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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 190. Völkerrecht im Zustand des Unfriedens.
Art derselben, weder ein rein persönliches noch ein dingliches, noch
auch ein obligatorisches sowohl nach römischen Rechte wie nach
heutigem Völkerrechte ausgeschlossen werden. Sogar einzelne Aus-
nahmen des älteren römischen Rechtes finden nicht mehr Statt.
Es geht aber das Postliminium der Rechte auf eine zweifache Art
vor sich; entweder durch Wiedereintritt eines Kriegsgefangenen in
die ihm in der Zwischenzeit entzogen gewesenen Rechte, oder durch
Wiedererlangung der von dem Feinde in Beschlag genommenen
Sachen eines Unterthans des anderen kriegführenden Theiles. 1

Was zuförderst die öffentlichen persönlichen Verhältnisse betrifft,
so ist eine Fortdauer des früheren Status unleugbar, wenn er nicht
nach Staatsgesetzen durch ein verbrecherisches Verhalten in Bezie-
hung auf den Feind verwirkt sein sollte. Ob die in der Zwischen-
zeit zu beziehen gewesenen Vortheile, welche mit dem öffentlichen
Status, z. B. mit einem Amte verbunden waren, nach Beendigung
der Kriegsgefangenschaft reclamirt werden können, ist lediglich eine
Frage des inneren Staatsrechtes. Das römische Recht schloß der-
gleichen Ansprüche aus z. B. auf den in der Zwischenzeit fälligen
Sold oder Gehalt. 2 Billigkeit und Staatsverfassung können aber
ein Anderes mit sich bringen.

Von rein persönlichen Privatverhältnissen, worin das Postlimi-
nium wieder einsetzt, schloß das römische Recht die Ehe aus, ver-
langte wenigstens daran Redintegration. Ist dieses nicht schon
durch Justinian geändert, so hat es die christliche Kirche gethan;
die Ehe dauert auch mit einem Kriegsgefangenen fort. 4

Dingliche Rechte an unbeweglichen oder denselben gleichstehen-
den Sachen unterliegen durchaus der allgemeinen Regel; nur der
in der Zwischenzeit verlorene Besitz, weil er etwas thatsächliches
ist, wird nicht von Rechtswegen wiedererlangt, sondern muß erst
von Neuem begonnen werden. 5


3
1 Vgl. l. 19. pr. D. h. t.
2 L. 1. C. de re milit. S. indeß Brunnemann, ad h. tit. n. 23.
4 S. besond. c. 1. §. 1. C. 34. quaest. 1 et 2. Leyser, medit. sp. 659.
med.
16.
5 L. 20. §. 1. D. h. t. Groot h. t. §. 13. Wheaton intern. L. IV. 2. §. 16.
Vgl. den vorher angeführten Canon u. Capitul. Franc. libr. VII. c. 157.
3 L. 14. §. 1. u. l. 8. D. h. t. Die Auslegung ist indeß zweifelhaft. S.
Groot III, 9, §. 9. und dazu Cocceji. Das Gegentheil folgert man auch
aus Nov. 22, c. 7.

§. 190. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Unfriedens.
Art derſelben, weder ein rein perſönliches noch ein dingliches, noch
auch ein obligatoriſches ſowohl nach römiſchen Rechte wie nach
heutigem Völkerrechte ausgeſchloſſen werden. Sogar einzelne Aus-
nahmen des älteren römiſchen Rechtes finden nicht mehr Statt.
Es geht aber das Poſtliminium der Rechte auf eine zweifache Art
vor ſich; entweder durch Wiedereintritt eines Kriegsgefangenen in
die ihm in der Zwiſchenzeit entzogen geweſenen Rechte, oder durch
Wiedererlangung der von dem Feinde in Beſchlag genommenen
Sachen eines Unterthans des anderen kriegführenden Theiles. 1

Was zuförderſt die öffentlichen perſönlichen Verhältniſſe betrifft,
ſo iſt eine Fortdauer des früheren Status unleugbar, wenn er nicht
nach Staatsgeſetzen durch ein verbrecheriſches Verhalten in Bezie-
hung auf den Feind verwirkt ſein ſollte. Ob die in der Zwiſchen-
zeit zu beziehen geweſenen Vortheile, welche mit dem öffentlichen
Status, z. B. mit einem Amte verbunden waren, nach Beendigung
der Kriegsgefangenſchaft reclamirt werden können, iſt lediglich eine
Frage des inneren Staatsrechtes. Das römiſche Recht ſchloß der-
gleichen Anſprüche aus z. B. auf den in der Zwiſchenzeit fälligen
Sold oder Gehalt. 2 Billigkeit und Staatsverfaſſung können aber
ein Anderes mit ſich bringen.

Von rein perſönlichen Privatverhältniſſen, worin das Poſtlimi-
nium wieder einſetzt, ſchloß das römiſche Recht die Ehe aus, ver-
langte wenigſtens daran Redintegration. Iſt dieſes nicht ſchon
durch Juſtinian geändert, ſo hat es die chriſtliche Kirche gethan;
die Ehe dauert auch mit einem Kriegsgefangenen fort. 4

Dingliche Rechte an unbeweglichen oder denſelben gleichſtehen-
den Sachen unterliegen durchaus der allgemeinen Regel; nur der
in der Zwiſchenzeit verlorene Beſitz, weil er etwas thatſächliches
iſt, wird nicht von Rechtswegen wiedererlangt, ſondern muß erſt
von Neuem begonnen werden. 5


3
1 Vgl. l. 19. pr. D. h. t.
2 L. 1. C. de re milit. S. indeß Brunnemann, ad h. tit. n. 23.
4 S. beſond. c. 1. §. 1. C. 34. quaest. 1 et 2. Leyſer, medit. sp. 659.
med.
16.
5 L. 20. §. 1. D. h. t. Groot h. t. §. 13. Wheaton intern. L. IV. 2. §. 16.
Vgl. den vorher angeführten Canon u. Capitul. Franc. libr. VII. c. 157.
3 L. 14. §. 1. u. l. 8. D. h. t. Die Auslegung iſt indeß zweifelhaft. S.
Groot III, 9, §. 9. und dazu Cocceji. Das Gegentheil folgert man auch
aus Nov. 22, c. 7.
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[317/0341] §. 190. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Unfriedens. Art derſelben, weder ein rein perſönliches noch ein dingliches, noch auch ein obligatoriſches ſowohl nach römiſchen Rechte wie nach heutigem Völkerrechte ausgeſchloſſen werden. Sogar einzelne Aus- nahmen des älteren römiſchen Rechtes finden nicht mehr Statt. Es geht aber das Poſtliminium der Rechte auf eine zweifache Art vor ſich; entweder durch Wiedereintritt eines Kriegsgefangenen in die ihm in der Zwiſchenzeit entzogen geweſenen Rechte, oder durch Wiedererlangung der von dem Feinde in Beſchlag genommenen Sachen eines Unterthans des anderen kriegführenden Theiles. 1 Was zuförderſt die öffentlichen perſönlichen Verhältniſſe betrifft, ſo iſt eine Fortdauer des früheren Status unleugbar, wenn er nicht nach Staatsgeſetzen durch ein verbrecheriſches Verhalten in Bezie- hung auf den Feind verwirkt ſein ſollte. Ob die in der Zwiſchen- zeit zu beziehen geweſenen Vortheile, welche mit dem öffentlichen Status, z. B. mit einem Amte verbunden waren, nach Beendigung der Kriegsgefangenſchaft reclamirt werden können, iſt lediglich eine Frage des inneren Staatsrechtes. Das römiſche Recht ſchloß der- gleichen Anſprüche aus z. B. auf den in der Zwiſchenzeit fälligen Sold oder Gehalt. 2 Billigkeit und Staatsverfaſſung können aber ein Anderes mit ſich bringen. Von rein perſönlichen Privatverhältniſſen, worin das Poſtlimi- nium wieder einſetzt, ſchloß das römiſche Recht die Ehe aus, ver- langte wenigſtens daran Redintegration. Iſt dieſes nicht ſchon durch Juſtinian geändert, ſo hat es die chriſtliche Kirche gethan; die Ehe dauert auch mit einem Kriegsgefangenen fort. 4 Dingliche Rechte an unbeweglichen oder denſelben gleichſtehen- den Sachen unterliegen durchaus der allgemeinen Regel; nur der in der Zwiſchenzeit verlorene Beſitz, weil er etwas thatſächliches iſt, wird nicht von Rechtswegen wiedererlangt, ſondern muß erſt von Neuem begonnen werden. 5 3 1 Vgl. l. 19. pr. D. h. t. 2 L. 1. C. de re milit. S. indeß Brunnemann, ad h. tit. n. 23. 4 S. beſond. c. 1. §. 1. C. 34. quaest. 1 et 2. Leyſer, medit. sp. 659. med. 16. 5 L. 20. §. 1. D. h. t. Groot h. t. §. 13. Wheaton intern. L. IV. 2. §. 16. Vgl. den vorher angeführten Canon u. Capitul. Franc. libr. VII. c. 157. 3 L. 14. §. 1. u. l. 8. D. h. t. Die Auslegung iſt indeß zweifelhaft. S. Groot III, 9, §. 9. und dazu Cocceji. Das Gegentheil folgert man auch aus Nov. 22, c. 7.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 317. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/341>, abgerufen am 21.11.2024.