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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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§. 149. Völkerrecht im Zustand des Unfriedens.
für verantwortlich gemacht werden, wenn einzelne ihrer Untertha-
nen freiwillig in der einen oder der anderen Weise an einem frem-
den Kriege Theil nehmen, wenn sie sich mit einer Kriegspartei in
Lieferungs- und Darlehn-Geschäfte einlassen, oder in die Truppen-
reihen derselben eintreten, 1 einem kriegerischen Drange oder be-
sonderen moralischen Interessen an der Sache dieser Partei nach-
gehend. Im äußersten Fall würden hier nur die Grundsätze von
der Auswanderung der Unterthanen zur Anwendung kommen. Sollte
freilich die Theilnahme der Unterthanen eine maßenhafte werden,
dadurch die Aufmerksamkeit und Bedenklichkeit der Gegenpartei er-
regen, demnach Repressalien derselben befürchten lassen: so wird es
von dem politischen Ermessen der betheiligten Staatsgewalt abhän-
gen, ob und wie weit sie dagegen einschreiten wolle, jedoch nicht
aus Pflicht gegen den kriegführenden Theil, sondern lediglich aus
Rücksicht auf das eigene Staatswohl.

Rechte der Neutralen.

149. Hinsichtlich der Rechte der neutralen Staaten ist das all-
gemeine Princip aufzustellen, daß ihnen auch im Kriege alle dieje-
nigen Rechte verbleiben und ungekränkt erhalten werden müssen,
welche ihnen im Friedensstande gebühren, soweit sie nicht durch
die vorausgeschickten Bedingungen der Neutralität eine Modifica-
tion erleiden. Es folgt daraus insbesondere:

Erstlich die Unverletzbarkeit des Gebietes und die un-
gestörte Ausübung aller Hoheitsrechte in dem Innern
desselben
.

Das neutrale Gebiet ist ein Asyl, welches man auch einzelnen

wolle Caperbriefe von kriegführenden Theilen anzunehmen. v. Steck Ver-
suche über Handels- und Schiffahrtsvertr. S. 173. v. Martens über Ca-
per §. 13. Diese Verträge kann man aber nicht als eine Regel, sondern
nur als Ausnahme von der Regel betrachten.
1 Es giebt Nationen, größere oder kleinere, auch Zeiten wo der einzelne oft
für den Drang nach kriegerischer Ehre keine Befriedigung finden kann. Er
muß sie daher anderweitig suchen. Ferner kann eine Regierung Bedenken
tragen sich der Gefahr eines Krieges, selbst für eine gute Sache, auszusetzen,
die Moral kann aber dem Einzelnen eine Theilnahme an der gerechten
Sache zur Pflicht machen. In Deutschland gehörte sonst dieses Eintreten
in fremde Heere zur "löblichen Gestalt deutscher Freiheit." Reichs Absch.
v. 1570. §. 4.

§. 149. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Unfriedens.
für verantwortlich gemacht werden, wenn einzelne ihrer Untertha-
nen freiwillig in der einen oder der anderen Weiſe an einem frem-
den Kriege Theil nehmen, wenn ſie ſich mit einer Kriegspartei in
Lieferungs- und Darlehn-Geſchäfte einlaſſen, oder in die Truppen-
reihen derſelben eintreten, 1 einem kriegeriſchen Drange oder be-
ſonderen moraliſchen Intereſſen an der Sache dieſer Partei nach-
gehend. Im äußerſten Fall würden hier nur die Grundſätze von
der Auswanderung der Unterthanen zur Anwendung kommen. Sollte
freilich die Theilnahme der Unterthanen eine maßenhafte werden,
dadurch die Aufmerkſamkeit und Bedenklichkeit der Gegenpartei er-
regen, demnach Repreſſalien derſelben befürchten laſſen: ſo wird es
von dem politiſchen Ermeſſen der betheiligten Staatsgewalt abhän-
gen, ob und wie weit ſie dagegen einſchreiten wolle, jedoch nicht
aus Pflicht gegen den kriegführenden Theil, ſondern lediglich aus
Rückſicht auf das eigene Staatswohl.

Rechte der Neutralen.

149. Hinſichtlich der Rechte der neutralen Staaten iſt das all-
gemeine Princip aufzuſtellen, daß ihnen auch im Kriege alle dieje-
nigen Rechte verbleiben und ungekränkt erhalten werden müſſen,
welche ihnen im Friedensſtande gebühren, ſoweit ſie nicht durch
die vorausgeſchickten Bedingungen der Neutralität eine Modifica-
tion erleiden. Es folgt daraus insbeſondere:

Erſtlich die Unverletzbarkeit des Gebietes und die un-
geſtörte Ausübung aller Hoheitsrechte in dem Innern
deſſelben
.

Das neutrale Gebiet iſt ein Aſyl, welches man auch einzelnen

wolle Caperbriefe von kriegführenden Theilen anzunehmen. v. Steck Ver-
ſuche über Handels- und Schiffahrtsvertr. S. 173. v. Martens über Ca-
per §. 13. Dieſe Verträge kann man aber nicht als eine Regel, ſondern
nur als Ausnahme von der Regel betrachten.
1 Es giebt Nationen, größere oder kleinere, auch Zeiten wo der einzelne oft
für den Drang nach kriegeriſcher Ehre keine Befriedigung finden kann. Er
muß ſie daher anderweitig ſuchen. Ferner kann eine Regierung Bedenken
tragen ſich der Gefahr eines Krieges, ſelbſt für eine gute Sache, auszuſetzen,
die Moral kann aber dem Einzelnen eine Theilnahme an der gerechten
Sache zur Pflicht machen. In Deutſchland gehörte ſonſt dieſes Eintreten
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v. 1570. §. 4.
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[249/0273] §. 149. Voͤlkerrecht im Zuſtand des Unfriedens. für verantwortlich gemacht werden, wenn einzelne ihrer Untertha- nen freiwillig in der einen oder der anderen Weiſe an einem frem- den Kriege Theil nehmen, wenn ſie ſich mit einer Kriegspartei in Lieferungs- und Darlehn-Geſchäfte einlaſſen, oder in die Truppen- reihen derſelben eintreten, 1 einem kriegeriſchen Drange oder be- ſonderen moraliſchen Intereſſen an der Sache dieſer Partei nach- gehend. Im äußerſten Fall würden hier nur die Grundſätze von der Auswanderung der Unterthanen zur Anwendung kommen. Sollte freilich die Theilnahme der Unterthanen eine maßenhafte werden, dadurch die Aufmerkſamkeit und Bedenklichkeit der Gegenpartei er- regen, demnach Repreſſalien derſelben befürchten laſſen: ſo wird es von dem politiſchen Ermeſſen der betheiligten Staatsgewalt abhän- gen, ob und wie weit ſie dagegen einſchreiten wolle, jedoch nicht aus Pflicht gegen den kriegführenden Theil, ſondern lediglich aus Rückſicht auf das eigene Staatswohl. Rechte der Neutralen. 149. Hinſichtlich der Rechte der neutralen Staaten iſt das all- gemeine Princip aufzuſtellen, daß ihnen auch im Kriege alle dieje- nigen Rechte verbleiben und ungekränkt erhalten werden müſſen, welche ihnen im Friedensſtande gebühren, ſoweit ſie nicht durch die vorausgeſchickten Bedingungen der Neutralität eine Modifica- tion erleiden. Es folgt daraus insbeſondere: Erſtlich die Unverletzbarkeit des Gebietes und die un- geſtörte Ausübung aller Hoheitsrechte in dem Innern deſſelben. Das neutrale Gebiet iſt ein Aſyl, welches man auch einzelnen 3 1 Es giebt Nationen, größere oder kleinere, auch Zeiten wo der einzelne oft für den Drang nach kriegeriſcher Ehre keine Befriedigung finden kann. Er muß ſie daher anderweitig ſuchen. Ferner kann eine Regierung Bedenken tragen ſich der Gefahr eines Krieges, ſelbſt für eine gute Sache, auszuſetzen, die Moral kann aber dem Einzelnen eine Theilnahme an der gerechten Sache zur Pflicht machen. In Deutſchland gehörte ſonſt dieſes Eintreten in fremde Heere zur „löblichen Geſtalt deutſcher Freiheit.“ Reichs Abſch. v. 1570. §. 4. 3 wolle Caperbriefe von kriegführenden Theilen anzunehmen. v. Steck Ver- ſuche über Handels- und Schiffahrtsvertr. S. 173. v. Martens über Ca- per §. 13. Dieſe Verträge kann man aber nicht als eine Regel, ſondern nur als Ausnahme von der Regel betrachten.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 249. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/273>, abgerufen am 27.11.2024.