Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807.

Bild:
<< vorherige Seite

Gestalt des Seyns, d. h. fasst seine Negativität nur
als Gesetze desselben auf. -- Es ist hier hinreichend,
die Ungültigkeit der sogenannten Denkgesetze aus
der allgemeinen Natur der Sache aufgezeigt zu ha-
ben. Die nähere Entwicklung gehört in die spe-
culative Philosophie, worin sie sich als dasjenige zei-
gen, was sie in Wahrheit sind, nemlich einzelne
verschwindende Momente, deren Wahrheit nur
das Ganze der denkenden Bewegung, das Wissen
selbst ist.

Diese negative Einheit des Denkens ist für sich
selbst, oder vielmehr sie ist das Fürsichselbstseyn, das
Princip der Individualität, und in seiner Realität,
thuendes Bewusstseyn. Zu ihm als der Realität jener
Gesetze wird daher das beobachtende Bewusstseyn
durch die Natur der Sache fortgeführt. Indem die-
ser Zusammenhang nicht für es ist, so meynt es,
das Denken in seinen Gesetzen bleibe ihm auf der
einen Seite stehen, und auf der andern Seite erhalte
es ein anderes Seyn an dem, was ihm itzt Gegenstand
ist, nemlich das thuende Bewusstseyn, welches so
für sich ist, dass es das Andersseyn aufhebt, und in
dieser Anschauung seiner selbst als des negativen
seine Wirklichkeit hat.

Es eröffnet sich also für die Beobachtung ein
neues Feld an der handelnden Wirklichkeit des Bewusst-
seyns
. Die Psychologie enthält die Menge von Ge-
tzen, nach welchen der Geist gegen die verschiede-
nen Weisen seiner Wirklichkeit, als eines vorgefun-

Gestalt des Seyns, d. h. faſst seine Negativität nur
als Gesetze desselben auf. — Es ist hier hinreichend,
die Ungültigkeit der sogenannten Denkgesetze aus
der allgemeinen Natur der Sache aufgezeigt zu ha-
ben. Die nähere Entwicklung gehört in die spe-
culative Philosophie, worin sie sich als dasjenige zei-
gen, was sie in Wahrheit sind, nemlich einzelne
verschwindende Momente, deren Wahrheit nur
das Ganze der denkenden Bewegung, das Wissen
selbst ist.

Diese negative Einheit des Denkens ist für sich
selbst, oder vielmehr sie ist das Fürsichselbstseyn, das
Princip der Individualität, und in seiner Realität,
thuendes Bewuſstseyn. Zu ihm als der Realität jener
Gesetze wird daher das beobachtende Bewuſstseyn
durch die Natur der Sache fortgeführt. Indem die-
ser Zusammenhang nicht für es ist, so meynt es,
das Denken in seinen Gesetzen bleibe ihm auf der
einen Seite stehen, und auf der andern Seite erhalte
es ein anderes Seyn an dem, was ihm itzt Gegenstand
ist, nemlich das thuende Bewuſstseyn, welches so
für sich ist, daſs es das Andersseyn aufhebt, und in
dieser Anschauung seiner selbst als des negativen
seine Wirklichkeit hat.

Es eröffnet sich also für die Beobachtung ein
neues Feld an der handelnden Wirklichkeit des Bewuſst-
seyns
. Die Psychologie enthält die Menge von Ge-
tzen, nach welchen der Geist gegen die verschiede-
nen Weisen seiner Wirklichkeit, als eines vorgefun-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <p><pb facs="#f0346" n="237"/>
Gestalt des <hi rendition="#i">Seyns</hi>, d. h. fa&#x017F;st seine Negativität nur<lb/>
als <hi rendition="#i">Gesetze</hi> desselben auf. &#x2014; Es ist hier hinreichend,<lb/>
die Ungültigkeit der sogenannten Denkgesetze aus<lb/>
der allgemeinen Natur der Sache aufgezeigt zu ha-<lb/>
ben. Die nähere Entwicklung gehört in die spe-<lb/>
culative Philosophie, worin sie sich als dasjenige zei-<lb/>
gen, was sie in Wahrheit sind, nemlich einzelne<lb/>
verschwindende Momente, deren Wahrheit nur<lb/>
das Ganze der denkenden Bewegung, das Wissen<lb/>
selbst ist.</p><lb/>
              <p>Diese negative Einheit des Denkens ist für sich<lb/>
selbst, oder vielmehr sie ist das <hi rendition="#i">Fürsichselbstseyn</hi>, das<lb/>
Princip der Individualität, und in seiner Realität,<lb/><hi rendition="#i">thuendes Bewu&#x017F;stseyn</hi>. Zu ihm als der Realität jener<lb/>
Gesetze wird daher das beobachtende Bewu&#x017F;stseyn<lb/>
durch die Natur der Sache fortgeführt. Indem die-<lb/>
ser Zusammenhang nicht für es ist, so meynt es,<lb/>
das Denken in seinen Gesetzen bleibe ihm auf der<lb/>
einen Seite stehen, und auf der andern Seite erhalte<lb/>
es ein anderes Seyn an dem, was ihm itzt Gegenstand<lb/>
ist, nemlich das thuende Bewu&#x017F;stseyn, welches so<lb/>
für sich ist, da&#x017F;s es das Andersseyn aufhebt, und in<lb/>
dieser Anschauung seiner selbst als des negativen<lb/>
seine Wirklichkeit hat.</p><lb/>
              <p>Es eröffnet sich also für die <hi rendition="#i">Beobachtung</hi> ein<lb/><hi rendition="#i">neues Feld</hi> an der <hi rendition="#i">handelnden Wirklichkeit des Bewu&#x017F;st-<lb/>
seyns</hi>. Die Psychologie enthält die Menge von Ge-<lb/>
tzen, nach welchen der Geist gegen die verschiede-<lb/>
nen Weisen seiner Wirklichkeit, als eines <hi rendition="#i">vorgefun-<lb/></hi></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0346] Gestalt des Seyns, d. h. faſst seine Negativität nur als Gesetze desselben auf. — Es ist hier hinreichend, die Ungültigkeit der sogenannten Denkgesetze aus der allgemeinen Natur der Sache aufgezeigt zu ha- ben. Die nähere Entwicklung gehört in die spe- culative Philosophie, worin sie sich als dasjenige zei- gen, was sie in Wahrheit sind, nemlich einzelne verschwindende Momente, deren Wahrheit nur das Ganze der denkenden Bewegung, das Wissen selbst ist. Diese negative Einheit des Denkens ist für sich selbst, oder vielmehr sie ist das Fürsichselbstseyn, das Princip der Individualität, und in seiner Realität, thuendes Bewuſstseyn. Zu ihm als der Realität jener Gesetze wird daher das beobachtende Bewuſstseyn durch die Natur der Sache fortgeführt. Indem die- ser Zusammenhang nicht für es ist, so meynt es, das Denken in seinen Gesetzen bleibe ihm auf der einen Seite stehen, und auf der andern Seite erhalte es ein anderes Seyn an dem, was ihm itzt Gegenstand ist, nemlich das thuende Bewuſstseyn, welches so für sich ist, daſs es das Andersseyn aufhebt, und in dieser Anschauung seiner selbst als des negativen seine Wirklichkeit hat. Es eröffnet sich also für die Beobachtung ein neues Feld an der handelnden Wirklichkeit des Bewuſst- seyns. Die Psychologie enthält die Menge von Ge- tzen, nach welchen der Geist gegen die verschiede- nen Weisen seiner Wirklichkeit, als eines vorgefun-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/346
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/346>, abgerufen am 22.11.2024.