gesetzt sind. -- Oder es muß das Urtheil seiner Form und seinem Inhalte nach noch unterschieden werden, weil eben Subject und Prädicat noch als Unmittelbar- keit und Vermitteltes unterschieden sind, oder weil das Urtheil nach seiner Beziehung beydes ist: Selbstständig- keit der Bezogenen, und ihre Wechselbestimmung, oder Vermittlung.
Das Urtheil also erstens nach seiner Form be- trachtet, heißt es:
Das Einzelne ist allgemein. Vielmehr aber ist ein solches unmittelbares Einzelnes nicht allgemein; sein Prädicat ist von weiterem Umfang, es entspricht ihm also nicht. Das Subject ist ein unmittelbar für sich seyendes, und daher das Gegentheil jener Abstraction, der durch Vermitt- lung gesetzten Allgemeinheit, die von ihm ausgesagt werden sollte.
Zweytens das Urtheil nach seinem Inhalt betrachtet oder als der Satz: Das Allgemeine ist einzeln, so ist das Subject ein Allgemeines von Qua- litäten, ein Concretes, das unendlich bestimmt ist, und indem seine Bestimmtheiten nur erst Qualitäten, Eigen- schaften oder Accidenzen sind, so ist seine Totalität die schlecht unendliche Vielheit derselben. Ein sol- ches Subject ist daher vielmehr nicht eine einzelne solche Eigenschaft, als sein Prädicat aussagt. Beyde Sätze müssen daher verneint werden, und das posi- tive Urtheil vielmehr als negatives gesetzt werden.
b. Negatives Urtheil.
1. Es ist schon oben von der gewöhnlichen Vorstel- lung die Rede gewesen, daß es nur vom Inhalte des
Ur-
II.Kapitel. Das Urtheil.
geſetzt ſind. — Oder es muß das Urtheil ſeiner Form und ſeinem Inhalte nach noch unterſchieden werden, weil eben Subject und Praͤdicat noch als Unmittelbar- keit und Vermitteltes unterſchieden ſind, oder weil das Urtheil nach ſeiner Beziehung beydes iſt: Selbſtſtaͤndig- keit der Bezogenen, und ihre Wechſelbeſtimmung, oder Vermittlung.
Das Urtheil alſo erſtens nach ſeiner Form be- trachtet, heißt es:
Das Einzelne iſt allgemein. Vielmehr aber iſt ein ſolches unmittelbares Einzelnes nicht allgemein; ſein Praͤdicat iſt von weiterem Umfang, es entſpricht ihm alſo nicht. Das Subject iſt ein unmittelbar fuͤr ſich ſeyendes, und daher das Gegentheil jener Abſtraction, der durch Vermitt- lung geſetzten Allgemeinheit, die von ihm ausgeſagt werden ſollte.
Zweytens das Urtheil nach ſeinem Inhalt betrachtet oder als der Satz: Das Allgemeine iſt einzeln, ſo iſt das Subject ein Allgemeines von Qua- litaͤten, ein Concretes, das unendlich beſtimmt iſt, und indem ſeine Beſtimmtheiten nur erſt Qualitaͤten, Eigen- ſchaften oder Accidenzen ſind, ſo iſt ſeine Totalitaͤt die ſchlecht unendliche Vielheit derſelben. Ein ſol- ches Subject iſt daher vielmehr nicht eine einzelne ſolche Eigenſchaft, als ſein Praͤdicat ausſagt. Beyde Saͤtze muͤſſen daher verneint werden, und das poſi- tive Urtheil vielmehr als negatives geſetzt werden.
b. Negatives Urtheil.
1. Es iſt ſchon oben von der gewoͤhnlichen Vorſtel- lung die Rede geweſen, daß es nur vom Inhalte des
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II. Kapitel. Das Urtheil.
geſetzt ſind. — Oder es muß das Urtheil ſeiner Form
und ſeinem Inhalte nach noch unterſchieden werden,
weil eben Subject und Praͤdicat noch als Unmittelbar-
keit und Vermitteltes unterſchieden ſind, oder weil das
Urtheil nach ſeiner Beziehung beydes iſt: Selbſtſtaͤndig-
keit der Bezogenen, und ihre Wechſelbeſtimmung, oder
Vermittlung.
Das Urtheil alſo erſtens nach ſeiner Form be-
trachtet, heißt es:
Das Einzelne iſt allgemein. Vielmehr
aber iſt ein ſolches unmittelbares Einzelnes nicht
allgemein; ſein Praͤdicat iſt von weiterem Umfang,
es entſpricht ihm alſo nicht. Das Subject iſt ein
unmittelbar fuͤr ſich ſeyendes, und daher das
Gegentheil jener Abſtraction, der durch Vermitt-
lung geſetzten Allgemeinheit, die von ihm ausgeſagt
werden ſollte.
Zweytens das Urtheil nach ſeinem Inhalt
betrachtet oder als der Satz: Das Allgemeine iſt
einzeln, ſo iſt das Subject ein Allgemeines von Qua-
litaͤten, ein Concretes, das unendlich beſtimmt iſt, und
indem ſeine Beſtimmtheiten nur erſt Qualitaͤten, Eigen-
ſchaften oder Accidenzen ſind, ſo iſt ſeine Totalitaͤt die
ſchlecht unendliche Vielheit derſelben. Ein ſol-
ches Subject iſt daher vielmehr nicht eine einzelne
ſolche Eigenſchaft, als ſein Praͤdicat ausſagt. Beyde
Saͤtze muͤſſen daher verneint werden, und das poſi-
tive Urtheil vielmehr als negatives geſetzt werden.
b.
Negatives Urtheil.
1. Es iſt ſchon oben von der gewoͤhnlichen Vorſtel-
lung die Rede geweſen, daß es nur vom Inhalte des
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 2. Nürnberg, 1816, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik02_1816/107>, abgerufen am 03.03.2025.
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