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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

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Die Erscheinung.
mehr eine solche nur gleichgültige, zufällige Inhaltsbe-
stimmung; sondern sein Inhalt ist alle Bestimmtheit über-
haupt, in wesentlicher sich zur Totalität machenden Be-
ziehung. So ist die in sich reflectirte Erscheinung nun
eine Welt, die sich als an und für sich seyende
über der erscheinenden Welt aufthut.

Das Reich der Gesetze enthält nur den einfachen,
wandellosen aber verschiedenen Inhalt der existirenden
Welt. Indem es nun aber die totale Reflexion von die-
ser ist, enthält es auch das Moment ihrer wesenlosen
Mannichfaltigkeit. Dieses Moment der Veränderlichkeit
und Veränderung als in sich reflectirtes, wesentliches,
ist die absolute Negativität oder die Form überhaupt als
solche, deren Momente aber in der an- und für-sich-
seyenden Welt die Realität selbstständiger, aber reflectir-
ter Existenz haben; so wie umgekehrt diese reflectirte
Selbstständigkeit nunmehr die Form an ihr selbst hat,
und dadurch ihr Inhalt nicht ein bloß mannichfaltiger,
sondern ein wesentlich mit sich zusammenhängender ist.

-- Diese an und für sich seyende Welt heißt auch die
übersinnliche Welt; insofern die existirende Welt
als sinnliche, nemlich als solche bestimmt wird, die
für die Anschauung, das unmittelbare Verhalten des Be-
wußtseyns, ist. -- Die übersinnliche Welt hat gleichfalls
Unmittelbarkeit, Existenz, aber reflectirte, wesentliche
Existenz. Das Wesen hat noch kein Daseyn; aber es
ist, und in tieferem Sinne, als das Seyn; das Ding
ist der Beginn der reflectirten Existenz; es ist eine Un-
mittelbarkeit, die noch nicht gesetzt ist, als wesentliche
oder reflectirte; es ist aber in Wahrheit nicht ein seyen-
des
Unmittelbares. Die Dinge erst, als Dinge einer
andern, übersinnlichen Welt sind gesetzt, erstens als
wahrhafte Existenzen, und zweytens als das Wahre ge-

gen
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Die Erſcheinung.
mehr eine ſolche nur gleichguͤltige, zufaͤllige Inhaltsbe-
ſtimmung; ſondern ſein Inhalt iſt alle Beſtimmtheit uͤber-
haupt, in weſentlicher ſich zur Totalitaͤt machenden Be-
ziehung. So iſt die in ſich reflectirte Erſcheinung nun
eine Welt, die ſich als an und fuͤr ſich ſeyende
uͤber der erſcheinenden Welt aufthut.

Das Reich der Geſetze enthaͤlt nur den einfachen,
wandelloſen aber verſchiedenen Inhalt der exiſtirenden
Welt. Indem es nun aber die totale Reflexion von die-
ſer iſt, enthaͤlt es auch das Moment ihrer weſenloſen
Mannichfaltigkeit. Dieſes Moment der Veraͤnderlichkeit
und Veraͤnderung als in ſich reflectirtes, weſentliches,
iſt die abſolute Negativitaͤt oder die Form uͤberhaupt als
ſolche, deren Momente aber in der an- und fuͤr-ſich-
ſeyenden Welt die Realitaͤt ſelbſtſtaͤndiger, aber reflectir-
ter Exiſtenz haben; ſo wie umgekehrt dieſe reflectirte
Selbſtſtaͤndigkeit nunmehr die Form an ihr ſelbſt hat,
und dadurch ihr Inhalt nicht ein bloß mannichfaltiger,
ſondern ein weſentlich mit ſich zuſammenhaͤngender iſt.

— Dieſe an und fuͤr ſich ſeyende Welt heißt auch die
uͤberſinnliche Welt; inſofern die exiſtirende Welt
als ſinnliche, nemlich als ſolche beſtimmt wird, die
fuͤr die Anſchauung, das unmittelbare Verhalten des Be-
wußtſeyns, iſt. — Die uͤberſinnliche Welt hat gleichfalls
Unmittelbarkeit, Exiſtenz, aber reflectirte, weſentliche
Exiſtenz. Das Weſen hat noch kein Daſeyn; aber es
iſt, und in tieferem Sinne, als das Seyn; das Ding
iſt der Beginn der reflectirten Exiſtenz; es iſt eine Un-
mittelbarkeit, die noch nicht geſetzt iſt, als weſentliche
oder reflectirte; es iſt aber in Wahrheit nicht ein ſeyen-
des
Unmittelbares. Die Dinge erſt, als Dinge einer
andern, uͤberſinnlichen Welt ſind geſetzt, erſtens als
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[179/0191] Die Erſcheinung. mehr eine ſolche nur gleichguͤltige, zufaͤllige Inhaltsbe- ſtimmung; ſondern ſein Inhalt iſt alle Beſtimmtheit uͤber- haupt, in weſentlicher ſich zur Totalitaͤt machenden Be- ziehung. So iſt die in ſich reflectirte Erſcheinung nun eine Welt, die ſich als an und fuͤr ſich ſeyende uͤber der erſcheinenden Welt aufthut. Das Reich der Geſetze enthaͤlt nur den einfachen, wandelloſen aber verſchiedenen Inhalt der exiſtirenden Welt. Indem es nun aber die totale Reflexion von die- ſer iſt, enthaͤlt es auch das Moment ihrer weſenloſen Mannichfaltigkeit. Dieſes Moment der Veraͤnderlichkeit und Veraͤnderung als in ſich reflectirtes, weſentliches, iſt die abſolute Negativitaͤt oder die Form uͤberhaupt als ſolche, deren Momente aber in der an- und fuͤr-ſich- ſeyenden Welt die Realitaͤt ſelbſtſtaͤndiger, aber reflectir- ter Exiſtenz haben; ſo wie umgekehrt dieſe reflectirte Selbſtſtaͤndigkeit nunmehr die Form an ihr ſelbſt hat, und dadurch ihr Inhalt nicht ein bloß mannichfaltiger, ſondern ein weſentlich mit ſich zuſammenhaͤngender iſt. — Dieſe an und fuͤr ſich ſeyende Welt heißt auch die uͤberſinnliche Welt; inſofern die exiſtirende Welt als ſinnliche, nemlich als ſolche beſtimmt wird, die fuͤr die Anſchauung, das unmittelbare Verhalten des Be- wußtſeyns, iſt. — Die uͤberſinnliche Welt hat gleichfalls Unmittelbarkeit, Exiſtenz, aber reflectirte, weſentliche Exiſtenz. Das Weſen hat noch kein Daſeyn; aber es iſt, und in tieferem Sinne, als das Seyn; das Ding iſt der Beginn der reflectirten Exiſtenz; es iſt eine Un- mittelbarkeit, die noch nicht geſetzt iſt, als weſentliche oder reflectirte; es iſt aber in Wahrheit nicht ein ſeyen- des Unmittelbares. Die Dinge erſt, als Dinge einer andern, uͤberſinnlichen Welt ſind geſetzt, erſtens als wahrhafte Exiſtenzen, und zweytens als das Wahre ge- gen M 2

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/191>, abgerufen am 23.11.2024.