Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite

Erstes Buch. II. Abschnitt.
lung für seine Darstellung verlassen hat, vollends auch
selbst den reinen Gedanken der Aeusserlichkeit.

Indem nun das Denken seine Bestimmungen in diß
Element niederlegt, so fallen sie um der betrachteten Na-
tur desselben willen, darin unmittelbar in die Begrifflo-
sigkeit herab; oder die Gedanken werden in ihm als dem
gedankenlosen, zu Gedankenlosem. Die Gedanken, das
Lebendigste, Beweglichste, nur im Beziehen Begriffene,
werden in diesem Elemente des Aussersichseyns, zu todten,
bewegungslosen Bestimmungen. Je reicher an Bestimmt-
heit und Beziehung die Gedanken werden, desto verwor-
rener einerseits und desto willkührlicher und sinnleerer an-
dererseits wird ihre Darstellung in Zahlen. Das Eins,
das Zwey, das Drey, das Vier, als Henas oder Mo-
nas, Dyas, Trias, Tetraktys, liegen noch einfachen
Begriffen sehr nahe; aber wenn die Zahlen zu weitern
Verhältnissen des Begriffs übergehen sollen, so ist es
vergeblich, sie noch dem Begriffe nahe erhalten zu wollen.

Wenn aber auch nur im Eins, Zwey, Drey, Vier
der Begriff festgehalten, wenn sie gedacht und bewegt
werden sollen, so ist diß die härteste Bewegung des Den-
kens; denn es hat, statt rein mit sich zu thun zu haben
und bey sich einheimisch zu seyn, zugleich unmittelbar
mit seiner Entäusserung zu kämpfen. Es bewegt sich im
Elemente seines Gegentheils, der Beziehungslosigkeit;
sein Geschäfte ist die Arbeit der Verrüktheit. Daß z. B.
Eins Drey, und Drey Eins ist, zu begreifen, ist darum
eine so harte Zumuthung, weil das Eins, das in der
Zahl herrschend ist, das Beziehungslose ist, das also
nicht an ihm selbst die Bestimmung zeigt, wodurch es in
sein Entgegengesetztes übergeht, sondern vielmehr diß ist,
eine solche Beziehung schlechthin auszuschliessen und zu
verweigern.

Indem

Erſtes Buch. II. Abſchnitt.
lung fuͤr ſeine Darſtellung verlaſſen hat, vollends auch
ſelbſt den reinen Gedanken der Aeuſſerlichkeit.

Indem nun das Denken ſeine Beſtimmungen in diß
Element niederlegt, ſo fallen ſie um der betrachteten Na-
tur deſſelben willen, darin unmittelbar in die Begrifflo-
ſigkeit herab; oder die Gedanken werden in ihm als dem
gedankenloſen, zu Gedankenloſem. Die Gedanken, das
Lebendigſte, Beweglichſte, nur im Beziehen Begriffene,
werden in dieſem Elemente des Auſſerſichſeyns, zu todten,
bewegungsloſen Beſtimmungen. Je reicher an Beſtimmt-
heit und Beziehung die Gedanken werden, deſto verwor-
rener einerſeits und deſto willkuͤhrlicher und ſinnleerer an-
dererſeits wird ihre Darſtellung in Zahlen. Das Eins,
das Zwey, das Drey, das Vier, als Henas oder Mo-
nas, Dyas, Trias, Tetraktys, liegen noch einfachen
Begriffen ſehr nahe; aber wenn die Zahlen zu weitern
Verhaͤltniſſen des Begriffs uͤbergehen ſollen, ſo iſt es
vergeblich, ſie noch dem Begriffe nahe erhalten zu wollen.

Wenn aber auch nur im Eins, Zwey, Drey, Vier
der Begriff feſtgehalten, wenn ſie gedacht und bewegt
werden ſollen, ſo iſt diß die haͤrteſte Bewegung des Den-
kens; denn es hat, ſtatt rein mit ſich zu thun zu haben
und bey ſich einheimiſch zu ſeyn, zugleich unmittelbar
mit ſeiner Entaͤuſſerung zu kaͤmpfen. Es bewegt ſich im
Elemente ſeines Gegentheils, der Beziehungsloſigkeit;
ſein Geſchaͤfte iſt die Arbeit der Verruͤktheit. Daß z. B.
Eins Drey, und Drey Eins iſt, zu begreifen, iſt darum
eine ſo harte Zumuthung, weil das Eins, das in der
Zahl herrſchend iſt, das Beziehungsloſe iſt, das alſo
nicht an ihm ſelbſt die Beſtimmung zeigt, wodurch es in
ſein Entgegengeſetztes uͤbergeht, ſondern vielmehr diß iſt,
eine ſolche Beziehung ſchlechthin auszuſchlieſſen und zu
verweigern.

Indem
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <div n="5">
                <div n="6">
                  <p><pb facs="#f0214" n="166"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Er&#x017F;tes Buch</hi>. <hi rendition="#aq">II.</hi><hi rendition="#g">Ab&#x017F;chnitt</hi>.</fw><lb/>
lung fu&#x0364;r &#x017F;eine Dar&#x017F;tellung verla&#x017F;&#x017F;en hat, vollends auch<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t den reinen Gedanken der Aeu&#x017F;&#x017F;erlichkeit.</p><lb/>
                  <p>Indem nun das Denken &#x017F;eine Be&#x017F;timmungen in diß<lb/>
Element niederlegt, &#x017F;o fallen &#x017F;ie um der betrachteten Na-<lb/>
tur de&#x017F;&#x017F;elben willen, darin unmittelbar in die Begrifflo-<lb/>
&#x017F;igkeit herab; oder die Gedanken werden in ihm als dem<lb/>
gedankenlo&#x017F;en, zu Gedankenlo&#x017F;em. Die Gedanken, das<lb/>
Lebendig&#x017F;te, Beweglich&#x017F;te, nur im Beziehen Begriffene,<lb/>
werden in die&#x017F;em Elemente des Au&#x017F;&#x017F;er&#x017F;ich&#x017F;eyns, zu todten,<lb/>
bewegungslo&#x017F;en Be&#x017F;timmungen. Je reicher an Be&#x017F;timmt-<lb/>
heit und Beziehung die Gedanken werden, de&#x017F;to verwor-<lb/>
rener einer&#x017F;eits und de&#x017F;to willku&#x0364;hrlicher und &#x017F;innleerer an-<lb/>
derer&#x017F;eits wird ihre Dar&#x017F;tellung in Zahlen. Das Eins,<lb/>
das Zwey, das Drey, das Vier, als Henas oder Mo-<lb/>
nas, Dyas, Trias, Tetraktys, liegen noch einfachen<lb/>
Begriffen &#x017F;ehr nahe; aber wenn die Zahlen zu weitern<lb/>
Verha&#x0364;ltni&#x017F;&#x017F;en des Begriffs u&#x0364;bergehen &#x017F;ollen, &#x017F;o i&#x017F;t es<lb/>
vergeblich, &#x017F;ie noch dem Begriffe nahe erhalten zu wollen.</p><lb/>
                  <p>Wenn aber auch nur im Eins, Zwey, Drey, Vier<lb/>
der Begriff fe&#x017F;tgehalten, wenn &#x017F;ie gedacht und bewegt<lb/>
werden &#x017F;ollen, &#x017F;o i&#x017F;t diß die ha&#x0364;rte&#x017F;te Bewegung des Den-<lb/>
kens; denn es hat, &#x017F;tatt rein mit &#x017F;ich zu thun zu haben<lb/>
und bey &#x017F;ich einheimi&#x017F;ch zu &#x017F;eyn, zugleich unmittelbar<lb/>
mit &#x017F;einer Enta&#x0364;u&#x017F;&#x017F;erung zu ka&#x0364;mpfen. Es bewegt &#x017F;ich im<lb/>
Elemente &#x017F;eines Gegentheils, der Beziehungslo&#x017F;igkeit;<lb/>
&#x017F;ein Ge&#x017F;cha&#x0364;fte i&#x017F;t die Arbeit der Verru&#x0364;ktheit. Daß z. B.<lb/>
Eins Drey, und Drey Eins i&#x017F;t, zu begreifen, i&#x017F;t darum<lb/>
eine &#x017F;o harte Zumuthung, weil das Eins, das in der<lb/>
Zahl herr&#x017F;chend i&#x017F;t, das Beziehungslo&#x017F;e i&#x017F;t, das al&#x017F;o<lb/>
nicht an ihm &#x017F;elb&#x017F;t die Be&#x017F;timmung zeigt, wodurch es in<lb/>
&#x017F;ein Entgegenge&#x017F;etztes u&#x0364;bergeht, &#x017F;ondern vielmehr diß i&#x017F;t,<lb/>
eine &#x017F;olche Beziehung &#x017F;chlechthin auszu&#x017F;chlie&#x017F;&#x017F;en und zu<lb/>
verweigern.</p><lb/>
                  <fw place="bottom" type="catch">Indem</fw><lb/>
                </div>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[166/0214] Erſtes Buch. II. Abſchnitt. lung fuͤr ſeine Darſtellung verlaſſen hat, vollends auch ſelbſt den reinen Gedanken der Aeuſſerlichkeit. Indem nun das Denken ſeine Beſtimmungen in diß Element niederlegt, ſo fallen ſie um der betrachteten Na- tur deſſelben willen, darin unmittelbar in die Begrifflo- ſigkeit herab; oder die Gedanken werden in ihm als dem gedankenloſen, zu Gedankenloſem. Die Gedanken, das Lebendigſte, Beweglichſte, nur im Beziehen Begriffene, werden in dieſem Elemente des Auſſerſichſeyns, zu todten, bewegungsloſen Beſtimmungen. Je reicher an Beſtimmt- heit und Beziehung die Gedanken werden, deſto verwor- rener einerſeits und deſto willkuͤhrlicher und ſinnleerer an- dererſeits wird ihre Darſtellung in Zahlen. Das Eins, das Zwey, das Drey, das Vier, als Henas oder Mo- nas, Dyas, Trias, Tetraktys, liegen noch einfachen Begriffen ſehr nahe; aber wenn die Zahlen zu weitern Verhaͤltniſſen des Begriffs uͤbergehen ſollen, ſo iſt es vergeblich, ſie noch dem Begriffe nahe erhalten zu wollen. Wenn aber auch nur im Eins, Zwey, Drey, Vier der Begriff feſtgehalten, wenn ſie gedacht und bewegt werden ſollen, ſo iſt diß die haͤrteſte Bewegung des Den- kens; denn es hat, ſtatt rein mit ſich zu thun zu haben und bey ſich einheimiſch zu ſeyn, zugleich unmittelbar mit ſeiner Entaͤuſſerung zu kaͤmpfen. Es bewegt ſich im Elemente ſeines Gegentheils, der Beziehungsloſigkeit; ſein Geſchaͤfte iſt die Arbeit der Verruͤktheit. Daß z. B. Eins Drey, und Drey Eins iſt, zu begreifen, iſt darum eine ſo harte Zumuthung, weil das Eins, das in der Zahl herrſchend iſt, das Beziehungsloſe iſt, das alſo nicht an ihm ſelbſt die Beſtimmung zeigt, wodurch es in ſein Entgegengeſetztes uͤbergeht, ſondern vielmehr diß iſt, eine ſolche Beziehung ſchlechthin auszuſchlieſſen und zu verweigern. Indem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/214
Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/214>, abgerufen am 24.11.2024.