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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

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Zweytes Buch. I. Abschnitt.
Pflanze? die Antwort gegeben wird: eine Pflanze
ist -- eine Pflanze
, so wird die Wahrheit ei-
nes solchen Satzes, von der ganzen Gesellschaft, an
der sie erprobt wird, zugleich zugegeben, und zu-
gleich eben so einstimmig gesagt werden, daß da-
mit Nichts gesagt ist. Wenn einer den Mund
aufthut, und anzugeben verspricht, was Gott sey,
nemlich Gott sey -- Gott, so findet sich die Erwar-
tung getäuscht, denn sie sah einer verschiedenen
Bestimmung
entgegen; und wenn dieser Satz ab-
solute Wahrheit ist, wird solche absolute Rednerey
sehr gering geachtet; es wird nichts für langweiliger und
lästiger gehalten werden, als eine nur dasselbe wieder-
käuende Unterhaltung, als solches Reden, das doch
Wahrheit seyn soll.

Näher diese Wirkung der Langeweile bey solcher
Wahrheit betrachtet, so macht der Anfang: die Pflan-
ze ist
--, Anstalten etwas zu sagen, eine weitere
Bestimmung vorzubringen. Indem aber nur dasselbe
wiederkehrt, so ist vielmehr das Gegentheil geschehen,
es ist Nichts herausgekommen. Solches identische
Reden widerspricht sich also selbst. Die Identi-
tät, statt an ihr die Wahrheit und absolute Wahrheit zu
seyn, ist daher vielmehr das Gegentheil; statt das un-
bewegte Einfache zu seyn, ist sie das Hinausgehen über
sich in die Auflösung ihrer selbst.

Es liegt also in der Form des Satzes, in der
die Identität ausgedrückt ist, mehr als die einfache,
abstracte Identität; es liegt diese reine Bewegung der
Reflexion darin, in der das Andre nur als Schein, als
unmittelbares Verschwinden auftritt; A ist, ist ein Be-
ginnen, dem ein Verschiedenes vorschwebt, zu dem hin-
ausgegangen werde; aber es kommt nicht zu dem Ver-

schie-

Zweytes Buch. I. Abſchnitt.
Pflanze? die Antwort gegeben wird: eine Pflanze
iſt — eine Pflanze
, ſo wird die Wahrheit ei-
nes ſolchen Satzes, von der ganzen Geſellſchaft, an
der ſie erprobt wird, zugleich zugegeben, und zu-
gleich eben ſo einſtimmig geſagt werden, daß da-
mit Nichts geſagt iſt. Wenn einer den Mund
aufthut, und anzugeben verſpricht, was Gott ſey,
nemlich Gott ſey — Gott, ſo findet ſich die Erwar-
tung getaͤuſcht, denn ſie ſah einer verſchiedenen
Beſtimmung
entgegen; und wenn dieſer Satz ab-
ſolute Wahrheit iſt, wird ſolche abſolute Rednerey
ſehr gering geachtet; es wird nichts fuͤr langweiliger und
laͤſtiger gehalten werden, als eine nur daſſelbe wieder-
kaͤuende Unterhaltung, als ſolches Reden, das doch
Wahrheit ſeyn ſoll.

Naͤher dieſe Wirkung der Langeweile bey ſolcher
Wahrheit betrachtet, ſo macht der Anfang: die Pflan-
ze iſt
—, Anſtalten etwas zu ſagen, eine weitere
Beſtimmung vorzubringen. Indem aber nur daſſelbe
wiederkehrt, ſo iſt vielmehr das Gegentheil geſchehen,
es iſt Nichts herausgekommen. Solches identiſche
Reden widerſpricht ſich alſo ſelbſt. Die Identi-
taͤt, ſtatt an ihr die Wahrheit und abſolute Wahrheit zu
ſeyn, iſt daher vielmehr das Gegentheil; ſtatt das un-
bewegte Einfache zu ſeyn, iſt ſie das Hinausgehen uͤber
ſich in die Aufloͤſung ihrer ſelbſt.

Es liegt alſo in der Form des Satzes, in der
die Identitaͤt ausgedruͤckt iſt, mehr als die einfache,
abſtracte Identitaͤt; es liegt dieſe reine Bewegung der
Reflexion darin, in der das Andre nur als Schein, als
unmittelbares Verſchwinden auftritt; A iſt, iſt ein Be-
ginnen, dem ein Verſchiedenes vorſchwebt, zu dem hin-
ausgegangen werde; aber es kommt nicht zu dem Ver-

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[40/0052] Zweytes Buch. I. Abſchnitt. Pflanze? die Antwort gegeben wird: eine Pflanze iſt — eine Pflanze, ſo wird die Wahrheit ei- nes ſolchen Satzes, von der ganzen Geſellſchaft, an der ſie erprobt wird, zugleich zugegeben, und zu- gleich eben ſo einſtimmig geſagt werden, daß da- mit Nichts geſagt iſt. Wenn einer den Mund aufthut, und anzugeben verſpricht, was Gott ſey, nemlich Gott ſey — Gott, ſo findet ſich die Erwar- tung getaͤuſcht, denn ſie ſah einer verſchiedenen Beſtimmung entgegen; und wenn dieſer Satz ab- ſolute Wahrheit iſt, wird ſolche abſolute Rednerey ſehr gering geachtet; es wird nichts fuͤr langweiliger und laͤſtiger gehalten werden, als eine nur daſſelbe wieder- kaͤuende Unterhaltung, als ſolches Reden, das doch Wahrheit ſeyn ſoll. Naͤher dieſe Wirkung der Langeweile bey ſolcher Wahrheit betrachtet, ſo macht der Anfang: die Pflan- ze iſt —, Anſtalten etwas zu ſagen, eine weitere Beſtimmung vorzubringen. Indem aber nur daſſelbe wiederkehrt, ſo iſt vielmehr das Gegentheil geſchehen, es iſt Nichts herausgekommen. Solches identiſche Reden widerſpricht ſich alſo ſelbſt. Die Identi- taͤt, ſtatt an ihr die Wahrheit und abſolute Wahrheit zu ſeyn, iſt daher vielmehr das Gegentheil; ſtatt das un- bewegte Einfache zu ſeyn, iſt ſie das Hinausgehen uͤber ſich in die Aufloͤſung ihrer ſelbſt. Es liegt alſo in der Form des Satzes, in der die Identitaͤt ausgedruͤckt iſt, mehr als die einfache, abſtracte Identitaͤt; es liegt dieſe reine Bewegung der Reflexion darin, in der das Andre nur als Schein, als unmittelbares Verſchwinden auftritt; A iſt, iſt ein Be- ginnen, dem ein Verſchiedenes vorſchwebt, zu dem hin- ausgegangen werde; aber es kommt nicht zu dem Ver- ſchie-

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 40. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/52>, abgerufen am 22.11.2024.