Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812.Vorrede. bessere Loos betrift jedoch nur das äussere Schicksal;denn ihre Gestalt und Inhalt ist derselbe geblieben, als er sich durch eine lange Tradition fortgeerbt, je- doch in dieser Ueberlieferung immer mehr verdünnt und abgemagert hatte; der neue Geist, welcher der Wissenschaft nicht weniger als der Wirklichkeit aufge- gangen ist, hat sich in ihr noch nicht verspüren lassen. Es ist aber ein für allemal vergebens, wenn die substantielle Form des Geistes sich umgestaltet hat, die Formen früherer Bildung erhalten zu wollen; sie sind welke Blätter, welche von den neuen Knospen, die an ihren Wurzeln schon erzeugt sind, abgestossen werden. Mit dem Ignoriren der allgemeinen Verän- Von der andern Seite scheint die Zeit der Gäh- sich
Vorrede. beſſere Loos betrift jedoch nur das aͤuſſere Schickſal;denn ihre Geſtalt und Inhalt iſt derſelbe geblieben, als er ſich durch eine lange Tradition fortgeerbt, je- doch in dieſer Ueberlieferung immer mehr verduͤnnt und abgemagert hatte; der neue Geiſt, welcher der Wiſſenſchaft nicht weniger als der Wirklichkeit aufge- gangen iſt, hat ſich in ihr noch nicht verſpuͤren laſſen. Es iſt aber ein fuͤr allemal vergebens, wenn die ſubſtantielle Form des Geiſtes ſich umgeſtaltet hat, die Formen fruͤherer Bildung erhalten zu wollen; ſie ſind welke Blaͤtter, welche von den neuen Knoſpen, die an ihren Wurzeln ſchon erzeugt ſind, abgeſtoſſen werden. Mit dem Ignoriren der allgemeinen Veraͤn- Von der andern Seite ſcheint die Zeit der Gaͤh- ſich
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Vorrede.
beſſere Loos betrift jedoch nur das aͤuſſere Schickſal;
denn ihre Geſtalt und Inhalt iſt derſelbe geblieben,
als er ſich durch eine lange Tradition fortgeerbt, je-
doch in dieſer Ueberlieferung immer mehr verduͤnnt
und abgemagert hatte; der neue Geiſt, welcher der
Wiſſenſchaft nicht weniger als der Wirklichkeit aufge-
gangen iſt, hat ſich in ihr noch nicht verſpuͤren laſſen.
Es iſt aber ein fuͤr allemal vergebens, wenn die
ſubſtantielle Form des Geiſtes ſich umgeſtaltet hat,
die Formen fruͤherer Bildung erhalten zu wollen; ſie
ſind welke Blaͤtter, welche von den neuen Knoſpen,
die an ihren Wurzeln ſchon erzeugt ſind, abgeſtoſſen
werden.
Mit dem Ignoriren der allgemeinen Veraͤn-
derung faͤngt es nach gerade an auch im Wiſſenſchaft-
lichen auszugehen. Unbemerkterweiſe ſind ſelbſt den
Gegnern die andern Vorſtellungen gelaͤufig und eigen
geworden, und wenn ſie gegen deren Quelle und Prin-
cipien fortdauernd ſproͤde thun und ſich widerſprechend
dagegen benehmen, ſo haben ſie dafuͤr die Conſequen-
zen ſich gefallen laſſen, und des Einfluſſes derſelben
ſich nicht zu erwehren vermocht; zu ihrem immer un-
bedeutender werdenden negativen Verhalten wiſſen ſie
ſich auf keine andere Weiſe eine poſitive Wichtigkeit
und einen Inhalt zu geben, als daß ſie in den neuen
Vorſtellungsweiſen mitſprechen.
Von der andern Seite ſcheint die Zeit der Gaͤh-
rung, mit der eine neue Schoͤpfung beginnt, vorbey
zu ſeyn. In ihrer erſten Erſcheinung pflegt eine ſolche
ſich
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Zitationshilfe: | Hegel, Georg Wilhelm Friedrich: Wissenschaft der Logik. Bd. 1,1. Nürnberg, 1812, S. VI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hegel_logik0101_1812/12>, abgerufen am 25.07.2024. |