lectuelle, d. i. sie hat das Daseyn nicht in seiner äusserlichen Existenz zum Gegenstande, sondern das, was in ihm unvergängliche Realität und Wahrheit ist, -- die Realität, nur insofern sie wesentlich im Begriffe und durch ihn bestimmt ist, die Idee, deren nähere Na- tur sich später zu ergeben hat. Was die Anschauung als solche, vor dem Begriffe voraushaben soll, ist die äusserliche Realität, das Begrifflose, das erst einen Werth durch ihn erhält.
Indem daher der Verstand die unendliche Kraft darstellt, welche das Allgemeine bestimmt, oder umge- kehrt, dem an und für sich Haltungslosen der Bestimmt- heit durch die Form der Allgemeinheit das fixe Bestehen ertheilt, so ist es nun nicht Schuld des Verstandes, wenn nicht weiter gegangen wird. Es ist eine subjecti- ve Ohnmacht der Vernunft, welche diese Be- stimmtheiten so gelten läßt und sie nicht durch die jener abstracten Allgemeinheit entgegengesetzte dialektische Kraft, d. h. durch die eigenthümliche Natur, nemlich durch den Begriff jener Bestimmtheiten, zur Einheit zurückzuführen vermag. Der Verstand gibt ihnen zwar durch die Form der abstracten Allgemeinheit so zu sagen, eine solche Härte des Seyns, als sie in der qualitativen Sphäre, und in der Sphäre der Reflexion nicht haben; aber durch diese Vereinfachung begeistet er sie zugleich, und schärft sie so zu, daß sie eben nur auf dieser Spitze die Fähigkeit erhalten, sich aufzulösen und in ihr ent- gegengesetztes überzugehen. Die höchste Reiffe und Stuffe, die irgend Etwas erreichen kann, ist diejenige, in welcher sein Untergang beginnt. Das Feste der Be- stimmtheiten, in welche sich der Verstand einzurennen scheint, die Form des Unvergänglichen ist die der sich auf sich beziehenden Allgemeinheit. Aber sie gehört dem Be- griffe zu eigen an; und daher liegt in ihr selbst die
Auf-
I.Kapitel. Der Begriff.
lectuelle, d. i. ſie hat das Daſeyn nicht in ſeiner aͤuſſerlichen Exiſtenz zum Gegenſtande, ſondern das, was in ihm unvergaͤngliche Realitaͤt und Wahrheit iſt, — die Realitaͤt, nur inſofern ſie weſentlich im Begriffe und durch ihn beſtimmt iſt, die Idee, deren naͤhere Na- tur ſich ſpaͤter zu ergeben hat. Was die Anſchauung als ſolche, vor dem Begriffe voraushaben ſoll, iſt die aͤuſſerliche Realitaͤt, das Begriffloſe, das erſt einen Werth durch ihn erhaͤlt.
Indem daher der Verſtand die unendliche Kraft darſtellt, welche das Allgemeine beſtimmt, oder umge- kehrt, dem an und fuͤr ſich Haltungsloſen der Beſtimmt- heit durch die Form der Allgemeinheit das fixe Beſtehen ertheilt, ſo iſt es nun nicht Schuld des Verſtandes, wenn nicht weiter gegangen wird. Es iſt eine ſubjecti- ve Ohnmacht der Vernunft, welche dieſe Be- ſtimmtheiten ſo gelten laͤßt und ſie nicht durch die jener abſtracten Allgemeinheit entgegengeſetzte dialektiſche Kraft, d. h. durch die eigenthuͤmliche Natur, nemlich durch den Begriff jener Beſtimmtheiten, zur Einheit zuruͤckzufuͤhren vermag. Der Verſtand gibt ihnen zwar durch die Form der abſtracten Allgemeinheit ſo zu ſagen, eine ſolche Haͤrte des Seyns, als ſie in der qualitativen Sphaͤre, und in der Sphaͤre der Reflexion nicht haben; aber durch dieſe Vereinfachung begeiſtet er ſie zugleich, und ſchaͤrft ſie ſo zu, daß ſie eben nur auf dieſer Spitze die Faͤhigkeit erhalten, ſich aufzuloͤſen und in ihr ent- gegengeſetztes uͤberzugehen. Die hoͤchſte Reiffe und Stuffe, die irgend Etwas erreichen kann, iſt diejenige, in welcher ſein Untergang beginnt. Das Feſte der Be- ſtimmtheiten, in welche ſich der Verſtand einzurennen ſcheint, die Form des Unvergaͤnglichen iſt die der ſich auf ſich beziehenden Allgemeinheit. Aber ſie gehoͤrt dem Be- griffe zu eigen an; und daher liegt in ihr ſelbſt die
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I. Kapitel. Der Begriff.
lectuelle, d. i. ſie hat das Daſeyn nicht in ſeiner
aͤuſſerlichen Exiſtenz zum Gegenſtande, ſondern das, was
in ihm unvergaͤngliche Realitaͤt und Wahrheit iſt, — die
Realitaͤt, nur inſofern ſie weſentlich im Begriffe und
durch ihn beſtimmt iſt, die Idee, deren naͤhere Na-
tur ſich ſpaͤter zu ergeben hat. Was die Anſchauung
als ſolche, vor dem Begriffe voraushaben ſoll, iſt die
aͤuſſerliche Realitaͤt, das Begriffloſe, das erſt einen
Werth durch ihn erhaͤlt.
Indem daher der Verſtand die unendliche Kraft
darſtellt, welche das Allgemeine beſtimmt, oder umge-
kehrt, dem an und fuͤr ſich Haltungsloſen der Beſtimmt-
heit durch die Form der Allgemeinheit das fixe Beſtehen
ertheilt, ſo iſt es nun nicht Schuld des Verſtandes,
wenn nicht weiter gegangen wird. Es iſt eine ſubjecti-
ve Ohnmacht der Vernunft, welche dieſe Be-
ſtimmtheiten ſo gelten laͤßt und ſie nicht durch die jener
abſtracten Allgemeinheit entgegengeſetzte dialektiſche Kraft,
d. h. durch die eigenthuͤmliche Natur, nemlich durch den
Begriff jener Beſtimmtheiten, zur Einheit zuruͤckzufuͤhren
vermag. Der Verſtand gibt ihnen zwar durch die Form
der abſtracten Allgemeinheit ſo zu ſagen, eine ſolche
Haͤrte des Seyns, als ſie in der qualitativen Sphaͤre,
und in der Sphaͤre der Reflexion nicht haben; aber
durch dieſe Vereinfachung begeiſtet er ſie zugleich,
und ſchaͤrft ſie ſo zu, daß ſie eben nur auf dieſer Spitze
die Faͤhigkeit erhalten, ſich aufzuloͤſen und in ihr ent-
gegengeſetztes uͤberzugehen. Die hoͤchſte Reiffe und
Stuffe, die irgend Etwas erreichen kann, iſt diejenige,
in welcher ſein Untergang beginnt. Das Feſte der Be-
ſtimmtheiten, in welche ſich der Verſtand einzurennen
ſcheint, die Form des Unvergaͤnglichen iſt die der ſich auf
ſich beziehenden Allgemeinheit. Aber ſie gehoͤrt dem Be-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/71>, abgerufen am 25.07.2024.
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