Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.Erstes Buch. §. 17. II. das Dasein eines ausschließlichen organischen Gesammtwil- lens -- der Staatsgewalt -- zur Führung und Vollendung der Verbindung in der angedeuteten Richtung; III. eine Stetigkeit der Verbindung (ein status), als natürliche Bedingung ungehinderter naturgemäßer Entfaltung. Sie be- ruhet wesentlich auf festem und zureichendem Landbesitz, auf Bildungsfähigkeit und auf Sittlichkeit der Gemeinde. Wo Eines oder das Andere fehlt oder anders ist, da sind entwe- Anm. Ob schon Einer, ob Zwei, oder Drei, oder wie Viele einen Staat allein ausmachen können? ist eine müßige Schulfrage, und beantwortet sich leicht aus den gegebenen Merkmalen des wahren Staates. Daß unabhängige Raubvölker und Horden noch keine Staaten sind, dar- über war die ältere und neuere Staatstheorie einverstanden. S. auch H. Groot III, 3. I, 1. mit den Citaten aus Cic. Philipp. IV, 15. und den Rö- mischen Juristen. 17. Außerwesentlich ist für das Völkerrecht im Allgemeinen das A. Monarchieen, B. Gemeinwesen, 1 Für das physische Leben der Staaten, für die Staatspraxis und Staats-
kunst ist der Unterschied der Macht natürlich von großer Bedeutung. Die dabei angenommene Eintheilung in Staaten des ersten, zweiten und drit- ten, auch wohl vierten Ranges hat ihren guten Grund und ist eine unleug- bare Wahrhtit, nur aber nicht auf Bevölkerungsverhältnisse numerisch streng zurückzuführen. Erſtes Buch. §. 17. II. das Daſein eines ausſchließlichen organiſchen Geſammtwil- lens — der Staatsgewalt — zur Führung und Vollendung der Verbindung in der angedeuteten Richtung; III. eine Stetigkeit der Verbindung (ein status), als natürliche Bedingung ungehinderter naturgemäßer Entfaltung. Sie be- ruhet weſentlich auf feſtem und zureichendem Landbeſitz, auf Bildungsfähigkeit und auf Sittlichkeit der Gemeinde. Wo Eines oder das Andere fehlt oder anders iſt, da ſind entwe- Anm. Ob ſchon Einer, ob Zwei, oder Drei, oder wie Viele einen Staat allein ausmachen können? iſt eine müßige Schulfrage, und beantwortet ſich leicht aus den gegebenen Merkmalen des wahren Staates. Daß unabhängige Raubvölker und Horden noch keine Staaten ſind, dar- über war die ältere und neuere Staatstheorie einverſtanden. S. auch H. Groot III, 3. I, 1. mit den Citaten aus Cic. Philipp. IV, 15. und den Rö- miſchen Juriſten. 17. Außerweſentlich iſt für das Völkerrecht im Allgemeinen das A. Monarchieen, B. Gemeinweſen, 1 Für das phyſiſche Leben der Staaten, für die Staatspraxis und Staats-
kunſt iſt der Unterſchied der Macht natürlich von großer Bedeutung. Die dabei angenommene Eintheilung in Staaten des erſten, zweiten und drit- ten, auch wohl vierten Ranges hat ihren guten Grund und iſt eine unleug- bare Wahrhtit, nur aber nicht auf Bevölkerungsverhältniſſe numeriſch ſtreng zurückzuführen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0054" n="30"/> <fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Erſtes Buch</hi>. §. 17.</fw><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">II.</hi> das Daſein eines ausſchließlichen organiſchen Geſammtwil-<lb/> lens — der Staatsgewalt — zur Führung und Vollendung<lb/> der Verbindung in der angedeuteten Richtung;</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">III.</hi> eine Stetigkeit der Verbindung (ein <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">status</hi></hi>), als natürliche<lb/> Bedingung ungehinderter naturgemäßer Entfaltung. Sie be-<lb/> ruhet weſentlich auf feſtem und zureichendem Landbeſitz, auf<lb/> Bildungsfähigkeit und auf Sittlichkeit der Gemeinde.</item> </list><lb/> <p>Wo Eines oder das Andere fehlt oder anders iſt, da ſind entwe-<lb/> der nur Embryonen oder Uebergänge zum Staat vorhanden, oder<lb/> Geſellſchaftsaggregate zu einzelnen beſtimmten Zwecken; Horden oder<lb/> Naturſtaaten, die ohne inneren Bildungsſtoff in ſich ſelbſt zergehen.<lb/> Auch die geſchichtliche oder Weltbedeutung der wirklichen Staaten<lb/> iſt bald nur eine vorübergehende mechaniſche <hi rendition="#aq">(états de fait, de<lb/> circonstance)</hi>, welche ſich entweder ganz wieder auflöſen oder der<lb/> Kern der anderen werden, bald aber auch eine bleibende natürliche,<lb/> auf Naturfülle und Nationaleinheit gegründete.</p><lb/> <note place="end"> <hi rendition="#et"><hi rendition="#g">Anm</hi>. Ob ſchon Einer, ob Zwei, oder Drei, oder wie Viele einen Staat<lb/> allein ausmachen können? iſt eine müßige Schulfrage, und beantwortet ſich<lb/> leicht aus den gegebenen Merkmalen des wahren Staates.<lb/> Daß unabhängige Raubvölker und Horden noch keine Staaten ſind, dar-<lb/> über war die ältere und neuere Staatstheorie einverſtanden. S. auch H.<lb/> Groot <hi rendition="#aq">III, 3. I,</hi> 1. mit den Citaten aus <hi rendition="#aq">Cic. Philipp. IV,</hi> 15. und den Rö-<lb/> miſchen Juriſten.</hi> </note><lb/> <p>17. Außerweſentlich iſt für das Völkerrecht im Allgemeinen das<lb/> größere oder geringere Gewicht, welches ein Staat in die Wag-<lb/> ſchale der Völkerereigniſſe zu legen vermag. <note place="foot" n="1">Für das phyſiſche Leben der Staaten, für die Staatspraxis und Staats-<lb/> kunſt iſt der Unterſchied der Macht natürlich von großer Bedeutung. Die<lb/> dabei angenommene Eintheilung in Staaten des erſten, zweiten und drit-<lb/> ten, auch wohl vierten Ranges hat ihren guten Grund und iſt eine unleug-<lb/> bare Wahrhtit, nur aber nicht auf Bevölkerungsverhältniſſe numeriſch ſtreng<lb/> zurückzuführen.</note> Erheblicher iſt für<lb/> die internationalen Verhandlungen die innere Verfaſſung der Ein-<lb/> zelſtaaten, weil davon die Dispoſitionsfähigkeit der Regierungen ab-<lb/> hängig iſt, obgleich ihre Herſtellung nicht den Staaten unter ſich,<lb/> ſondern vielmehr jedem Staat in ſich ſelbſt weſentlich zuſteht. Von<lb/> dieſer Seite betrachtet giebt es zwei Hauptarten der Staaten, nämlich</p><lb/> <list> <item><hi rendition="#aq">A.</hi> Monarchieen,</item><lb/> <item><hi rendition="#aq">B.</hi> Gemeinweſen,</item> </list><lb/> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [30/0054]
Erſtes Buch. §. 17.
II. das Daſein eines ausſchließlichen organiſchen Geſammtwil-
lens — der Staatsgewalt — zur Führung und Vollendung
der Verbindung in der angedeuteten Richtung;
III. eine Stetigkeit der Verbindung (ein status), als natürliche
Bedingung ungehinderter naturgemäßer Entfaltung. Sie be-
ruhet weſentlich auf feſtem und zureichendem Landbeſitz, auf
Bildungsfähigkeit und auf Sittlichkeit der Gemeinde.
Wo Eines oder das Andere fehlt oder anders iſt, da ſind entwe-
der nur Embryonen oder Uebergänge zum Staat vorhanden, oder
Geſellſchaftsaggregate zu einzelnen beſtimmten Zwecken; Horden oder
Naturſtaaten, die ohne inneren Bildungsſtoff in ſich ſelbſt zergehen.
Auch die geſchichtliche oder Weltbedeutung der wirklichen Staaten
iſt bald nur eine vorübergehende mechaniſche (états de fait, de
circonstance), welche ſich entweder ganz wieder auflöſen oder der
Kern der anderen werden, bald aber auch eine bleibende natürliche,
auf Naturfülle und Nationaleinheit gegründete.
Anm. Ob ſchon Einer, ob Zwei, oder Drei, oder wie Viele einen Staat
allein ausmachen können? iſt eine müßige Schulfrage, und beantwortet ſich
leicht aus den gegebenen Merkmalen des wahren Staates.
Daß unabhängige Raubvölker und Horden noch keine Staaten ſind, dar-
über war die ältere und neuere Staatstheorie einverſtanden. S. auch H.
Groot III, 3. I, 1. mit den Citaten aus Cic. Philipp. IV, 15. und den Rö-
miſchen Juriſten.
17. Außerweſentlich iſt für das Völkerrecht im Allgemeinen das
größere oder geringere Gewicht, welches ein Staat in die Wag-
ſchale der Völkerereigniſſe zu legen vermag. 1 Erheblicher iſt für
die internationalen Verhandlungen die innere Verfaſſung der Ein-
zelſtaaten, weil davon die Dispoſitionsfähigkeit der Regierungen ab-
hängig iſt, obgleich ihre Herſtellung nicht den Staaten unter ſich,
ſondern vielmehr jedem Staat in ſich ſelbſt weſentlich zuſteht. Von
dieſer Seite betrachtet giebt es zwei Hauptarten der Staaten, nämlich
A. Monarchieen,
B. Gemeinweſen,
1 Für das phyſiſche Leben der Staaten, für die Staatspraxis und Staats-
kunſt iſt der Unterſchied der Macht natürlich von großer Bedeutung. Die
dabei angenommene Eintheilung in Staaten des erſten, zweiten und drit-
ten, auch wohl vierten Ranges hat ihren guten Grund und iſt eine unleug-
bare Wahrhtit, nur aber nicht auf Bevölkerungsverhältniſſe numeriſch ſtreng
zurückzuführen.
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