setzt; das blosse Urtheil der Nothwendigkeit hat sich da- mit zum Urtheil des Begriffs erhoben.
D. Das Urtheil des Begriffs.
Urtheile des Daseyns fällen zu wissen: die Rose ist roth, der Schnee ist weiß u. s. f. wird schwerlich dafür gelten, daß es grosse Urtheils- kraft zeige. Die Urtheile der Reflexion sind mehr Sätze; in dem Urtheile der Nothwendigkeit ist der Ge- genstand zwar in seiner objectiven Allgemeinheit, aber erst im jetzt zu betrachtenden Urtheil ist seine Bezie- hung auf den Begriff vorhanden. Dieser ist darin zu Grund gelegt, und da er in Beziehung auf den Gegenstand ist, als ein Sollen, dem die Realität angemessen seyn kann oder auch nicht. -- Solches Ur- theil enthält daher erst eine wahrhafte Beurtheilung; die Prädicate gut, schlecht, wahr, schön, rich- tig u. s. f. drücken aus, daß die Sache an ihrem all- gemeinen Begriffe, als dem schlechthin vorausgesetz- ten Sollen gemessen, und in Uebereinstim- mung mit demselben ist, oder nicht.
Man hat das Urtheil des Begriffs Urtheil der Modalität genannt, und sieht es dafür an, daß es die Form enthalte, wie die Beziehung des Subjects und Prädicats sich in einem äusserlichen Verstande verhalte, und daß es den Werth der Copula nur in Be- ziehung auf das Denken angehe. Das proble- matische Urtheil bestehe hienach darin, wenn man das Bejahen oder Verneinen als beliebig oder als mög-
lich;
I.Abſchnitt. Subjectivitaͤt.
ſetzt; das bloſſe Urtheil der Nothwendigkeit hat ſich da- mit zum Urtheil des Begriffs erhoben.
D. Das Urtheil des Begriffs.
Urtheile des Daſeyns faͤllen zu wiſſen: die Roſe iſt roth, der Schnee iſt weiß u. ſ. f. wird ſchwerlich dafuͤr gelten, daß es groſſe Urtheils- kraft zeige. Die Urtheile der Reflexion ſind mehr Saͤtze; in dem Urtheile der Nothwendigkeit iſt der Ge- genſtand zwar in ſeiner objectiven Allgemeinheit, aber erſt im jetzt zu betrachtenden Urtheil iſt ſeine Bezie- hung auf den Begriff vorhanden. Dieſer iſt darin zu Grund gelegt, und da er in Beziehung auf den Gegenſtand iſt, als ein Sollen, dem die Realitaͤt angemeſſen ſeyn kann oder auch nicht. — Solches Ur- theil enthaͤlt daher erſt eine wahrhafte Beurtheilung; die Praͤdicate gut, ſchlecht, wahr, ſchoͤn, rich- tig u. ſ. f. druͤcken aus, daß die Sache an ihrem all- gemeinen Begriffe, als dem ſchlechthin vorausgeſetz- ten Sollen gemeſſen, und in Uebereinſtim- mung mit demſelben iſt, oder nicht.
Man hat das Urtheil des Begriffs Urtheil der Modalitaͤt genannt, und ſieht es dafuͤr an, daß es die Form enthalte, wie die Beziehung des Subjects und Praͤdicats ſich in einem aͤuſſerlichen Verſtande verhalte, und daß es den Werth der Copula nur in Be- ziehung auf das Denken angehe. Das proble- matiſche Urtheil beſtehe hienach darin, wenn man das Bejahen oder Verneinen als beliebig oder als moͤg-
lich;
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I. Abſchnitt. Subjectivitaͤt.
ſetzt; das bloſſe Urtheil der Nothwendigkeit hat ſich da-
mit zum Urtheil des Begriffs erhoben.
D.
Das Urtheil des Begriffs.
Urtheile des Daſeyns faͤllen zu wiſſen:
die Roſe iſt roth, der Schnee iſt weiß u. ſ. f.
wird ſchwerlich dafuͤr gelten, daß es groſſe Urtheils-
kraft zeige. Die Urtheile der Reflexion ſind mehr
Saͤtze; in dem Urtheile der Nothwendigkeit iſt der Ge-
genſtand zwar in ſeiner objectiven Allgemeinheit, aber
erſt im jetzt zu betrachtenden Urtheil iſt ſeine Bezie-
hung auf den Begriff vorhanden. Dieſer iſt
darin zu Grund gelegt, und da er in Beziehung auf den
Gegenſtand iſt, als ein Sollen, dem die Realitaͤt
angemeſſen ſeyn kann oder auch nicht. — Solches Ur-
theil enthaͤlt daher erſt eine wahrhafte Beurtheilung;
die Praͤdicate gut, ſchlecht, wahr, ſchoͤn, rich-
tig u. ſ. f. druͤcken aus, daß die Sache an ihrem all-
gemeinen Begriffe, als dem ſchlechthin vorausgeſetz-
ten Sollen gemeſſen, und in Uebereinſtim-
mung mit demſelben iſt, oder nicht.
Man hat das Urtheil des Begriffs Urtheil der
Modalitaͤt genannt, und ſieht es dafuͤr an, daß es
die Form enthalte, wie die Beziehung des Subjects und
Praͤdicats ſich in einem aͤuſſerlichen Verſtande
verhalte, und daß es den Werth der Copula nur in Be-
ziehung auf das Denken angehe. Das proble-
matiſche Urtheil beſtehe hienach darin, wenn man das
Bejahen oder Verneinen als beliebig oder als moͤg-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/140>, abgerufen am 22.02.2025.
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