Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.II. Abschnitt. der Vorstellung bey ihren Ausdrücken, die für philoso-phische Bestimmungen gebraucht werden, so etwas unge- fähres von ihrem Unterschiede vorschwebt; wie es bey jenen Ausdrücken der Fall seyn mag, daß man in ihnen Schattirungen der Vorstellung erkennt, welche sich näher auf die entsprechenden Begriffe beziehen. -- Man wird vielleicht schwerer zugeben, daß Etwas seyn könne, ohne zu existiren; aber wenigstens wird man z. B. das Seyn als Copula des Urtheils nicht wohl mit dem Ausdruck existiren vertauschen, und nicht sagen; die- se Waare existirt theuer, passend u. s. f. das Geld existirt Metall, oder metallisch, statt: diese Waare ist theuer, passend u. s. f. das Geld ist Metall *); Seyn aber und Erscheinen, Erscheinung und Wirklichkeit, wie auch blosses Seyn gegen Wirk- lichkeit, werden auch wohl sonst unterschieden, so wie alle diese Ausdrücke noch mehr von der Objecti- vität. -- Sollten sie aber auch synonym gebraucht werden, so wird die Philosophie ohnehin die Freyheit haben, solchen leeren Ueberfluß der Sprache für ihre Unterschiede zu benutzen. Es ist beym apodiktischen Urtheil, wo, als in der gegen *) In einem französischen Berichte, worin der Befehlshaber an-
gibt, daß er den sich bey der Insel gewöhnlich gegen Mor- gen erhebenden Wind erwartete, um ans Land zu steuern, kommt der Ausdruck vor: le vent ayant ete longtems sans exister; hier ist der Unterschied blos aus der sonsti- gen Redensart, z. B. il a ete longtems sans m'ecrire, cutsianden. II. Abſchnitt. der Vorſtellung bey ihren Ausdruͤcken, die fuͤr philoſo-phiſche Beſtimmungen gebraucht werden, ſo etwas unge- faͤhres von ihrem Unterſchiede vorſchwebt; wie es bey jenen Ausdruͤcken der Fall ſeyn mag, daß man in ihnen Schattirungen der Vorſtellung erkennt, welche ſich naͤher auf die entſprechenden Begriffe beziehen. — Man wird vielleicht ſchwerer zugeben, daß Etwas ſeyn koͤnne, ohne zu exiſtiren; aber wenigſtens wird man z. B. das Seyn als Copula des Urtheils nicht wohl mit dem Ausdruck exiſtiren vertauſchen, und nicht ſagen; die- ſe Waare exiſtirt theuer, paſſend u. ſ. f. das Geld exiſtirt Metall, oder metalliſch, ſtatt: dieſe Waare iſt theuer, paſſend u. ſ. f. das Geld iſt Metall *); Seyn aber und Erſcheinen, Erſcheinung und Wirklichkeit, wie auch bloſſes Seyn gegen Wirk- lichkeit, werden auch wohl ſonſt unterſchieden, ſo wie alle dieſe Ausdruͤcke noch mehr von der Objecti- vitaͤt. — Sollten ſie aber auch ſynonym gebraucht werden, ſo wird die Philoſophie ohnehin die Freyheit haben, ſolchen leeren Ueberfluß der Sprache fuͤr ihre Unterſchiede zu benutzen. Es iſt beym apodiktiſchen Urtheil, wo, als in der gegen *) In einem franzoͤſiſchen Berichte, worin der Befehlshaber an-
gibt, daß er den ſich bey der Inſel gewoͤhnlich gegen Mor- gen erhebenden Wind erwartete, um ans Land zu ſteuern, kommt der Ausdruck vor: le vent ayant été longtems ſans exiſter; hier iſt der Unterſchied blos aus der ſonſti- gen Redensart, z. B. il a été longtems ſans m’écrire, cutſianden. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0216" n="198"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Abſchnitt</hi>.</fw><lb/> der Vorſtellung bey ihren Ausdruͤcken, die fuͤr philoſo-<lb/> phiſche Beſtimmungen gebraucht werden, ſo etwas unge-<lb/> faͤhres von ihrem Unterſchiede vorſchwebt; wie es bey<lb/> jenen Ausdruͤcken der Fall ſeyn mag, daß man in ihnen<lb/> Schattirungen der Vorſtellung erkennt, welche ſich naͤher<lb/> auf die entſprechenden Begriffe beziehen. — Man wird<lb/> vielleicht ſchwerer zugeben, daß Etwas <hi rendition="#g">ſeyn</hi> koͤnne,<lb/> ohne zu <hi rendition="#g">exiſtiren</hi>; aber wenigſtens wird man z. B.<lb/> das <hi rendition="#g">Seyn</hi> als Copula des Urtheils nicht wohl mit dem<lb/> Ausdruck <hi rendition="#g">exiſtiren</hi> vertauſchen, und nicht ſagen; die-<lb/> ſe Waare <hi rendition="#g">exiſtirt</hi> theuer, paſſend u. ſ. f. das Geld<lb/><hi rendition="#g">exiſtirt</hi> Metall, oder metalliſch, ſtatt: dieſe Waare<lb/><hi rendition="#g">iſt</hi> theuer, paſſend u. ſ. f. das Geld <hi rendition="#g">iſt</hi> Metall <note place="foot" n="*)">In einem franzoͤſiſchen Berichte, worin der Befehlshaber an-<lb/> gibt, daß er den ſich bey der Inſel gewoͤhnlich gegen Mor-<lb/> gen erhebenden Wind erwartete, um ans Land zu ſteuern,<lb/> kommt der Ausdruck vor: <hi rendition="#aq">le vent <hi rendition="#g">ayant été</hi> longtems<lb/> ſans <hi rendition="#g">exiſter</hi>;</hi> hier iſt der Unterſchied blos aus der ſonſti-<lb/> gen Redensart, z. B. <hi rendition="#aq">il a été longtems ſans m’écrire</hi>,<lb/> cutſianden.</note>;<lb/><hi rendition="#g">Seyn</hi> aber und <hi rendition="#g">Erſcheinen, Erſcheinung</hi> und<lb/><hi rendition="#g">Wirklichkeit</hi>, wie auch bloſſes <hi rendition="#g">Seyn</hi> gegen <hi rendition="#g">Wirk-<lb/> lichkeit</hi>, werden auch wohl ſonſt unterſchieden, ſo<lb/> wie alle dieſe Ausdruͤcke noch mehr von der <hi rendition="#g">Objecti-<lb/> vitaͤt</hi>. — Sollten ſie aber auch ſynonym gebraucht<lb/> werden, ſo wird die Philoſophie ohnehin die Freyheit<lb/> haben, ſolchen leeren Ueberfluß der Sprache fuͤr ihre<lb/> Unterſchiede zu benutzen.</p><lb/> <p>Es iſt beym apodiktiſchen Urtheil, wo, als in der<lb/> Vollendung des Urtheils, das Subject ſeine Beſtimmtheit<lb/> <fw place="bottom" type="catch">gegen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [198/0216]
II. Abſchnitt.
der Vorſtellung bey ihren Ausdruͤcken, die fuͤr philoſo-
phiſche Beſtimmungen gebraucht werden, ſo etwas unge-
faͤhres von ihrem Unterſchiede vorſchwebt; wie es bey
jenen Ausdruͤcken der Fall ſeyn mag, daß man in ihnen
Schattirungen der Vorſtellung erkennt, welche ſich naͤher
auf die entſprechenden Begriffe beziehen. — Man wird
vielleicht ſchwerer zugeben, daß Etwas ſeyn koͤnne,
ohne zu exiſtiren; aber wenigſtens wird man z. B.
das Seyn als Copula des Urtheils nicht wohl mit dem
Ausdruck exiſtiren vertauſchen, und nicht ſagen; die-
ſe Waare exiſtirt theuer, paſſend u. ſ. f. das Geld
exiſtirt Metall, oder metalliſch, ſtatt: dieſe Waare
iſt theuer, paſſend u. ſ. f. das Geld iſt Metall *);
Seyn aber und Erſcheinen, Erſcheinung und
Wirklichkeit, wie auch bloſſes Seyn gegen Wirk-
lichkeit, werden auch wohl ſonſt unterſchieden, ſo
wie alle dieſe Ausdruͤcke noch mehr von der Objecti-
vitaͤt. — Sollten ſie aber auch ſynonym gebraucht
werden, ſo wird die Philoſophie ohnehin die Freyheit
haben, ſolchen leeren Ueberfluß der Sprache fuͤr ihre
Unterſchiede zu benutzen.
Es iſt beym apodiktiſchen Urtheil, wo, als in der
Vollendung des Urtheils, das Subject ſeine Beſtimmtheit
gegen
*) In einem franzoͤſiſchen Berichte, worin der Befehlshaber an-
gibt, daß er den ſich bey der Inſel gewoͤhnlich gegen Mor-
gen erhebenden Wind erwartete, um ans Land zu ſteuern,
kommt der Ausdruck vor: le vent ayant été longtems
ſans exiſter; hier iſt der Unterſchied blos aus der ſonſti-
gen Redensart, z. B. il a été longtems ſans m’écrire,
cutſianden.
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