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Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.

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Quantität.
Also soll auch die Vernunft nicht auf etwas einfaches
stoßen wollen.

Wenn wir also den Gegensatz dieser Thesis und An-
tithesis genauer betrachten, und ihre Beweise von allem
unnützen Ueberfluß und Verschrobenheit befreyen, so ent-
hält der Beweis der Antithesis, -- durch die Versetzung
der Substanzen in den Raum, -- die assertorische Annahme
der Continuität, so wie der Beweis der Thesis, --
durch die Annahme der Zusammensetzung, als der Art
der Beziehung des Substantiellen, -- die assertorische An-
nahme der Zufälligkeit dieser Beziehung, und
damit der absoluten Eins. Die ganze Antinomie
reducirt sich also auf die Trennung und directe Behaup-
tung der beyden Momente der Quantität, insofern sie ge-
trennt sind. Nach der bloßen Discretion genommen,
sind die Substanz, Materie, Raum, Zeit u. s. f. schlecht-
hin getheilt, das Eins ist ihr Princip. Nach der Con-
tinuität ist dieses Eins nur ein aufgehobenes; das Thei-
len bleibt Theilbarkeit, es bleibt die Möglichkeit zu
theilen, als Möglichkeit, ohne wirklich auf das Atome
zu kommen. -- So aber enthält die Continuität selbst
das Moment des Atomen; so wie jenes Getheiltseyn al-
len Unterschied der Eins aufgehoben hat, -- denn die
einfachen Eins ist eines was andere ist, -- somit eben
so ihre absolute Gleichheit und damit ihre Continuität ent-
hält. Indem jede der beyden entgegengesetzten Seiten
an ihr selbst ihre andere enthält, und keine ohne die an-
dere gedacht werden kann, so folgt daraus, daß keine
dieser Bestimmungen, allein genommen, Wahrheit hat,
sondern nur ihre Einheit. Diß ist die wahrhafte dia-
lektische Betrachtung derselben, so wie das wahrhafte
Resultat.

Unendlich sinnreicher und tiefer, als die betrachtete
Kantische Antinomie sind die dialektischen Beyspiele der

alten
M

Quantitaͤt.
Alſo ſoll auch die Vernunft nicht auf etwas einfaches
ſtoßen wollen.

Wenn wir alſo den Gegenſatz dieſer Theſis und An-
titheſis genauer betrachten, und ihre Beweiſe von allem
unnuͤtzen Ueberfluß und Verſchrobenheit befreyen, ſo ent-
haͤlt der Beweis der Antitheſis, — durch die Verſetzung
der Subſtanzen in den Raum, — die aſſertoriſche Annahme
der Continuitaͤt, ſo wie der Beweis der Theſis, —
durch die Annahme der Zuſammenſetzung, als der Art
der Beziehung des Subſtantiellen, — die aſſertoriſche An-
nahme der Zufaͤlligkeit dieſer Beziehung, und
damit der abſoluten Eins. Die ganze Antinomie
reducirt ſich alſo auf die Trennung und directe Behaup-
tung der beyden Momente der Quantitaͤt, inſofern ſie ge-
trennt ſind. Nach der bloßen Diſcretion genommen,
ſind die Subſtanz, Materie, Raum, Zeit u. ſ. f. ſchlecht-
hin getheilt, das Eins iſt ihr Princip. Nach der Con-
tinuitaͤt iſt dieſes Eins nur ein aufgehobenes; das Thei-
len bleibt Theilbarkeit, es bleibt die Moͤglichkeit zu
theilen, als Moͤglichkeit, ohne wirklich auf das Atome
zu kommen. — So aber enthaͤlt die Continuitaͤt ſelbſt
das Moment des Atomen; ſo wie jenes Getheiltſeyn al-
len Unterſchied der Eins aufgehoben hat, — denn die
einfachen Eins iſt eines was andere iſt, — ſomit eben
ſo ihre abſolute Gleichheit und damit ihre Continuitaͤt ent-
haͤlt. Indem jede der beyden entgegengeſetzten Seiten
an ihr ſelbſt ihre andere enthaͤlt, und keine ohne die an-
dere gedacht werden kann, ſo folgt daraus, daß keine
dieſer Beſtimmungen, allein genommen, Wahrheit hat,
ſondern nur ihre Einheit. Diß iſt die wahrhafte dia-
lektiſche Betrachtung derſelben, ſo wie das wahrhafte
Reſultat.

Unendlich ſinnreicher und tiefer, als die betrachtete
Kantiſche Antinomie ſind die dialektiſchen Beyſpiele der

alten
M
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[149/0197] Quantitaͤt. Alſo ſoll auch die Vernunft nicht auf etwas einfaches ſtoßen wollen. Wenn wir alſo den Gegenſatz dieſer Theſis und An- titheſis genauer betrachten, und ihre Beweiſe von allem unnuͤtzen Ueberfluß und Verſchrobenheit befreyen, ſo ent- haͤlt der Beweis der Antitheſis, — durch die Verſetzung der Subſtanzen in den Raum, — die aſſertoriſche Annahme der Continuitaͤt, ſo wie der Beweis der Theſis, — durch die Annahme der Zuſammenſetzung, als der Art der Beziehung des Subſtantiellen, — die aſſertoriſche An- nahme der Zufaͤlligkeit dieſer Beziehung, und damit der abſoluten Eins. Die ganze Antinomie reducirt ſich alſo auf die Trennung und directe Behaup- tung der beyden Momente der Quantitaͤt, inſofern ſie ge- trennt ſind. Nach der bloßen Diſcretion genommen, ſind die Subſtanz, Materie, Raum, Zeit u. ſ. f. ſchlecht- hin getheilt, das Eins iſt ihr Princip. Nach der Con- tinuitaͤt iſt dieſes Eins nur ein aufgehobenes; das Thei- len bleibt Theilbarkeit, es bleibt die Moͤglichkeit zu theilen, als Moͤglichkeit, ohne wirklich auf das Atome zu kommen. — So aber enthaͤlt die Continuitaͤt ſelbſt das Moment des Atomen; ſo wie jenes Getheiltſeyn al- len Unterſchied der Eins aufgehoben hat, — denn die einfachen Eins iſt eines was andere iſt, — ſomit eben ſo ihre abſolute Gleichheit und damit ihre Continuitaͤt ent- haͤlt. Indem jede der beyden entgegengeſetzten Seiten an ihr ſelbſt ihre andere enthaͤlt, und keine ohne die an- dere gedacht werden kann, ſo folgt daraus, daß keine dieſer Beſtimmungen, allein genommen, Wahrheit hat, ſondern nur ihre Einheit. Diß iſt die wahrhafte dia- lektiſche Betrachtung derſelben, ſo wie das wahrhafte Reſultat. Unendlich ſinnreicher und tiefer, als die betrachtete Kantiſche Antinomie ſind die dialektiſchen Beyſpiele der alten M

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Zitationshilfe: Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/197>, abgerufen am 22.11.2024.