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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Qualität.
sen Satz nahm, so ist doch auch in der unvollkommensten
Vereinigung ein Punkt enthalten, worin Seyn und
Nichts zusammentreffen, und ihre Unterschiedenheit ver-
schwindet.

Wenn das Resultat, daß Seyn und Nichts dasselbe
ist, auffällt oder paradox scheint, so ist hierauf nicht wei-
ter zu achten; es wäre sich vielmehr über jene Verwun-
derung zu verwundern, die sich so neu in der Philosophie
zeigt, und vergißt, daß in dieser Wissenschaft ganz an-
dere Ansichten vorkommen, als im gewöhnlichen Bewußt-
seyn und im sogenannten gemeinen Menschenverstande.
Es wäre nicht schwer, diese Einheit von Seyn und
Nichts, in jedem Beyspiele, in jedem Wirklichen oder
Gedanken aufzuzeigen. Aber diese empirische Erläute-
rung wäre zugleich ganz und gar überflüssig. Da nun-
mehr diese Einheit ein für allemal zu Grunde liegt, und
das Element von allem folgendem ausmacht, so sind aus-
ser dem Werden selbst, alle fernern logischen Bestimmun-
gen: Daseyn, Qualität, überhaupt alle Begriffe der
Philosophie, Beyspiele dieser Einheit.

Die Verwirrung, in welche sich das gewöhnliche
Bewußtseyn bey einem solchen logischen Satze versetzt,
hat darin ihren Grund, daß es dazu Vorstellungen von
einem concreten Etwas mitbringt, und vergißt, daß von
einem solchem nicht die Rede ist, sondern nur von den
reinen Abstractionen des Seyns und Nichts, und daß
diese allein an und für sich festzuhalten sind.

Seyn und Nichtseyn ist dasselbe; also ist es das-
selbe, ob ich bin oder nicht bin, ob dieses Haus ist oder
nicht ist, ob diese hundert Thaler in meinem Vermögens-
zustand sind oder nicht. -- Dieser Schluß, oder die An-
wendung jenes Satzes, verändert seinen Sinn vollkom-

men.

Qualitaͤt.
ſen Satz nahm, ſo iſt doch auch in der unvollkommenſten
Vereinigung ein Punkt enthalten, worin Seyn und
Nichts zuſammentreffen, und ihre Unterſchiedenheit ver-
ſchwindet.

Wenn das Reſultat, daß Seyn und Nichts daſſelbe
iſt, auffaͤllt oder paradox ſcheint, ſo iſt hierauf nicht wei-
ter zu achten; es waͤre ſich vielmehr uͤber jene Verwun-
derung zu verwundern, die ſich ſo neu in der Philoſophie
zeigt, und vergißt, daß in dieſer Wiſſenſchaft ganz an-
dere Anſichten vorkommen, als im gewoͤhnlichen Bewußt-
ſeyn und im ſogenannten gemeinen Menſchenverſtande.
Es waͤre nicht ſchwer, dieſe Einheit von Seyn und
Nichts, in jedem Beyſpiele, in jedem Wirklichen oder
Gedanken aufzuzeigen. Aber dieſe empiriſche Erlaͤute-
rung waͤre zugleich ganz und gar uͤberfluͤſſig. Da nun-
mehr dieſe Einheit ein fuͤr allemal zu Grunde liegt, und
das Element von allem folgendem ausmacht, ſo ſind auſ-
ſer dem Werden ſelbſt, alle fernern logiſchen Beſtimmun-
gen: Daſeyn, Qualitaͤt, uͤberhaupt alle Begriffe der
Philoſophie, Beyſpiele dieſer Einheit.

Die Verwirrung, in welche ſich das gewoͤhnliche
Bewußtſeyn bey einem ſolchen logiſchen Satze verſetzt,
hat darin ihren Grund, daß es dazu Vorſtellungen von
einem concreten Etwas mitbringt, und vergißt, daß von
einem ſolchem nicht die Rede iſt, ſondern nur von den
reinen Abſtractionen des Seyns und Nichts, und daß
dieſe allein an und fuͤr ſich feſtzuhalten ſind.

Seyn und Nichtſeyn iſt daſſelbe; alſo iſt es daſ-
ſelbe, ob ich bin oder nicht bin, ob dieſes Haus iſt oder
nicht iſt, ob dieſe hundert Thaler in meinem Vermoͤgens-
zuſtand ſind oder nicht. — Dieſer Schluß, oder die An-
wendung jenes Satzes, veraͤndert ſeinen Sinn vollkom-

men.
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[25/0073] Qualitaͤt. ſen Satz nahm, ſo iſt doch auch in der unvollkommenſten Vereinigung ein Punkt enthalten, worin Seyn und Nichts zuſammentreffen, und ihre Unterſchiedenheit ver- ſchwindet. Wenn das Reſultat, daß Seyn und Nichts daſſelbe iſt, auffaͤllt oder paradox ſcheint, ſo iſt hierauf nicht wei- ter zu achten; es waͤre ſich vielmehr uͤber jene Verwun- derung zu verwundern, die ſich ſo neu in der Philoſophie zeigt, und vergißt, daß in dieſer Wiſſenſchaft ganz an- dere Anſichten vorkommen, als im gewoͤhnlichen Bewußt- ſeyn und im ſogenannten gemeinen Menſchenverſtande. Es waͤre nicht ſchwer, dieſe Einheit von Seyn und Nichts, in jedem Beyſpiele, in jedem Wirklichen oder Gedanken aufzuzeigen. Aber dieſe empiriſche Erlaͤute- rung waͤre zugleich ganz und gar uͤberfluͤſſig. Da nun- mehr dieſe Einheit ein fuͤr allemal zu Grunde liegt, und das Element von allem folgendem ausmacht, ſo ſind auſ- ſer dem Werden ſelbſt, alle fernern logiſchen Beſtimmun- gen: Daſeyn, Qualitaͤt, uͤberhaupt alle Begriffe der Philoſophie, Beyſpiele dieſer Einheit. Die Verwirrung, in welche ſich das gewoͤhnliche Bewußtſeyn bey einem ſolchen logiſchen Satze verſetzt, hat darin ihren Grund, daß es dazu Vorſtellungen von einem concreten Etwas mitbringt, und vergißt, daß von einem ſolchem nicht die Rede iſt, ſondern nur von den reinen Abſtractionen des Seyns und Nichts, und daß dieſe allein an und fuͤr ſich feſtzuhalten ſind. Seyn und Nichtſeyn iſt daſſelbe; alſo iſt es daſ- ſelbe, ob ich bin oder nicht bin, ob dieſes Haus iſt oder nicht iſt, ob dieſe hundert Thaler in meinem Vermoͤgens- zuſtand ſind oder nicht. — Dieſer Schluß, oder die An- wendung jenes Satzes, veraͤndert ſeinen Sinn vollkom- men.

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 25. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/73>, abgerufen am 24.11.2024.