Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Erstes Buch. I. Abschnitt.
Erstes Kapitel.
Seyn
.

A.

Seyn, reines Seyn, -- ohne alle weitere
Bestimmung. In seiner unbestimmten Unmittelbarkeit ist
es nur sich selbst gleich, und auch nicht ungleich gegen
anderes, hat keine Verschiedenheit innerhalb seiner, noch
nach Aussen. Durch irgend eine Bestimmung oder In-
halt, der in ihm unterschieden, oder wodurch es als un-
terschieden von einem andern gesetzt würde, würde es
nicht in seiner Reinheit festgehalten. Es ist die reine
Unbestimmtheit und Leere. -- Es ist nichts in ihm an-
zuschauen, wenn von Anschauen hier gesprochen werden
kann; oder es ist nur diß reine, leere Anschauen selbst.
Es ist eben so wenig etwas in ihm zu denken, oder es
ist ebenso nur diß leere Denken. Das Seyn, das un-
bestimmte Unmittelbare ist in der That Nichts, und
nicht mehr noch weniger als Nichts.

B.
Nichts.

Nichts, das reine Nichts; es ist einfache
Gleichheit mit sich selbst, vollkommene Leerheit, Bestim-
mungs- und Inhaltslosigkeit; Ununterschiedenheit in ihm
selbst. -- Insofern Anschauen oder Denken hier erwähnt
werden kann, so gilt es als ein Unterschied, ob etwas
oder nichts angeschaut oder gedacht wird. Nichts An-
schauen oder Denken hat also eine Bedeutung; Nichts ist
in unserem Anschauen oder Denken; oder vielmehr es

das
Erſtes Buch. I. Abſchnitt.
Erſtes Kapitel.
Seyn
.

A.

Seyn, reines Seyn, — ohne alle weitere
Beſtimmung. In ſeiner unbeſtimmten Unmittelbarkeit iſt
es nur ſich ſelbſt gleich, und auch nicht ungleich gegen
anderes, hat keine Verſchiedenheit innerhalb ſeiner, noch
nach Auſſen. Durch irgend eine Beſtimmung oder In-
halt, der in ihm unterſchieden, oder wodurch es als un-
terſchieden von einem andern geſetzt wuͤrde, wuͤrde es
nicht in ſeiner Reinheit feſtgehalten. Es iſt die reine
Unbeſtimmtheit und Leere. — Es iſt nichts in ihm an-
zuſchauen, wenn von Anſchauen hier geſprochen werden
kann; oder es iſt nur diß reine, leere Anſchauen ſelbſt.
Es iſt eben ſo wenig etwas in ihm zu denken, oder es
iſt ebenſo nur diß leere Denken. Das Seyn, das un-
beſtimmte Unmittelbare iſt in der That Nichts, und
nicht mehr noch weniger als Nichts.

B.
Nichts.

Nichts, das reine Nichts; es iſt einfache
Gleichheit mit ſich ſelbſt, vollkommene Leerheit, Beſtim-
mungs- und Inhaltsloſigkeit; Ununterſchiedenheit in ihm
ſelbſt. — Inſofern Anſchauen oder Denken hier erwaͤhnt
werden kann, ſo gilt es als ein Unterſchied, ob etwas
oder nichts angeſchaut oder gedacht wird. Nichts An-
ſchauen oder Denken hat alſo eine Bedeutung; Nichts iſt
in unſerem Anſchauen oder Denken; oder vielmehr es

das
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <pb facs="#f0070" n="22"/>
            <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Er&#x017F;tes Buch</hi>. <hi rendition="#aq">I.</hi><hi rendition="#g">Ab&#x017F;chnitt</hi>.</fw><lb/>
            <div n="4">
              <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Er&#x017F;tes Kapitel.<lb/>
Seyn</hi>.</hi> </head><lb/>
              <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#aq">A.</hi> </hi> </head><lb/>
                <p><hi rendition="#g">Seyn, reines Seyn</hi>, &#x2014; ohne alle weitere<lb/>
Be&#x017F;timmung. In &#x017F;einer unbe&#x017F;timmten Unmittelbarkeit i&#x017F;t<lb/>
es nur &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t gleich, und auch nicht ungleich gegen<lb/>
anderes, hat keine Ver&#x017F;chiedenheit innerhalb &#x017F;einer, noch<lb/>
nach Au&#x017F;&#x017F;en. Durch irgend eine Be&#x017F;timmung oder In-<lb/>
halt, der in ihm unter&#x017F;chieden, oder wodurch es als un-<lb/>
ter&#x017F;chieden von einem andern ge&#x017F;etzt wu&#x0364;rde, wu&#x0364;rde es<lb/>
nicht in &#x017F;einer Reinheit fe&#x017F;tgehalten. Es i&#x017F;t die reine<lb/>
Unbe&#x017F;timmtheit und Leere. &#x2014; Es i&#x017F;t <hi rendition="#g">nichts</hi> in ihm an-<lb/>
zu&#x017F;chauen, wenn von An&#x017F;chauen hier ge&#x017F;prochen werden<lb/>
kann; oder es i&#x017F;t nur diß reine, leere An&#x017F;chauen &#x017F;elb&#x017F;t.<lb/>
Es i&#x017F;t eben &#x017F;o wenig etwas in ihm zu denken, oder es<lb/>
i&#x017F;t eben&#x017F;o nur diß leere Denken. Das Seyn, das un-<lb/>
be&#x017F;timmte Unmittelbare i&#x017F;t in der That <hi rendition="#g">Nichts</hi>, und<lb/>
nicht mehr noch weniger als Nichts.</p>
              </div><lb/>
              <div n="5">
                <head> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">B.</hi><lb/><hi rendition="#g">Nichts</hi>.</hi> </head><lb/>
                <p><hi rendition="#g">Nichts, das reine Nichts</hi>; es i&#x017F;t einfache<lb/>
Gleichheit mit &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t, vollkommene Leerheit, Be&#x017F;tim-<lb/>
mungs- und Inhaltslo&#x017F;igkeit; Ununter&#x017F;chiedenheit in ihm<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t. &#x2014; In&#x017F;ofern An&#x017F;chauen oder Denken hier erwa&#x0364;hnt<lb/>
werden kann, &#x017F;o gilt es als ein Unter&#x017F;chied, ob etwas<lb/>
oder <hi rendition="#g">nichts</hi> ange&#x017F;chaut oder gedacht wird. Nichts An-<lb/>
&#x017F;chauen oder Denken hat al&#x017F;o eine Bedeutung; Nichts i&#x017F;t<lb/>
in un&#x017F;erem An&#x017F;chauen oder Denken; oder vielmehr es<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[22/0070] Erſtes Buch. I. Abſchnitt. Erſtes Kapitel. Seyn. A. Seyn, reines Seyn, — ohne alle weitere Beſtimmung. In ſeiner unbeſtimmten Unmittelbarkeit iſt es nur ſich ſelbſt gleich, und auch nicht ungleich gegen anderes, hat keine Verſchiedenheit innerhalb ſeiner, noch nach Auſſen. Durch irgend eine Beſtimmung oder In- halt, der in ihm unterſchieden, oder wodurch es als un- terſchieden von einem andern geſetzt wuͤrde, wuͤrde es nicht in ſeiner Reinheit feſtgehalten. Es iſt die reine Unbeſtimmtheit und Leere. — Es iſt nichts in ihm an- zuſchauen, wenn von Anſchauen hier geſprochen werden kann; oder es iſt nur diß reine, leere Anſchauen ſelbſt. Es iſt eben ſo wenig etwas in ihm zu denken, oder es iſt ebenſo nur diß leere Denken. Das Seyn, das un- beſtimmte Unmittelbare iſt in der That Nichts, und nicht mehr noch weniger als Nichts. B. Nichts. Nichts, das reine Nichts; es iſt einfache Gleichheit mit ſich ſelbſt, vollkommene Leerheit, Beſtim- mungs- und Inhaltsloſigkeit; Ununterſchiedenheit in ihm ſelbſt. — Inſofern Anſchauen oder Denken hier erwaͤhnt werden kann, ſo gilt es als ein Unterſchied, ob etwas oder nichts angeſchaut oder gedacht wird. Nichts An- ſchauen oder Denken hat alſo eine Bedeutung; Nichts iſt in unſerem Anſchauen oder Denken; oder vielmehr es das

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/70
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/70>, abgerufen am 22.12.2024.