Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816.II. Abschnitt. sentlich an die oben gemachte Bemerkung zu erinnern,daß das Subject erst in seinem Prädicate Bestimmtheit und Inhalt erhält, vor demselben aber, er mag für das Gefühl, Anschauung und Vorstellung sonst seyn was er will, für das begreiffende Erkennen nur ein Nahmen ist; in dem Prädicate beginnt mit der Bestimmtheit aber zugleich die Realisation überhaupt. -- Die Prädi- cate müssen aber gefaßt werden, als selbst noch in den Begriff eingeschlossen, somit als etwas subjectives, mit dem noch nicht zum Daseyn herausgekommen ist; inso- fern ist einerseits allerdings die Realisation des Be- griffs im Urtheil noch nicht vollendet. Andererseits bleibt aber auch die blosse Bestimmung eines Gegenstan- des durch Prädicate, ohne daß sie zugleich die Realisa- tion und Objectivirung des Begriffes ist, etwas so sub- jectives, daß sie auch nicht einmal die wahrhafte Er- kenntniß und Bestimmung des Begriffs des Ge- genstandes ist; -- ein subjectives in dem Sinne von ab- stracter Reflexion und unbegriffnen Vorstellungen. -- Gott als lebendiger Gott, und noch mehr als absoluter Geist wird nur in seinem Thun erkannt. Früh ist der Mensch angewiesen worden, ihn in seinen Werken zu erkennen; aus diesen können erst die Bestimmun- gen hervorgehen, welche seine Eigenschaften genannt werden; so wie darin auch sein Seyn enthalten ist. So faßt das begreiffende Erkennen seines Wirkens, d. i. seiner selbst, den Begriff Gottes in seinem Seyn, und sein Seyn in seinem Begriffe. Das Seyn für sich oder gar das Daseyn ist eine so arme und beschränkte Bestimmung, daß die Schwierigkeit, sie im Begriffe zu finden, wohl nur daher hat kommen können, daß nicht betrachtet worden ist, was denn das Seyn oder Da- seyn selbst ist. -- Das Seyn als die ganz ab- stracte, unmittelbare Beziehung auf sich selbst, ist nichts anderes als das abstracte Moment des
II. Abſchnitt. ſentlich an die oben gemachte Bemerkung zu erinnern,daß das Subject erſt in ſeinem Praͤdicate Beſtimmtheit und Inhalt erhaͤlt, vor demſelben aber, er mag fuͤr das Gefuͤhl, Anſchauung und Vorſtellung ſonſt ſeyn was er will, fuͤr das begreiffende Erkennen nur ein Nahmen iſt; in dem Praͤdicate beginnt mit der Beſtimmtheit aber zugleich die Realiſation uͤberhaupt. — Die Praͤdi- cate muͤſſen aber gefaßt werden, als ſelbſt noch in den Begriff eingeſchloſſen, ſomit als etwas ſubjectives, mit dem noch nicht zum Daſeyn herausgekommen iſt; inſo- fern iſt einerſeits allerdings die Realiſation des Be- griffs im Urtheil noch nicht vollendet. Andererſeits bleibt aber auch die bloſſe Beſtimmung eines Gegenſtan- des durch Praͤdicate, ohne daß ſie zugleich die Realiſa- tion und Objectivirung des Begriffes iſt, etwas ſo ſub- jectives, daß ſie auch nicht einmal die wahrhafte Er- kenntniß und Beſtimmung des Begriffs des Ge- genſtandes iſt; — ein ſubjectives in dem Sinne von ab- ſtracter Reflexion und unbegriffnen Vorſtellungen. — Gott als lebendiger Gott, und noch mehr als abſoluter Geiſt wird nur in ſeinem Thun erkannt. Fruͤh iſt der Menſch angewieſen worden, ihn in ſeinen Werken zu erkennen; aus dieſen koͤnnen erſt die Beſtimmun- gen hervorgehen, welche ſeine Eigenſchaften genannt werden; ſo wie darin auch ſein Seyn enthalten iſt. So faßt das begreiffende Erkennen ſeines Wirkens, d. i. ſeiner ſelbſt, den Begriff Gottes in ſeinem Seyn, und ſein Seyn in ſeinem Begriffe. Das Seyn fuͤr ſich oder gar das Daſeyn iſt eine ſo arme und beſchraͤnkte Beſtimmung, daß die Schwierigkeit, ſie im Begriffe zu finden, wohl nur daher hat kommen koͤnnen, daß nicht betrachtet worden iſt, was denn das Seyn oder Da- ſeyn ſelbſt iſt. — Das Seyn als die ganz ab- ſtracte, unmittelbare Beziehung auf ſich ſelbſt, iſt nichts anderes als das abſtracte Moment des
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II. Abſchnitt.
ſentlich an die oben gemachte Bemerkung zu erinnern,
daß das Subject erſt in ſeinem Praͤdicate Beſtimmtheit
und Inhalt erhaͤlt, vor demſelben aber, er mag fuͤr das
Gefuͤhl, Anſchauung und Vorſtellung ſonſt ſeyn was er
will, fuͤr das begreiffende Erkennen nur ein Nahmen
iſt; in dem Praͤdicate beginnt mit der Beſtimmtheit aber
zugleich die Realiſation uͤberhaupt. — Die Praͤdi-
cate muͤſſen aber gefaßt werden, als ſelbſt noch in den
Begriff eingeſchloſſen, ſomit als etwas ſubjectives, mit
dem noch nicht zum Daſeyn herausgekommen iſt; inſo-
fern iſt einerſeits allerdings die Realiſation des Be-
griffs im Urtheil noch nicht vollendet. Andererſeits
bleibt aber auch die bloſſe Beſtimmung eines Gegenſtan-
des durch Praͤdicate, ohne daß ſie zugleich die Realiſa-
tion und Objectivirung des Begriffes iſt, etwas ſo ſub-
jectives, daß ſie auch nicht einmal die wahrhafte Er-
kenntniß und Beſtimmung des Begriffs des Ge-
genſtandes iſt; — ein ſubjectives in dem Sinne von ab-
ſtracter Reflexion und unbegriffnen Vorſtellungen. —
Gott als lebendiger Gott, und noch mehr als abſoluter
Geiſt wird nur in ſeinem Thun erkannt. Fruͤh iſt
der Menſch angewieſen worden, ihn in ſeinen Werken
zu erkennen; aus dieſen koͤnnen erſt die Beſtimmun-
gen hervorgehen, welche ſeine Eigenſchaften genannt
werden; ſo wie darin auch ſein Seyn enthalten iſt.
So faßt das begreiffende Erkennen ſeines Wirkens,
d. i. ſeiner ſelbſt, den Begriff Gottes in ſeinem Seyn,
und ſein Seyn in ſeinem Begriffe. Das Seyn fuͤr ſich
oder gar das Daſeyn iſt eine ſo arme und beſchraͤnkte
Beſtimmung, daß die Schwierigkeit, ſie im Begriffe zu
finden, wohl nur daher hat kommen koͤnnen, daß nicht
betrachtet worden iſt, was denn das Seyn oder Da-
ſeyn ſelbſt iſt. — Das Seyn als die ganz ab-
ſtracte, unmittelbare Beziehung auf ſich
ſelbſt, iſt nichts anderes als das abſtracte Moment
des
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