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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Zweites Buch. §. 109.
spruch selbst thun. 1 Sind mehrere Schiedsrichter ohne nähere
Bestimmung erwählt, so kann keiner ohne den Andern giltig ver-
fahren oder ein Urtheil sprechen. 2 Bei Meinungsverschiedenheiten
ist unstreitig die Stimmenmehrheit als entscheidend zu betrachten; 3
im Fall einer Stimmengleichheit oder völligen Dissonanz würde
nur durch Zutritt der Betheiligten ein fernerer Ausweg zu gewin-
nen sein. 4 Ist wegen des Verfahrens nicht bestimmt, so steht
dem Schiedsrichter zu, eine Zeit festzustellen, bis wohin die gegen-
seitigen Ausführungen und Beweise vorgelegt werden sollen, worauf
er dann ohne weiteren Aufenthalt zur Vollendung seines Auftrags
schreiten kann. Zwangsrechte stehen ihm gegen keinen Theil zu. 5
Sein Amt erlischt durch neue Conventionen der Hauptparteien,
durch Ablauf der ihm gesetzten Zeit, durch den Tod oder eingetre-
tene Unfähigkeit des Schiedsmannes, endlich mit dem Entscheid
selbst. Dieser hat für die Interessenten die Bedeutung eines gilti-
gen Vergleiches. 6 Er kann nur angefochten werden a) wegen
Ungiltigkeit des Compromisses; b) wegen absoluter Unfähigkeit des
Schiedsmannes; c) wegen Unredlichkeit desselben oder der Gegen-
partei; d) wegen mangelhaften oder gänzlich verweigerten Gehörs;
e) wegen Ueberschreitung der Grenzen des Compromisses; f) we-
gen absoluter Rechtswidrigkeit der in dem Entscheid getroffenen
Verordnungen, welche daher auch keine zulässige Causa eines Ver-
trags (§. 83.) abgeben könnten, wogegen bloße Verstöße in der
Beurtheilung des besonderen Falles, sofern ihnen nicht etwa Par-

1 v. Neumann J. Princip. Priv. t. VIII, §. 18.
2 Versteht sich als stillschweigende Absicht der Interessenten von selbst. S.
auch l. 17. a. E. und l. 18. D. de recept. Die davon abweichende Vor-
schrift in cap. 2. de arbitr. in VI. ist schwerlich als Regel des Völkerrechts
anzusehen.
3 Ist auch allgemeine civilrechtliche Praxis. Siehe l. 27. §. 3. D. l. c.
4 Daß die Schiedsrichter sich selbst einen Obmann wählen, wie das Römi-
sche Civilrecht gestattet, beruht auf einer positiven Vorschrift, welche jedoch
nicht in allen Civilrechten einmal beibehalten ist.
5 Vgl. l. 27. pr. l. 49. §. 1. D. cit. und so überall!
6 Die beschränktere Kraft des Schiedsspruches im Römischen Recht ist für
das neuere Europa durch andere Ueberzeugungen von der Kraft der Ver-
träge jeder Giltigkeit entbunden. Vgl. Groot III, 20. 46. Unrichtig ist
gewiß auch die Vorstellung, daß wenn in dem Compromiß eine Conven-
tionalstrafe bedungen worden, der Schuldigerklärte sich durch Erlegung der
Strafe von der Erfüllung des Schiedsspruches befreien könne!

Zweites Buch. §. 109.
ſpruch ſelbſt thun. 1 Sind mehrere Schiedsrichter ohne nähere
Beſtimmung erwählt, ſo kann keiner ohne den Andern giltig ver-
fahren oder ein Urtheil ſprechen. 2 Bei Meinungsverſchiedenheiten
iſt unſtreitig die Stimmenmehrheit als entſcheidend zu betrachten; 3
im Fall einer Stimmengleichheit oder völligen Diſſonanz würde
nur durch Zutritt der Betheiligten ein fernerer Ausweg zu gewin-
nen ſein. 4 Iſt wegen des Verfahrens nicht beſtimmt, ſo ſteht
dem Schiedsrichter zu, eine Zeit feſtzuſtellen, bis wohin die gegen-
ſeitigen Ausführungen und Beweiſe vorgelegt werden ſollen, worauf
er dann ohne weiteren Aufenthalt zur Vollendung ſeines Auftrags
ſchreiten kann. Zwangsrechte ſtehen ihm gegen keinen Theil zu. 5
Sein Amt erliſcht durch neue Conventionen der Hauptparteien,
durch Ablauf der ihm geſetzten Zeit, durch den Tod oder eingetre-
tene Unfähigkeit des Schiedsmannes, endlich mit dem Entſcheid
ſelbſt. Dieſer hat für die Intereſſenten die Bedeutung eines gilti-
gen Vergleiches. 6 Er kann nur angefochten werden a) wegen
Ungiltigkeit des Compromiſſes; b) wegen abſoluter Unfähigkeit des
Schiedsmannes; c) wegen Unredlichkeit deſſelben oder der Gegen-
partei; d) wegen mangelhaften oder gänzlich verweigerten Gehörs;
e) wegen Ueberſchreitung der Grenzen des Compromiſſes; f) we-
gen abſoluter Rechtswidrigkeit der in dem Entſcheid getroffenen
Verordnungen, welche daher auch keine zuläſſige Cauſa eines Ver-
trags (§. 83.) abgeben könnten, wogegen bloße Verſtöße in der
Beurtheilung des beſonderen Falles, ſofern ihnen nicht etwa Par-

1 v. Neumann J. Princip. Priv. t. VIII, §. 18.
2 Verſteht ſich als ſtillſchweigende Abſicht der Intereſſenten von ſelbſt. S.
auch l. 17. a. E. und l. 18. D. de recept. Die davon abweichende Vor-
ſchrift in cap. 2. de arbitr. in VI. iſt ſchwerlich als Regel des Völkerrechts
anzuſehen.
3 Iſt auch allgemeine civilrechtliche Praxis. Siehe l. 27. §. 3. D. l. c.
4 Daß die Schiedsrichter ſich ſelbſt einen Obmann wählen, wie das Römi-
ſche Civilrecht geſtattet, beruht auf einer poſitiven Vorſchrift, welche jedoch
nicht in allen Civilrechten einmal beibehalten iſt.
5 Vgl. l. 27. pr. l. 49. §. 1. D. cit. und ſo überall!
6 Die beſchränktere Kraft des Schiedsſpruches im Römiſchen Recht iſt für
das neuere Europa durch andere Ueberzeugungen von der Kraft der Ver-
träge jeder Giltigkeit entbunden. Vgl. Groot III, 20. 46. Unrichtig iſt
gewiß auch die Vorſtellung, daß wenn in dem Compromiß eine Conven-
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Strafe von der Erfüllung des Schiedsſpruches befreien könne!
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[188/0212] Zweites Buch. §. 109. ſpruch ſelbſt thun. 1 Sind mehrere Schiedsrichter ohne nähere Beſtimmung erwählt, ſo kann keiner ohne den Andern giltig ver- fahren oder ein Urtheil ſprechen. 2 Bei Meinungsverſchiedenheiten iſt unſtreitig die Stimmenmehrheit als entſcheidend zu betrachten; 3 im Fall einer Stimmengleichheit oder völligen Diſſonanz würde nur durch Zutritt der Betheiligten ein fernerer Ausweg zu gewin- nen ſein. 4 Iſt wegen des Verfahrens nicht beſtimmt, ſo ſteht dem Schiedsrichter zu, eine Zeit feſtzuſtellen, bis wohin die gegen- ſeitigen Ausführungen und Beweiſe vorgelegt werden ſollen, worauf er dann ohne weiteren Aufenthalt zur Vollendung ſeines Auftrags ſchreiten kann. Zwangsrechte ſtehen ihm gegen keinen Theil zu. 5 Sein Amt erliſcht durch neue Conventionen der Hauptparteien, durch Ablauf der ihm geſetzten Zeit, durch den Tod oder eingetre- tene Unfähigkeit des Schiedsmannes, endlich mit dem Entſcheid ſelbſt. Dieſer hat für die Intereſſenten die Bedeutung eines gilti- gen Vergleiches. 6 Er kann nur angefochten werden a) wegen Ungiltigkeit des Compromiſſes; b) wegen abſoluter Unfähigkeit des Schiedsmannes; c) wegen Unredlichkeit deſſelben oder der Gegen- partei; d) wegen mangelhaften oder gänzlich verweigerten Gehörs; e) wegen Ueberſchreitung der Grenzen des Compromiſſes; f) we- gen abſoluter Rechtswidrigkeit der in dem Entſcheid getroffenen Verordnungen, welche daher auch keine zuläſſige Cauſa eines Ver- trags (§. 83.) abgeben könnten, wogegen bloße Verſtöße in der Beurtheilung des beſonderen Falles, ſofern ihnen nicht etwa Par- 1 v. Neumann J. Princip. Priv. t. VIII, §. 18. 2 Verſteht ſich als ſtillſchweigende Abſicht der Intereſſenten von ſelbſt. S. auch l. 17. a. E. und l. 18. D. de recept. Die davon abweichende Vor- ſchrift in cap. 2. de arbitr. in VI. iſt ſchwerlich als Regel des Völkerrechts anzuſehen. 3 Iſt auch allgemeine civilrechtliche Praxis. Siehe l. 27. §. 3. D. l. c. 4 Daß die Schiedsrichter ſich ſelbſt einen Obmann wählen, wie das Römi- ſche Civilrecht geſtattet, beruht auf einer poſitiven Vorſchrift, welche jedoch nicht in allen Civilrechten einmal beibehalten iſt. 5 Vgl. l. 27. pr. l. 49. §. 1. D. cit. und ſo überall! 6 Die beſchränktere Kraft des Schiedsſpruches im Römiſchen Recht iſt für das neuere Europa durch andere Ueberzeugungen von der Kraft der Ver- träge jeder Giltigkeit entbunden. Vgl. Groot III, 20. 46. Unrichtig iſt gewiß auch die Vorſtellung, daß wenn in dem Compromiß eine Conven- tionalſtrafe bedungen worden, der Schuldigerklärte ſich durch Erlegung der Strafe von der Erfüllung des Schiedsſpruches befreien könne!

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 188. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/212>, abgerufen am 23.11.2024.