sterlichen Gewande schreitet das Hochgefühl des Ewigen, Heiligen, Unendlichen einher -- einen Weg, der vielmehr schon selbst das un- mittelbare Seyn im Centrum, die Genialität tiefer origineller Ideen und hoher Gedanken- blitze ist. Wie jedoch solche Tiefe noch nicht den Quell des Wesens offenbart, so sind diese Raketen noch nicht das Empyreum. Wahre Ge- danken und wissenschaftliche Einsicht ist nur in der Arbeit des Begriffes zu gewinnen. Er al- lein kann die Allgemeinheit des Wissens her- vorbringen, welche weder die gemeine Unbe- stimmtheit und Dürstigkeit des gemeinen Men- schenverstands, sondern gebildete und vollstän- dige Erkenntniss, -- noch die ungemeine All- gemeinheit der durch Trägheit und Eigendün- kel von Genie sich verderbenden Anlage der Vernunft, sondern die zu ihrer einheimischen Form gediehene Wahrheit, welche fähig ist, das Eigenthum aller selbstbewussten Vernunft zu seyn.
Indem ich das, wodurch die Wissenschaft existirt, in die Selbstbewegung des Begriffes setze, so scheint die Betrachtung, dass die an- geführten und noch andre äussre Seiten der Vorstellungen unserer Zeit über die Natur und Gestalt der Wahrheit hievon abweichen, ja
ſterlichen Gewande ſchreitet das Hochgefühl des Ewigen, Heiligen, Unendlichen einher — einen Weg, der vielmehr ſchon ſelbſt das un- mittelbare Seyn im Centrum, die Genialität tiefer origineller Ideen und hoher Gedanken- blitze iſt. Wie jedoch ſolche Tiefe noch nicht den Quell des Weſens offenbart, ſo ſind dieſe Raketen noch nicht das Empyreum. Wahre Ge- danken und wiſſenſchaftliche Einſicht iſt nur in der Arbeit des Begriffes zu gewinnen. Er al- lein kann die Allgemeinheit des Wiſſens her- vorbringen, welche weder die gemeine Unbe- ſtimmtheit und Dürſtigkeit des gemeinen Men- ſchenverſtands, ſondern gebildete und vollſtän- dige Erkenntniſs, — noch die ungemeine All- gemeinheit der durch Trägheit und Eigendün- kel von Genie ſich verderbenden Anlage der Vernunft, ſondern die zu ihrer einheimiſchen Form gediehene Wahrheit, welche fähig iſt, das Eigenthum aller ſelbſtbewuſsten Vernunft zu ſeyn.
Indem ich das, wodurch die Wiſſenſchaft exiſtirt, in die Selbſtbewegung des Begriffes ſetze, ſo ſcheint die Betrachtung, daſs die an- geführten und noch andre äuſſre Seiten der Vorſtellungen unſerer Zeit über die Natur und Geſtalt der Wahrheit hievon abweichen, ja
<TEI><text><front><divn="1"><p><pbfacs="#f0103"n="LXXXVIII"/>ſterlichen Gewande ſchreitet das Hochgefühl<lb/>
des Ewigen, Heiligen, Unendlichen einher —<lb/>
einen Weg, der vielmehr ſchon ſelbſt das un-<lb/>
mittelbare Seyn im Centrum, die Genialität<lb/>
tiefer origineller Ideen und hoher Gedanken-<lb/>
blitze iſt. Wie jedoch ſolche Tiefe noch nicht<lb/>
den Quell des Weſens offenbart, ſo ſind dieſe<lb/>
Raketen noch nicht das Empyreum. Wahre Ge-<lb/>
danken und wiſſenſchaftliche Einſicht iſt nur in<lb/>
der Arbeit des Begriffes zu gewinnen. Er al-<lb/>
lein kann die Allgemeinheit des Wiſſens her-<lb/>
vorbringen, welche weder die gemeine Unbe-<lb/>ſtimmtheit und Dürſtigkeit des gemeinen Men-<lb/>ſchenverſtands, ſondern gebildete und vollſtän-<lb/>
dige Erkenntniſs, — noch die ungemeine All-<lb/>
gemeinheit der durch Trägheit und Eigendün-<lb/>
kel von Genie ſich verderbenden Anlage der<lb/>
Vernunft, ſondern die zu ihrer einheimiſchen<lb/>
Form gediehene Wahrheit, welche fähig iſt,<lb/>
das Eigenthum aller ſelbſtbewuſsten Vernunft<lb/>
zu ſeyn.</p><lb/><p>Indem ich das, wodurch die Wiſſenſchaft<lb/>
exiſtirt, in die Selbſtbewegung des Begriffes<lb/>ſetze, ſo ſcheint die Betrachtung, daſs die an-<lb/>
geführten und noch andre äuſſre Seiten der<lb/>
Vorſtellungen unſerer Zeit über die Natur und<lb/>
Geſtalt der Wahrheit hievon abweichen, ja<lb/></p></div></front></text></TEI>
[LXXXVIII/0103]
ſterlichen Gewande ſchreitet das Hochgefühl
des Ewigen, Heiligen, Unendlichen einher —
einen Weg, der vielmehr ſchon ſelbſt das un-
mittelbare Seyn im Centrum, die Genialität
tiefer origineller Ideen und hoher Gedanken-
blitze iſt. Wie jedoch ſolche Tiefe noch nicht
den Quell des Weſens offenbart, ſo ſind dieſe
Raketen noch nicht das Empyreum. Wahre Ge-
danken und wiſſenſchaftliche Einſicht iſt nur in
der Arbeit des Begriffes zu gewinnen. Er al-
lein kann die Allgemeinheit des Wiſſens her-
vorbringen, welche weder die gemeine Unbe-
ſtimmtheit und Dürſtigkeit des gemeinen Men-
ſchenverſtands, ſondern gebildete und vollſtän-
dige Erkenntniſs, — noch die ungemeine All-
gemeinheit der durch Trägheit und Eigendün-
kel von Genie ſich verderbenden Anlage der
Vernunft, ſondern die zu ihrer einheimiſchen
Form gediehene Wahrheit, welche fähig iſt,
das Eigenthum aller ſelbſtbewuſsten Vernunft
zu ſeyn.
Indem ich das, wodurch die Wiſſenſchaft
exiſtirt, in die Selbſtbewegung des Begriffes
ſetze, ſo ſcheint die Betrachtung, daſs die an-
geführten und noch andre äuſſre Seiten der
Vorſtellungen unſerer Zeit über die Natur und
Geſtalt der Wahrheit hievon abweichen, ja
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: System der Wissenschaft. Erster Theil: Die Phänomenologie des Geistes. Bamberg u. a., 1807, S. LXXXVIII. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_phaenomenologie_1807/103>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.