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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Quantität.
zugleich unendlich, keine Quanta zu seyn. Das Ver-
hältniß selbst als solches ist erstlich ein Quantum;
zweytens aber nicht ein unmittelbares, sondern das
den qualitativen Gegensatz in ihm hat; ein gegen das
andere nicht gleichgültiges sondern dadurch bestimmtes,
in seinem Andersseyn in sich zurückgekehrtes und somit
Unendliches zu seyn. Diese beyden Seiten stellen sich
auf folgende Weise dar.

Der Bruch kann ausgedrückt werden, als
0,285714 ... wie [Formel 2] als 1 + a + a2 + a3 u. s. f.
So ist er als eine unendliche Reihe dargestellt,
und der Bruch selbst heißt die Summe oder der end-
liche Ausdruck
derselben. Vergleichen wir diese bey-
den Ausdrücke, so stellt die unendliche Reihe den Bruch
nicht mehr als ein Verhältniß, sondern nur nach der
Seite dar, daß er ein Quantum ist, als eine Menge
von solchen, die zu einander hinzukommen, als eine An-
zahl, oder hat wenigstens die Bestimmung ihn so darzu-
stellen. -- Daß die Größen, die ihn als Anzahl aus-
machen sollen, wieder aus Decimalbrüchen, also selbst
aus Verhältnissen bestehen, darauf kommt es hier nicht
an; denn dieser Umstand betrift ihre Einheit, nicht
sie, insofern sie die Anzahl constituiren; wie eine aus
mehrern Ziffern bestehende ganze Zahl des Decimalsy-
stems wesentlich als eine Anzahl gilt, und nicht dar-
auf gesehen wird, daß sie aus Producten einer Zahl
und der Zahl Zehen und deren Potenzen besteht. So
wie es hier auch nicht darauf ankommt, daß es andere
Brüche gibt als der zum Beyspiel genommene , die zu
Decimalbrüchen gemacht, nicht eine unendliche Reihe ge-
ben; es ist nur davon die Rede, daß jeder als eine sol-
che ausgedrückt werden könne.

In der unendlichen Reihe, die den Bruch wesent-
lich als Anzahl darstellen soll, vrrschwindet also die

Seite,
Q 2

Quantitaͤt.
zugleich unendlich, keine Quanta zu ſeyn. Das Ver-
haͤltniß ſelbſt als ſolches iſt erſtlich ein Quantum;
zweytens aber nicht ein unmittelbares, ſondern das
den qualitativen Gegenſatz in ihm hat; ein gegen das
andere nicht gleichguͤltiges ſondern dadurch beſtimmtes,
in ſeinem Andersſeyn in ſich zuruͤckgekehrtes und ſomit
Unendliches zu ſeyn. Dieſe beyden Seiten ſtellen ſich
auf folgende Weiſe dar.

Der Bruch kann ausgedruͤckt werden, als
0,285714 … wie [Formel 2] als 1 + a + a2 + a3 u. ſ. f.
So iſt er als eine unendliche Reihe dargeſtellt,
und der Bruch ſelbſt heißt die Summe oder der end-
liche Ausdruck
derſelben. Vergleichen wir dieſe bey-
den Ausdruͤcke, ſo ſtellt die unendliche Reihe den Bruch
nicht mehr als ein Verhaͤltniß, ſondern nur nach der
Seite dar, daß er ein Quantum iſt, als eine Menge
von ſolchen, die zu einander hinzukommen, als eine An-
zahl, oder hat wenigſtens die Beſtimmung ihn ſo darzu-
ſtellen. — Daß die Groͤßen, die ihn als Anzahl aus-
machen ſollen, wieder aus Decimalbruͤchen, alſo ſelbſt
aus Verhaͤltniſſen beſtehen, darauf kommt es hier nicht
an; denn dieſer Umſtand betrift ihre Einheit, nicht
ſie, inſofern ſie die Anzahl conſtituiren; wie eine aus
mehrern Ziffern beſtehende ganze Zahl des Decimalſy-
ſtems weſentlich als eine Anzahl gilt, und nicht dar-
auf geſehen wird, daß ſie aus Producten einer Zahl
und der Zahl Zehen und deren Potenzen beſteht. So
wie es hier auch nicht darauf ankommt, daß es andere
Bruͤche gibt als der zum Beyſpiel genommene , die zu
Decimalbruͤchen gemacht, nicht eine unendliche Reihe ge-
ben; es iſt nur davon die Rede, daß jeder als eine ſol-
che ausgedruͤckt werden koͤnne.

In der unendlichen Reihe, die den Bruch weſent-
lich als Anzahl darſtellen ſoll, vrrſchwindet alſo die

Seite,
Q 2
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[215/0263] Quantitaͤt. zugleich unendlich, keine Quanta zu ſeyn. Das Ver- haͤltniß ſelbſt als ſolches iſt erſtlich ein Quantum; zweytens aber nicht ein unmittelbares, ſondern das den qualitativen Gegenſatz in ihm hat; ein gegen das andere nicht gleichguͤltiges ſondern dadurch beſtimmtes, in ſeinem Andersſeyn in ſich zuruͤckgekehrtes und ſomit Unendliches zu ſeyn. Dieſe beyden Seiten ſtellen ſich auf folgende Weiſe dar. Der Bruch [FORMEL] kann ausgedruͤckt werden, als 0,285714 … wie [FORMEL] als 1 + a + a2 + a3 u. ſ. f. So iſt er als eine unendliche Reihe dargeſtellt, und der Bruch ſelbſt heißt die Summe oder der end- liche Ausdruck derſelben. Vergleichen wir dieſe bey- den Ausdruͤcke, ſo ſtellt die unendliche Reihe den Bruch nicht mehr als ein Verhaͤltniß, ſondern nur nach der Seite dar, daß er ein Quantum iſt, als eine Menge von ſolchen, die zu einander hinzukommen, als eine An- zahl, oder hat wenigſtens die Beſtimmung ihn ſo darzu- ſtellen. — Daß die Groͤßen, die ihn als Anzahl aus- machen ſollen, wieder aus Decimalbruͤchen, alſo ſelbſt aus Verhaͤltniſſen beſtehen, darauf kommt es hier nicht an; denn dieſer Umſtand betrift ihre Einheit, nicht ſie, inſofern ſie die Anzahl conſtituiren; wie eine aus mehrern Ziffern beſtehende ganze Zahl des Decimalſy- ſtems weſentlich als eine Anzahl gilt, und nicht dar- auf geſehen wird, daß ſie aus Producten einer Zahl und der Zahl Zehen und deren Potenzen beſteht. So wie es hier auch nicht darauf ankommt, daß es andere Bruͤche gibt als der zum Beyſpiel genommene [FORMEL], die zu Decimalbruͤchen gemacht, nicht eine unendliche Reihe ge- ben; es iſt nur davon die Rede, daß jeder als eine ſol- che ausgedruͤckt werden koͤnne. In der unendlichen Reihe, die den Bruch weſent- lich als Anzahl darſtellen ſoll, vrrſchwindet alſo die Seite, Q 2

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/263>, abgerufen am 22.11.2024.