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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813.

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Zweytes Buch. II. Abschnitt.
ver Grund des Daseyns Gottes seyn; denn dieses ist an
und für sich selbst. So ist er bloß ein Grund für
die Erkenntniß.
Damit gibt er sich zugleich für ein
solches aus, das in dem Gegenstande, der zunächst als
begründet dadurch erscheint, verschwindet. Der
Grund nun, der von der Zufälligkeit der Welt herge-
nommen ist, enthält den Rükgang derselben in das ab-
solute Wesen; denn das Zufällige ist das an sich selbst
grundlose, und sich aufhebende. Das absolute We-
sen geht somit in dieser Weise in der That aus dem
Grundlosen hervor; der Grund hebt sich selbst auf, so-
mit verschwindet auch der Schein des Verhältnisses, das
Gott gegeben wurde, ein in einem andern Begründetes
zu seyn. Diese Vermittlung ist hiemit die wahrhafte.
Allein jene beweisende Reflexion kennt diese Natur ihrer
Vermittlung nicht; sie nimmt sich einerseits für ein bloß
subjectives, und entfernt hiemit ihre Vermittlung von
Gott selbst, anderntheils aber erkennt sie deßwegen nicht
die vermittelnde Bewegung, daß und wie sie im We-
sen selbst
ist. Ihr wahrhaftes Verhältniß besteht
darin, daß sie beydes in einem ist, die Vermittlung als
solche, aber zugleich allerdings eine subjective, äusserliche
nemlich die sich äusserliche Vermittlung, welche sich
an ihr selbst wieder aufhebt.
In jener Dar-
stellung aber erhält die Existenz das schiefe Verhältniß,
nur als vermitteltes oder gesetztes zu erscheinen.

So kann auf der andern Seite die Existenz auch
nicht bloß als Unmittelbares betrachtet werden.
In der Bestimmung einer Unmittelbarkeit genommen, ist
das Auffassen der Existenz Gottes, für etwas unbeweis-
bares, und das Wissen von ihr als ein nur unmittelba-
res Bewußtseyn, als ein Glauben ausgedrükt wor-
den. Das Wissen soll zu diesem Resultate kommen, daß
es Nichts weiß, das heißt, daß es seine vermit-

telnde

Zweytes Buch. II. Abſchnitt.
ver Grund des Daſeyns Gottes ſeyn; denn dieſes iſt an
und fuͤr ſich ſelbſt. So iſt er bloß ein Grund fuͤr
die Erkenntniß.
Damit gibt er ſich zugleich fuͤr ein
ſolches aus, das in dem Gegenſtande, der zunaͤchſt als
begruͤndet dadurch erſcheint, verſchwindet. Der
Grund nun, der von der Zufaͤlligkeit der Welt herge-
nommen iſt, enthaͤlt den Ruͤkgang derſelben in das ab-
ſolute Weſen; denn das Zufaͤllige iſt das an ſich ſelbſt
grundloſe, und ſich aufhebende. Das abſolute We-
ſen geht ſomit in dieſer Weiſe in der That aus dem
Grundloſen hervor; der Grund hebt ſich ſelbſt auf, ſo-
mit verſchwindet auch der Schein des Verhaͤltniſſes, das
Gott gegeben wurde, ein in einem andern Begruͤndetes
zu ſeyn. Dieſe Vermittlung iſt hiemit die wahrhafte.
Allein jene beweiſende Reflexion kennt dieſe Natur ihrer
Vermittlung nicht; ſie nimmt ſich einerſeits fuͤr ein bloß
ſubjectives, und entfernt hiemit ihre Vermittlung von
Gott ſelbſt, anderntheils aber erkennt ſie deßwegen nicht
die vermittelnde Bewegung, daß und wie ſie im We-
ſen ſelbſt
iſt. Ihr wahrhaftes Verhaͤltniß beſteht
darin, daß ſie beydes in einem iſt, die Vermittlung als
ſolche, aber zugleich allerdings eine ſubjective, aͤuſſerliche
nemlich die ſich aͤuſſerliche Vermittlung, welche ſich
an ihr ſelbſt wieder aufhebt.
In jener Dar-
ſtellung aber erhaͤlt die Exiſtenz das ſchiefe Verhaͤltniß,
nur als vermitteltes oder geſetztes zu erſcheinen.

So kann auf der andern Seite die Exiſtenz auch
nicht bloß als Unmittelbares betrachtet werden.
In der Beſtimmung einer Unmittelbarkeit genommen, iſt
das Auffaſſen der Exiſtenz Gottes, fuͤr etwas unbeweis-
bares, und das Wiſſen von ihr als ein nur unmittelba-
res Bewußtſeyn, als ein Glauben ausgedruͤkt wor-
den. Das Wiſſen ſoll zu dieſem Reſultate kommen, daß
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telnde
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[140/0152] Zweytes Buch. II. Abſchnitt. ver Grund des Daſeyns Gottes ſeyn; denn dieſes iſt an und fuͤr ſich ſelbſt. So iſt er bloß ein Grund fuͤr die Erkenntniß. Damit gibt er ſich zugleich fuͤr ein ſolches aus, das in dem Gegenſtande, der zunaͤchſt als begruͤndet dadurch erſcheint, verſchwindet. Der Grund nun, der von der Zufaͤlligkeit der Welt herge- nommen iſt, enthaͤlt den Ruͤkgang derſelben in das ab- ſolute Weſen; denn das Zufaͤllige iſt das an ſich ſelbſt grundloſe, und ſich aufhebende. Das abſolute We- ſen geht ſomit in dieſer Weiſe in der That aus dem Grundloſen hervor; der Grund hebt ſich ſelbſt auf, ſo- mit verſchwindet auch der Schein des Verhaͤltniſſes, das Gott gegeben wurde, ein in einem andern Begruͤndetes zu ſeyn. Dieſe Vermittlung iſt hiemit die wahrhafte. Allein jene beweiſende Reflexion kennt dieſe Natur ihrer Vermittlung nicht; ſie nimmt ſich einerſeits fuͤr ein bloß ſubjectives, und entfernt hiemit ihre Vermittlung von Gott ſelbſt, anderntheils aber erkennt ſie deßwegen nicht die vermittelnde Bewegung, daß und wie ſie im We- ſen ſelbſt iſt. Ihr wahrhaftes Verhaͤltniß beſteht darin, daß ſie beydes in einem iſt, die Vermittlung als ſolche, aber zugleich allerdings eine ſubjective, aͤuſſerliche nemlich die ſich aͤuſſerliche Vermittlung, welche ſich an ihr ſelbſt wieder aufhebt. In jener Dar- ſtellung aber erhaͤlt die Exiſtenz das ſchiefe Verhaͤltniß, nur als vermitteltes oder geſetztes zu erſcheinen. So kann auf der andern Seite die Exiſtenz auch nicht bloß als Unmittelbares betrachtet werden. In der Beſtimmung einer Unmittelbarkeit genommen, iſt das Auffaſſen der Exiſtenz Gottes, fuͤr etwas unbeweis- bares, und das Wiſſen von ihr als ein nur unmittelba- res Bewußtſeyn, als ein Glauben ausgedruͤkt wor- den. Das Wiſſen ſoll zu dieſem Reſultate kommen, daß es Nichts weiß, das heißt, daß es ſeine vermit- telnde

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,2. Nürnberg, 1813, S. 140. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0102_1813/152>, abgerufen am 24.11.2024.