Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.Zweites Buch. §. 114. die Ungerechtigkeit eines Krieges beseitigen können. Alle abstractenFragen, ob Religionskriege, ob Strafkriege, ob Kriege zur Erhal- tung des politischen Gleichgewichts gerecht seien? sind daneben überflüssig und beantworten sich aus den vorangeschickten Erörte- rungen der völkerrechtlichen Verhältnisse ganz von selbst. 1 Kriegführende Theile. 114. Ein Kriegsstand kann rechtmäßiger Weise nur unter Par- 1 Schriften über diese Fragen findet man bei v. Ompteda §. 294. 298. 299. v. Kamptz §. 274. 280. 281. 2 Schriften bei v. Kamptz §. 273. 3 So schon Ulpian, 1. 21. §. 1. D. de captiv. "In civilibus dissensio- nibus, quamvis saepe per eas respublica laedatur, non tamen in exi- tium reipublicae contenditur: qui in alterutras partes discedent, vice hostium non sunt eorum, inter quos jura captivitatum aut postliminio- rum fuerint." 4 Die Sitten des Mittelalters oder der Feudalzeit s. bei Ward, Enquiry I,
p. 344. II, 209 f. Ein merkwürdiges Beispiel einer Kriegführung auf eigene Hand gaben noch Mannsfeld und Bernhard von Weimar im 30 jäh- rigen Kriege. S. auch Ward II, 312. Schill's Zug ward reprobirt. Zweites Buch. §. 114. die Ungerechtigkeit eines Krieges beſeitigen können. Alle abſtractenFragen, ob Religionskriege, ob Strafkriege, ob Kriege zur Erhal- tung des politiſchen Gleichgewichts gerecht ſeien? ſind daneben überflüſſig und beantworten ſich aus den vorangeſchickten Erörte- rungen der völkerrechtlichen Verhältniſſe ganz von ſelbſt. 1 Kriegführende Theile. 114. Ein Kriegsſtand kann rechtmäßiger Weiſe nur unter Par- 1 Schriften über dieſe Fragen findet man bei v. Ompteda §. 294. 298. 299. v. Kamptz §. 274. 280. 281. 2 Schriften bei v. Kamptz §. 273. 3 So ſchon Ulpian, 1. 21. §. 1. D. de captiv. „In civilibus dissensio- nibus, quamvis saepe per eas respublica laedatur, non tamen in exi- tium reipublicae contenditur: qui in alterutras partes discedent, vice hostium non sunt eorum, inter quos jura captivitatum aut postliminio- rum fuerint.“ 4 Die Sitten des Mittelalters oder der Feudalzeit ſ. bei Ward, Enquiry I,
p. 344. II, 209 f. Ein merkwürdiges Beiſpiel einer Kriegführung auf eigene Hand gaben noch Mannsfeld und Bernhard von Weimar im 30 jäh- rigen Kriege. S. auch Ward II, 312. Schill’s Zug ward reprobirt. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0220" n="196"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Zweites Buch</hi>. §. 114.</fw><lb/> die Ungerechtigkeit eines Krieges beſeitigen können. Alle abſtracten<lb/> Fragen, ob Religionskriege, ob Strafkriege, ob Kriege zur Erhal-<lb/> tung des politiſchen Gleichgewichts gerecht ſeien? ſind daneben<lb/> überflüſſig und beantworten ſich aus den vorangeſchickten Erörte-<lb/> rungen der völkerrechtlichen Verhältniſſe ganz von ſelbſt. <note place="foot" n="1">Schriften über dieſe Fragen findet man bei v. Ompteda §. 294. 298.<lb/> 299. v. Kamptz §. 274. 280. 281.</note></p> </div><lb/> <div n="3"> <head>Kriegführende Theile.</head><lb/> <p>114. Ein Kriegsſtand kann rechtmäßiger Weiſe nur unter Par-<lb/> teien eintreten, unter welchen der äußerſte Grad der Selbſthilfe<lb/> erlaubt und möglich iſt, hauptſächlich alſo unter völlig freien von<lb/> einander unabhängigen, keiner gemeinſamen höheren Gewalt unter-<lb/> worfenen Parteien; <note place="foot" n="2">Schriften bei v. Kamptz §. 273.</note> insbeſondere ein Staatenkrieg unter ſouverä-<lb/> nen Staaten ſo wie gegen ſtaatenlos Lebende: z. B. Freibeuter,<lb/> Flibuſtier, Seeräuber und dgl. Ein innerer Krieg politiſcher Par-<lb/> teien deſſelben Staates kann höchſtens nur als ein Nothkrieg An-<lb/> ſpruch auf Rechtmäßigkeit haben; er kann auch nie einen eigent-<lb/> lichen Kriegsſtand, wie unter fremden Staatsgewalten, hervorbrin-<lb/> gen. <note place="foot" n="3">So ſchon Ulpian, 1. 21. §. 1. <hi rendition="#aq">D. de captiv. „In civilibus dissensio-<lb/> nibus, quamvis saepe per eas respublica laedatur, non tamen in exi-<lb/> tium reipublicae contenditur: qui in alterutras partes discedent, vice<lb/> hostium non sunt eorum, inter quos jura captivitatum aut postliminio-<lb/> rum fuerint.“</hi></note> Private Fehden oder Kriege auf eigene Fauſt unter Per-<lb/> ſonen deſſelben oder verſchiedener Staaten hat die neuere Entwicke-<lb/> lung des Europäiſchen Staatslebens völlig unterdrückt. <note place="foot" n="4">Die Sitten des Mittelalters oder der Feudalzeit ſ. bei <hi rendition="#aq">Ward, Enquiry I,<lb/> p. 344. II,</hi> 209 f. Ein merkwürdiges Beiſpiel einer Kriegführung auf<lb/> eigene Hand gaben noch Mannsfeld und Bernhard von Weimar im 30 jäh-<lb/> rigen Kriege. S. auch <hi rendition="#aq">Ward II,</hi> 312. Schill’s Zug ward reprobirt.</note> Selbſt<lb/> Aſſociationen vieler Privaten, wie z. B. kaufmänniſche Genoſſen-<lb/> ſchaften, würden ohne Zulaſſung ihrer Staatsgewalten keinen Krieg<lb/> zu führen berechtigt ſein, ſo lange ſie ſich nicht, wie einſt die<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [196/0220]
Zweites Buch. §. 114.
die Ungerechtigkeit eines Krieges beſeitigen können. Alle abſtracten
Fragen, ob Religionskriege, ob Strafkriege, ob Kriege zur Erhal-
tung des politiſchen Gleichgewichts gerecht ſeien? ſind daneben
überflüſſig und beantworten ſich aus den vorangeſchickten Erörte-
rungen der völkerrechtlichen Verhältniſſe ganz von ſelbſt. 1
Kriegführende Theile.
114. Ein Kriegsſtand kann rechtmäßiger Weiſe nur unter Par-
teien eintreten, unter welchen der äußerſte Grad der Selbſthilfe
erlaubt und möglich iſt, hauptſächlich alſo unter völlig freien von
einander unabhängigen, keiner gemeinſamen höheren Gewalt unter-
worfenen Parteien; 2 insbeſondere ein Staatenkrieg unter ſouverä-
nen Staaten ſo wie gegen ſtaatenlos Lebende: z. B. Freibeuter,
Flibuſtier, Seeräuber und dgl. Ein innerer Krieg politiſcher Par-
teien deſſelben Staates kann höchſtens nur als ein Nothkrieg An-
ſpruch auf Rechtmäßigkeit haben; er kann auch nie einen eigent-
lichen Kriegsſtand, wie unter fremden Staatsgewalten, hervorbrin-
gen. 3 Private Fehden oder Kriege auf eigene Fauſt unter Per-
ſonen deſſelben oder verſchiedener Staaten hat die neuere Entwicke-
lung des Europäiſchen Staatslebens völlig unterdrückt. 4 Selbſt
Aſſociationen vieler Privaten, wie z. B. kaufmänniſche Genoſſen-
ſchaften, würden ohne Zulaſſung ihrer Staatsgewalten keinen Krieg
zu führen berechtigt ſein, ſo lange ſie ſich nicht, wie einſt die
1 Schriften über dieſe Fragen findet man bei v. Ompteda §. 294. 298.
299. v. Kamptz §. 274. 280. 281.
2 Schriften bei v. Kamptz §. 273.
3 So ſchon Ulpian, 1. 21. §. 1. D. de captiv. „In civilibus dissensio-
nibus, quamvis saepe per eas respublica laedatur, non tamen in exi-
tium reipublicae contenditur: qui in alterutras partes discedent, vice
hostium non sunt eorum, inter quos jura captivitatum aut postliminio-
rum fuerint.“
4 Die Sitten des Mittelalters oder der Feudalzeit ſ. bei Ward, Enquiry I,
p. 344. II, 209 f. Ein merkwürdiges Beiſpiel einer Kriegführung auf
eigene Hand gaben noch Mannsfeld und Bernhard von Weimar im 30 jäh-
rigen Kriege. S. auch Ward II, 312. Schill’s Zug ward reprobirt.
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