So sind die Theile gleichfalls das ganze Verhält- niß. Sie sind die unmittelbare Selbstständigkeit gegen die reflectirte, und bestehen nicht im Ganzen, sondern sind für sich. Sie haben ferner diß Ganze als ihr Mo- ment an ihnen; es macht ihre Beziehung aus; ohne Ganzes gibt es keine Theile. Aber weil sie das Selbst- ständige sind, so ist diese Beziehung nur ein äusserliches Moment, gegen welches sie an und für sich gleichgültig sind. Zugleich aber fallen die Theile als mannichfaltige Existenz in sich selbst zusammen, denn diese ist das re- flexionslose Seyn; sie haben ihre Selbstständigkeit nur in der reflectirten Einheit, welche sowohl diese Einheit als auch die existirende Mannichfaltigkeit ist; das heißt, sie haben Selbstständigkeit nur im Ganzen, das aber zugleich die den Theilen andere Selbstständigkeit ist.
Das Ganze und die Theile bedingen sich daher gegenseitig; aber das hier betrachtete Verhältniß, steht zugleich höher, als die Beziehung des Bedingten und der Bedingung auf einander, wie sie sich oben bestimmt hatte. Diese Beziehung ist hier realisirt; nemlich es ist gesetzt, daß die Bedingung so die we- sentliche Selbstständigkeit des Bedingten ist, daß sie durch dieses vorausgesetzt wird. Die Bedingung als sol- che ist nur das Unmittelbare, und nur an sich vor- ausgesetzt. Das Ganze aber ist die Bedingung zwar der Theile, aber es enthält zugleich unmittelbar selbst, daß auch es nur ist, insofern es die Theile zur Voraus- setzung hat. Indem so beyde Seiten des Verhältnisses gesetzt sind als sich gegenseitig bedingend, ist jede eine unmittelbare Selbstständigkeit an ihr selbst, aber ihre Selbstständigkeit ist eben so sehr vermittelt oder gesetzt durch die andere. Das ganze Verhältniß ist durch diese Gegenseitigkeit die Rükkehr des Bedingens in sich selbst, das nicht relative, das Unbedingte.
Indem
Die Erſcheinung.
So ſind die Theile gleichfalls das ganze Verhaͤlt- niß. Sie ſind die unmittelbare Selbſtſtaͤndigkeit gegen die reflectirte, und beſtehen nicht im Ganzen, ſondern ſind fuͤr ſich. Sie haben ferner diß Ganze als ihr Mo- ment an ihnen; es macht ihre Beziehung aus; ohne Ganzes gibt es keine Theile. Aber weil ſie das Selbſt- ſtaͤndige ſind, ſo iſt dieſe Beziehung nur ein aͤuſſerliches Moment, gegen welches ſie an und fuͤr ſich gleichguͤltig ſind. Zugleich aber fallen die Theile als mannichfaltige Exiſtenz in ſich ſelbſt zuſammen, denn dieſe iſt das re- flexionsloſe Seyn; ſie haben ihre Selbſtſtaͤndigkeit nur in der reflectirten Einheit, welche ſowohl dieſe Einheit als auch die exiſtirende Mannichfaltigkeit iſt; das heißt, ſie haben Selbſtſtaͤndigkeit nur im Ganzen, das aber zugleich die den Theilen andere Selbſtſtaͤndigkeit iſt.
Das Ganze und die Theile bedingen ſich daher gegenſeitig; aber das hier betrachtete Verhaͤltniß, ſteht zugleich hoͤher, als die Beziehung des Bedingten und der Bedingung auf einander, wie ſie ſich oben beſtimmt hatte. Dieſe Beziehung iſt hier realiſirt; nemlich es iſt geſetzt, daß die Bedingung ſo die we- ſentliche Selbſtſtaͤndigkeit des Bedingten iſt, daß ſie durch dieſes vorausgeſetzt wird. Die Bedingung als ſol- che iſt nur das Unmittelbare, und nur an ſich vor- ausgeſetzt. Das Ganze aber iſt die Bedingung zwar der Theile, aber es enthaͤlt zugleich unmittelbar ſelbſt, daß auch es nur iſt, inſofern es die Theile zur Voraus- ſetzung hat. Indem ſo beyde Seiten des Verhaͤltniſſes geſetzt ſind als ſich gegenſeitig bedingend, iſt jede eine unmittelbare Selbſtſtaͤndigkeit an ihr ſelbſt, aber ihre Selbſtſtaͤndigkeit iſt eben ſo ſehr vermittelt oder geſetzt durch die andere. Das ganze Verhaͤltniß iſt durch dieſe Gegenſeitigkeit die Ruͤkkehr des Bedingens in ſich ſelbſt, das nicht relative, das Unbedingte.
Indem
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><divn="4"><divn="5"><pbfacs="#f0203"n="191"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#g">Die Erſcheinung</hi>.</fw><lb/><p>So ſind die Theile gleichfalls das ganze Verhaͤlt-<lb/>
niß. Sie ſind die unmittelbare Selbſtſtaͤndigkeit <hirendition="#g">gegen</hi><lb/>
die reflectirte, und beſtehen nicht im Ganzen, ſondern<lb/>ſind fuͤr ſich. Sie haben ferner diß Ganze als ihr Mo-<lb/>
ment an ihnen; es macht ihre Beziehung aus; ohne<lb/>
Ganzes gibt es keine Theile. Aber weil ſie das Selbſt-<lb/>ſtaͤndige ſind, ſo iſt dieſe Beziehung nur ein aͤuſſerliches<lb/>
Moment, gegen welches ſie an und fuͤr ſich gleichguͤltig<lb/>ſind. Zugleich aber fallen die Theile als mannichfaltige<lb/>
Exiſtenz in ſich ſelbſt zuſammen, denn dieſe iſt das re-<lb/>
flexionsloſe Seyn; ſie haben ihre Selbſtſtaͤndigkeit nur<lb/>
in der reflectirten Einheit, welche ſowohl dieſe Einheit<lb/>
als auch die exiſtirende Mannichfaltigkeit iſt; das heißt,<lb/>ſie haben Selbſtſtaͤndigkeit nur <hirendition="#g">im Ganzen</hi>, das aber<lb/>
zugleich die den Theilen <hirendition="#g">andere</hi> Selbſtſtaͤndigkeit iſt.</p><lb/><p>Das Ganze und die Theile <hirendition="#g">bedingen</hi>ſich daher<lb/>
gegenſeitig; aber das hier betrachtete Verhaͤltniß, ſteht<lb/>
zugleich hoͤher, als die Beziehung <hirendition="#g">des Bedingten</hi><lb/>
und <hirendition="#g">der Bedingung</hi> auf einander, wie ſie ſich oben<lb/>
beſtimmt hatte. Dieſe Beziehung iſt hier <hirendition="#g">realiſirt</hi>;<lb/>
nemlich es iſt <hirendition="#g">geſetzt</hi>, daß die Bedingung ſo die we-<lb/>ſentliche Selbſtſtaͤndigkeit des Bedingten iſt, daß ſie durch<lb/>
dieſes <hirendition="#g">vorausgeſetzt</hi> wird. Die Bedingung als ſol-<lb/>
che iſt nur das <hirendition="#g">Unmittelbare</hi>, und nur <hirendition="#g">an ſich</hi> vor-<lb/>
aus<hirendition="#g">geſetzt</hi>. Das Ganze aber iſt die Bedingung zwar<lb/>
der Theile, aber es enthaͤlt zugleich unmittelbar ſelbſt,<lb/>
daß auch es nur iſt, inſofern es die Theile zur Voraus-<lb/>ſetzung hat. Indem ſo beyde Seiten des Verhaͤltniſſes<lb/>
geſetzt ſind als ſich gegenſeitig bedingend, iſt jede eine<lb/>
unmittelbare Selbſtſtaͤndigkeit an ihr ſelbſt, aber ihre<lb/>
Selbſtſtaͤndigkeit iſt eben ſo ſehr vermittelt oder geſetzt<lb/>
durch die andere. Das <hirendition="#g">ganze Verhaͤltniß</hi> iſt durch<lb/>
dieſe Gegenſeitigkeit die Ruͤkkehr des Bedingens in ſich<lb/>ſelbſt, das nicht relative, das <hirendition="#g">Unbedingte</hi>.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">Indem</fw><lb/></div></div></div></div></div></body></text></TEI>
[191/0203]
Die Erſcheinung.
So ſind die Theile gleichfalls das ganze Verhaͤlt-
niß. Sie ſind die unmittelbare Selbſtſtaͤndigkeit gegen
die reflectirte, und beſtehen nicht im Ganzen, ſondern
ſind fuͤr ſich. Sie haben ferner diß Ganze als ihr Mo-
ment an ihnen; es macht ihre Beziehung aus; ohne
Ganzes gibt es keine Theile. Aber weil ſie das Selbſt-
ſtaͤndige ſind, ſo iſt dieſe Beziehung nur ein aͤuſſerliches
Moment, gegen welches ſie an und fuͤr ſich gleichguͤltig
ſind. Zugleich aber fallen die Theile als mannichfaltige
Exiſtenz in ſich ſelbſt zuſammen, denn dieſe iſt das re-
flexionsloſe Seyn; ſie haben ihre Selbſtſtaͤndigkeit nur
in der reflectirten Einheit, welche ſowohl dieſe Einheit
als auch die exiſtirende Mannichfaltigkeit iſt; das heißt,
ſie haben Selbſtſtaͤndigkeit nur im Ganzen, das aber
zugleich die den Theilen andere Selbſtſtaͤndigkeit iſt.
Das Ganze und die Theile bedingen ſich daher
gegenſeitig; aber das hier betrachtete Verhaͤltniß, ſteht
zugleich hoͤher, als die Beziehung des Bedingten
und der Bedingung auf einander, wie ſie ſich oben
beſtimmt hatte. Dieſe Beziehung iſt hier realiſirt;
nemlich es iſt geſetzt, daß die Bedingung ſo die we-
ſentliche Selbſtſtaͤndigkeit des Bedingten iſt, daß ſie durch
dieſes vorausgeſetzt wird. Die Bedingung als ſol-
che iſt nur das Unmittelbare, und nur an ſich vor-
ausgeſetzt. Das Ganze aber iſt die Bedingung zwar
der Theile, aber es enthaͤlt zugleich unmittelbar ſelbſt,
daß auch es nur iſt, inſofern es die Theile zur Voraus-
ſetzung hat. Indem ſo beyde Seiten des Verhaͤltniſſes
geſetzt ſind als ſich gegenſeitig bedingend, iſt jede eine
unmittelbare Selbſtſtaͤndigkeit an ihr ſelbſt, aber ihre
Selbſtſtaͤndigkeit iſt eben ſo ſehr vermittelt oder geſetzt
durch die andere. Das ganze Verhaͤltniß iſt durch
dieſe Gegenſeitigkeit die Ruͤkkehr des Bedingens in ſich
ſelbſt, das nicht relative, das Unbedingte.
Indem
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/203>, abgerufen am 16.07.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.