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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Zweites Buch. §. 116.
gen gegen den zu bekämpfenden Feind setzen der versprochenen Hil-
feleistung oft unabweisbare Hindernisse entgegen; 1 in jedem Falle
bleibt auch dem Verbündeten die Prüfung vorbehalten, ob der
Krieg, an welchem er Theil nehmen soll, ein gerechter Krieg sei. 2
Nichts trügerischer und unsicherer also, als das Vertrauen auf ge-
schlossene Alliancen, wo nicht ein vollkommen gleichartiges und
bleibendes Interesse vorwaltet, wie in Staatenvereinen!

116. Das Verhältniß unter den Verbündeten selbst, sofern es
nicht genau in anderer Weise durch den Bundesvertrag bestimmt
ist, wird sich der Natur der Sache und der Praxis gemäß im
Wesentlichen dahin feststellen:

I. Bei allgemeiner Kriegshilfe treten die Grundsätze des Ge-
sellschaftsvertrages (§. 92.) in Anwendung, welchen zufolge
jeder Theilhaber gleiche Rechte und Verbindlichkeiten mit
dem andern übernimmt, mithin auch zur Erreichung des ge-
meinschaftlichen Zweckes in gleichem Verhältniß beitragen
muß, sofern ihm dazu die nöthigen Mittel zu Gebot stehen,
also im Verhältniß derselben. Fände keine Vereinigung Statt,
so würde kein Verbündeter für sich wider den Willen des
Andern eine Kriegsunternehmung ausführen können; Keiner
kann thun, was dem andern schädlich ist, mithin auch keinen
einseitigen Frieden oder Waffenstillstand mit dem Feinde
schließen, 3 es sei denn dem Zweck des Bündnisses gemäß,
oder dieser nicht mehr zu erreichen, oder die Fortsetzung des
Bündnisses eine Unmöglichkeit geworden, oder dasselbe von dem
andern Verbündeten selbst verletzt worden. Keiner der Ver-
bündeten kann sich endlich auf Kosten des andern bereichern,
sondern es muß vielmehr jeder dem andern herausgeben,
was demselben von Rechtswegen gehört, z. B. auch das
dem Feinde wieder abgenommene Eigenthum des Bundes-
genossen, wobei ein Postliminium zulässig ist, ihn auch an
1 Ueber den Fall, wenn man den beiden kriegführenden Hauptparteien Hilfe
versprochen hat, s. Groot II, 15, 13. und dazu Cocceji. Juridische Bestim-
mungen werden indeß hierbei schwerlich ausreichen.
2 Hierüber sind Alle einverstanden. Eine Menge Discussionen über die Exi-
stenz des casus foederis s. bei Moser a. a. O. S. 43 f. Dazu auch die
Beispiele bei Wheaton III, 2, §. 13.
3 Die Geschichte kennt solche Separatfrieden!

Zweites Buch. §. 116.
gen gegen den zu bekämpfenden Feind ſetzen der verſprochenen Hil-
feleiſtung oft unabweisbare Hinderniſſe entgegen; 1 in jedem Falle
bleibt auch dem Verbündeten die Prüfung vorbehalten, ob der
Krieg, an welchem er Theil nehmen ſoll, ein gerechter Krieg ſei. 2
Nichts trügeriſcher und unſicherer alſo, als das Vertrauen auf ge-
ſchloſſene Alliancen, wo nicht ein vollkommen gleichartiges und
bleibendes Intereſſe vorwaltet, wie in Staatenvereinen!

116. Das Verhältniß unter den Verbündeten ſelbſt, ſofern es
nicht genau in anderer Weiſe durch den Bundesvertrag beſtimmt
iſt, wird ſich der Natur der Sache und der Praxis gemäß im
Weſentlichen dahin feſtſtellen:

I. Bei allgemeiner Kriegshilfe treten die Grundſätze des Ge-
ſellſchaftsvertrages (§. 92.) in Anwendung, welchen zufolge
jeder Theilhaber gleiche Rechte und Verbindlichkeiten mit
dem andern übernimmt, mithin auch zur Erreichung des ge-
meinſchaftlichen Zweckes in gleichem Verhältniß beitragen
muß, ſofern ihm dazu die nöthigen Mittel zu Gebot ſtehen,
alſo im Verhältniß derſelben. Fände keine Vereinigung Statt,
ſo würde kein Verbündeter für ſich wider den Willen des
Andern eine Kriegsunternehmung ausführen können; Keiner
kann thun, was dem andern ſchädlich iſt, mithin auch keinen
einſeitigen Frieden oder Waffenſtillſtand mit dem Feinde
ſchließen, 3 es ſei denn dem Zweck des Bündniſſes gemäß,
oder dieſer nicht mehr zu erreichen, oder die Fortſetzung des
Bündniſſes eine Unmöglichkeit geworden, oder daſſelbe von dem
andern Verbündeten ſelbſt verletzt worden. Keiner der Ver-
bündeten kann ſich endlich auf Koſten des andern bereichern,
ſondern es muß vielmehr jeder dem andern herausgeben,
was demſelben von Rechtswegen gehört, z. B. auch das
dem Feinde wieder abgenommene Eigenthum des Bundes-
genoſſen, wobei ein Poſtliminium zuläſſig iſt, ihn auch an
1 Ueber den Fall, wenn man den beiden kriegführenden Hauptparteien Hilfe
verſprochen hat, ſ. Groot II, 15, 13. und dazu Cocceji. Juridiſche Beſtim-
mungen werden indeß hierbei ſchwerlich ausreichen.
2 Hierüber ſind Alle einverſtanden. Eine Menge Discuſſionen über die Exi-
ſtenz des casus foederis ſ. bei Moſer a. a. O. S. 43 f. Dazu auch die
Beiſpiele bei Wheaton III, 2, §. 13.
3 Die Geſchichte kennt ſolche Separatfrieden!
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[198/0222] Zweites Buch. §. 116. gen gegen den zu bekämpfenden Feind ſetzen der verſprochenen Hil- feleiſtung oft unabweisbare Hinderniſſe entgegen; 1 in jedem Falle bleibt auch dem Verbündeten die Prüfung vorbehalten, ob der Krieg, an welchem er Theil nehmen ſoll, ein gerechter Krieg ſei. 2 Nichts trügeriſcher und unſicherer alſo, als das Vertrauen auf ge- ſchloſſene Alliancen, wo nicht ein vollkommen gleichartiges und bleibendes Intereſſe vorwaltet, wie in Staatenvereinen! 116. Das Verhältniß unter den Verbündeten ſelbſt, ſofern es nicht genau in anderer Weiſe durch den Bundesvertrag beſtimmt iſt, wird ſich der Natur der Sache und der Praxis gemäß im Weſentlichen dahin feſtſtellen: I. Bei allgemeiner Kriegshilfe treten die Grundſätze des Ge- ſellſchaftsvertrages (§. 92.) in Anwendung, welchen zufolge jeder Theilhaber gleiche Rechte und Verbindlichkeiten mit dem andern übernimmt, mithin auch zur Erreichung des ge- meinſchaftlichen Zweckes in gleichem Verhältniß beitragen muß, ſofern ihm dazu die nöthigen Mittel zu Gebot ſtehen, alſo im Verhältniß derſelben. Fände keine Vereinigung Statt, ſo würde kein Verbündeter für ſich wider den Willen des Andern eine Kriegsunternehmung ausführen können; Keiner kann thun, was dem andern ſchädlich iſt, mithin auch keinen einſeitigen Frieden oder Waffenſtillſtand mit dem Feinde ſchließen, 3 es ſei denn dem Zweck des Bündniſſes gemäß, oder dieſer nicht mehr zu erreichen, oder die Fortſetzung des Bündniſſes eine Unmöglichkeit geworden, oder daſſelbe von dem andern Verbündeten ſelbſt verletzt worden. Keiner der Ver- bündeten kann ſich endlich auf Koſten des andern bereichern, ſondern es muß vielmehr jeder dem andern herausgeben, was demſelben von Rechtswegen gehört, z. B. auch das dem Feinde wieder abgenommene Eigenthum des Bundes- genoſſen, wobei ein Poſtliminium zuläſſig iſt, ihn auch an 1 Ueber den Fall, wenn man den beiden kriegführenden Hauptparteien Hilfe verſprochen hat, ſ. Groot II, 15, 13. und dazu Cocceji. Juridiſche Beſtim- mungen werden indeß hierbei ſchwerlich ausreichen. 2 Hierüber ſind Alle einverſtanden. Eine Menge Discuſſionen über die Exi- ſtenz des casus foederis ſ. bei Moſer a. a. O. S. 43 f. Dazu auch die Beiſpiele bei Wheaton III, 2, §. 13. 3 Die Geſchichte kennt ſolche Separatfrieden!

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 198. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/222>, abgerufen am 23.11.2024.