gen, deren einer A sagt, wenn der andere B, und wieder B, wenn der andere A, und die sich durch den Widerspruch mit sich selbst die Freude erkauf- fen, miteinander im Widerspruche zu bleiben.
Im Skepticismus erfährt das Bewusstseyn in Wahrheit sich als ein in sich selbst widersprechen- des Bewusstseyn; es geht aus dieser Erfahrung eine neue Gestalt hervor, welche die zwey Gedanken zu- sammenbringt, die der Skepticismus auseinander hält. Die Gedankenlosigkeit des Skepticismus über sich selbst muss verschwinden, weil es in der That Ein Bewusstseyn ist, welches diese beyden Weisen an ihm hat. Diese neue Gestalt ist hiedurch ein sol- ches, welches für sich das gedoppelte Bewusstseyn seiner, als des sich befreyenden, unwandelbaren und sichselbstgleichen, und seiner als des absolut sich verwirrenden und verkehrenden, -- und das Be- wusstseyn dieses seines Widerspruchs ist. -- Im Stoicismus ist das Selbstbewusstseyn die einfache Freyheit seiner selbst; im Skepticismus realisirt sie sich, vernichtet die andere Seite des bestimmten Da- seyns, aber verdoppelt sich vielmehr, und ist sich nun ein zweyfaches. Hiedurch ist die Verdopplung, welche früher an zwey einzelne, an den Herrn und den Knecht, sich vertheilte, in eines eingekehrt; die Verdopplung des Selbstbewusstseyns in sich selbst, welche im Begriffe des Geistes wesentlich ist, ist hie- mit vorhanden, aber noch nicht ihre Einheit und das unglückliche Bewusstseyn ist das Bewusstseyn sei-
gen, deren einer A ſagt, wenn der andere B, und wieder B, wenn der andere A, und die sich durch den Widerspruch mit sich selbst die Freude erkauf- fen, miteinander im Widerspruche zu bleiben.
Im Skepticismus erfährt das Bewuſstseyn in Wahrheit sich als ein in sich selbst widersprechen- des Bewuſstseyn; es geht aus dieser Erfahrung eine neue Gestalt hervor, welche die zwey Gedanken zu- sammenbringt, die der Skepticismus auseinander hält. Die Gedankenlosigkeit des Skepticismus über sich selbst muſs verschwinden, weil es in der That Ein Bewuſstseyn ist, welches diese beyden Weisen an ihm hat. Diese neue Gestalt ist hiedurch ein sol- ches, welches für sich das gedoppelte Bewuſstseyn seiner, als des sich befreyenden, unwandelbaren und sichselbstgleichen, und seiner als des absolut sich verwirrenden und verkehrenden, — und das Be- wuſstseyn dieses seines Widerspruchs ist. — Im Stoicismus ist das Selbstbewuſstseyn die einfache Freyheit seiner selbst; im Skepticismus realisirt sie sich, vernichtet die andere Seite des bestimmten Da- seyns, aber verdoppelt sich vielmehr, und ist sich nun ein zweyfaches. Hiedurch ist die Verdopplung, welche früher an zwey einzelne, an den Herrn und den Knecht, sich vertheilte, in eines eingekehrt; die Verdopplung des Selbstbewuſstseyns in sich selbst, welche im Begriffe des Geistes wesentlich ist, ist hie- mit vorhanden, aber noch nicht ihre Einheit und das unglückliche Bewuſstseyn ist das Bewuſstseyn sei-
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0249"n="140"/>
gen, deren einer A ſagt, wenn der andere B, und<lb/>
wieder B, wenn der andere A, und die sich durch<lb/>
den Widerspruch <hirendition="#i">mit sich selbst</hi> die Freude erkauf-<lb/>
fen, <hirendition="#i">miteinander</hi> im Widerspruche zu bleiben.</p><lb/><p>Im Skepticismus erfährt das Bewuſstseyn in<lb/>
Wahrheit sich als ein in sich selbst widersprechen-<lb/>
des Bewuſstseyn; es geht aus dieser Erfahrung eine<lb/><hirendition="#i">neue Gestalt</hi> hervor, welche die zwey Gedanken zu-<lb/>
sammenbringt, die der Skepticismus auseinander<lb/>
hält. Die Gedankenlosigkeit des Skepticismus über<lb/>
sich selbst muſs verschwinden, weil es in der That<lb/><hirendition="#i">Ein</hi> Bewuſstseyn ist, welches diese beyden Weisen<lb/>
an ihm hat. Diese neue Gestalt ist hiedurch ein sol-<lb/>
ches, welches <hirendition="#i">für sich</hi> das gedoppelte Bewuſstseyn<lb/>
seiner, als des sich befreyenden, unwandelbaren und<lb/>
sichselbstgleichen, und seiner als des absolut sich<lb/>
verwirrenden und verkehrenden, — und das Be-<lb/>
wuſstseyn dieses seines Widerspruchs ist. — Im<lb/>
Stoicismus ist das Selbstbewuſstseyn die einfache<lb/>
Freyheit seiner selbst; im Skepticismus realisirt sie<lb/>
sich, vernichtet die andere Seite des bestimmten Da-<lb/>
seyns, aber verdoppelt <hirendition="#i">sich</hi> vielmehr, und ist sich<lb/>
nun ein zweyfaches. Hiedurch ist die Verdopplung,<lb/>
welche früher an zwey einzelne, an den Herrn und<lb/>
den Knecht, sich vertheilte, in eines eingekehrt; die<lb/>
Verdopplung des Selbstbewuſstseyns in sich selbst,<lb/>
welche im Begriffe des Geistes wesentlich ist, ist hie-<lb/>
mit vorhanden, aber noch nicht ihre Einheit und<lb/><hirendition="#i">das unglückliche Bewuſstseyn</hi> ist das Bewuſstseyn sei-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[140/0249]
gen, deren einer A ſagt, wenn der andere B, und
wieder B, wenn der andere A, und die sich durch
den Widerspruch mit sich selbst die Freude erkauf-
fen, miteinander im Widerspruche zu bleiben.
Im Skepticismus erfährt das Bewuſstseyn in
Wahrheit sich als ein in sich selbst widersprechen-
des Bewuſstseyn; es geht aus dieser Erfahrung eine
neue Gestalt hervor, welche die zwey Gedanken zu-
sammenbringt, die der Skepticismus auseinander
hält. Die Gedankenlosigkeit des Skepticismus über
sich selbst muſs verschwinden, weil es in der That
Ein Bewuſstseyn ist, welches diese beyden Weisen
an ihm hat. Diese neue Gestalt ist hiedurch ein sol-
ches, welches für sich das gedoppelte Bewuſstseyn
seiner, als des sich befreyenden, unwandelbaren und
sichselbstgleichen, und seiner als des absolut sich
verwirrenden und verkehrenden, — und das Be-
wuſstseyn dieses seines Widerspruchs ist. — Im
Stoicismus ist das Selbstbewuſstseyn die einfache
Freyheit seiner selbst; im Skepticismus realisirt sie
sich, vernichtet die andere Seite des bestimmten Da-
seyns, aber verdoppelt sich vielmehr, und ist sich
nun ein zweyfaches. Hiedurch ist die Verdopplung,
welche früher an zwey einzelne, an den Herrn und
den Knecht, sich vertheilte, in eines eingekehrt; die
Verdopplung des Selbstbewuſstseyns in sich selbst,
welche im Begriffe des Geistes wesentlich ist, ist hie-
mit vorhanden, aber noch nicht ihre Einheit und
das unglückliche Bewuſstseyn ist das Bewuſstseyn sei-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/249>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.