gleichgültig gegen das Vorhergehende, denn ihr Unter- schied ist der äusserliche des Quantums; es ist also nicht aus dem vorhergehenden, sondern unmittelbar aus sich hervorgetreten. Die neue Qualität oder das neue Et- was ist demselben Fortgange seiner Veränderung unter- worfen und so fort ins Unendliche.
Insofern der Fortgang von einer Qualität in stäti- ger Continuität der Quantität ist, so sind die einem qua- lificirenden Punkte sich nähernden Verhältnisse quantita- tiv betrachtet, nur durch das Mehr und Weniger unter- schieden. Die Veränderung ist nach dieser Seite eine allmählige. Aber die Allmähligkeit betrift bloß das Aeusserliche der Veränderung, nicht das Qualitative derselben. Das vorhergehende quantitative Verhältniß, das dem folgenden unendlich nahe ist, ist noch eine an- dere Realität. Von der qualitativen Seite wird daher das bloß quantitative Fortgehen der Allmähligkeit, das keine Grenze an sich selbst ist, absolut abgebrochen, und indem die neu eintretende Qualität um ihres quantitati- ven Unterschieds selbst willen eine gegen die verschwin- dende unbestimmt andre, eine gleichgültige ist, so ist der Uebergang ein Sprung; die verschwundene und die neu eintretende sind völlig äusserliche. -- Man sucht sich gern durch die Allmähligkeit des Uebergangs eine Verän- derung begreiflich zu machen; aber vielmehr ist die All- mähligkeit gerade die bloß gleichgültige Aenderung, gera- de das Gegentheil der qualitativen. In der Allmählig- keit ist vielmehr der Zusammenhang der beyden Realitä- ten, -- sie werden als Zustände, oder als selbstständige Dinge genommen, -- aufgehoben, es ist gesetzt, daß keine die Grenze der andern, sondern eine der andern schlechthin äusserlich ist, daß in dem bloß quantitativen Fortgange sich Verhältnisse von Quantis zeigen, die ge- gen ihre unmittelbar vorhergehenden und nachfolgenden
quali-
Erſtes Buch. III.Abſchnitt.
gleichguͤltig gegen das Vorhergehende, denn ihr Unter- ſchied iſt der aͤuſſerliche des Quantums; es iſt alſo nicht aus dem vorhergehenden, ſondern unmittelbar aus ſich hervorgetreten. Die neue Qualitaͤt oder das neue Et- was iſt demſelben Fortgange ſeiner Veraͤnderung unter- worfen und ſo fort ins Unendliche.
Inſofern der Fortgang von einer Qualitaͤt in ſtaͤti- ger Continuitaͤt der Quantitaͤt iſt, ſo ſind die einem qua- lificirenden Punkte ſich naͤhernden Verhaͤltniſſe quantita- tiv betrachtet, nur durch das Mehr und Weniger unter- ſchieden. Die Veraͤnderung iſt nach dieſer Seite eine allmaͤhlige. Aber die Allmaͤhligkeit betrift bloß das Aeuſſerliche der Veraͤnderung, nicht das Qualitative derſelben. Das vorhergehende quantitative Verhaͤltniß, das dem folgenden unendlich nahe iſt, iſt noch eine an- dere Realitaͤt. Von der qualitativen Seite wird daher das bloß quantitative Fortgehen der Allmaͤhligkeit, das keine Grenze an ſich ſelbſt iſt, abſolut abgebrochen, und indem die neu eintretende Qualitaͤt um ihres quantitati- ven Unterſchieds ſelbſt willen eine gegen die verſchwin- dende unbeſtimmt andre, eine gleichguͤltige iſt, ſo iſt der Uebergang ein Sprung; die verſchwundene und die neu eintretende ſind voͤllig aͤuſſerliche. — Man ſucht ſich gern durch die Allmaͤhligkeit des Uebergangs eine Veraͤn- derung begreiflich zu machen; aber vielmehr iſt die All- maͤhligkeit gerade die bloß gleichguͤltige Aenderung, gera- de das Gegentheil der qualitativen. In der Allmaͤhlig- keit iſt vielmehr der Zuſammenhang der beyden Realitaͤ- ten, — ſie werden als Zuſtaͤnde, oder als ſelbſtſtaͤndige Dinge genommen, — aufgehoben, es iſt geſetzt, daß keine die Grenze der andern, ſondern eine der andern ſchlechthin aͤuſſerlich iſt, daß in dem bloß quantitativen Fortgange ſich Verhaͤltniſſe von Quantis zeigen, die ge- gen ihre unmittelbar vorhergehenden und nachfolgenden
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Erſtes Buch. III. Abſchnitt.
gleichguͤltig gegen das Vorhergehende, denn ihr Unter-
ſchied iſt der aͤuſſerliche des Quantums; es iſt alſo nicht
aus dem vorhergehenden, ſondern unmittelbar aus ſich
hervorgetreten. Die neue Qualitaͤt oder das neue Et-
was iſt demſelben Fortgange ſeiner Veraͤnderung unter-
worfen und ſo fort ins Unendliche.
Inſofern der Fortgang von einer Qualitaͤt in ſtaͤti-
ger Continuitaͤt der Quantitaͤt iſt, ſo ſind die einem qua-
lificirenden Punkte ſich naͤhernden Verhaͤltniſſe quantita-
tiv betrachtet, nur durch das Mehr und Weniger unter-
ſchieden. Die Veraͤnderung iſt nach dieſer Seite eine
allmaͤhlige. Aber die Allmaͤhligkeit betrift bloß das
Aeuſſerliche der Veraͤnderung, nicht das Qualitative
derſelben. Das vorhergehende quantitative Verhaͤltniß,
das dem folgenden unendlich nahe iſt, iſt noch eine an-
dere Realitaͤt. Von der qualitativen Seite wird daher
das bloß quantitative Fortgehen der Allmaͤhligkeit, das
keine Grenze an ſich ſelbſt iſt, abſolut abgebrochen, und
indem die neu eintretende Qualitaͤt um ihres quantitati-
ven Unterſchieds ſelbſt willen eine gegen die verſchwin-
dende unbeſtimmt andre, eine gleichguͤltige iſt, ſo iſt der
Uebergang ein Sprung; die verſchwundene und die neu
eintretende ſind voͤllig aͤuſſerliche. — Man ſucht ſich
gern durch die Allmaͤhligkeit des Uebergangs eine Veraͤn-
derung begreiflich zu machen; aber vielmehr iſt die All-
maͤhligkeit gerade die bloß gleichguͤltige Aenderung, gera-
de das Gegentheil der qualitativen. In der Allmaͤhlig-
keit iſt vielmehr der Zuſammenhang der beyden Realitaͤ-
ten, — ſie werden als Zuſtaͤnde, oder als ſelbſtſtaͤndige
Dinge genommen, — aufgehoben, es iſt geſetzt, daß
keine die Grenze der andern, ſondern eine der andern
ſchlechthin aͤuſſerlich iſt, daß in dem bloß quantitativen
Fortgange ſich Verhaͤltniſſe von Quantis zeigen, die ge-
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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/358>, abgerufen am 16.02.2025.
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