sich selbstthätig zu wis-
sen, mit Neigung und Leidenschaft nur besonderes
daraus für sich herauszugreiffen, und das gegen-
ständliche sich gemäſs zu machen; dort sich gegen
sich selbst als Einzelnheit, hier gegen sich als all-
gemeines Seyn negativ zu verhalten. — Die
Selbstständigkeit gibt dem Vorgefundenen nach der
ersten Seite nur die Form bewuſster Individuali-
tät überhaupt, und bleibt in Ansehung des Inhalts
innerhalb der vorgefundenen allgemeinen Wirklich-
keit stehen; nach der andern Seite aber gibt sie ihr
wenigstens eine eigenthümliche Modification, die
ihrem wesentlichen Inhalte nicht widerspricht, oder
auch eine solche, wodurch das Individuum als be-
sondere Wirklichkeit und eigenthümlicher Inhalt
sich ihr entgegensetzt, — und zum Verbrechen wird,
indem es sie auf eine nur einzelne Weise aufhebt,
oder indem es diſs auf eine allgemeine Weise und da-
mit für alle thut, eine andere Welt, anderes Recht,
Gesetz und Sitten an die Stelle der vorhandenen bringt.
Die beobachtende Psychologie, welche zuerst
ihre Wahrnehmungen von den allgemeinen Weisen,
die ihr an dem thätigen Bewuſstseyn vorkommen,
ausspricht, findet mancherley Vermögen, Neigun-
gen und Leidenschafften, und indem sich die Er-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/347>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.