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Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844.

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Zweites Buch. §. 108.
öffentlichen Meinung, wenn eine Verständigung im Wege
der gegenseitigen Correspondenz nicht zu bewirken gewesen
oder dieselbe bereits abgebrochen ist;
ferner die Annahme der bona officia einer dritten Macht,
welche als Versöhnerin zu wirken hat; oder eine von allen
streitenden Theilen angenommene Vermittelung einer dritten
Staatsgewalt.

In diesem Letzteren liegt mehr als im vorhergehenden. Die Ver-
mittlung suspendirt die Feindseligkeiten, so lange nicht das Amt
des Vermittlers aufgehört hat, von Rechtswegen. Freundliche
Dienste haben nur eine moralische Bedeutung.

Befindet sich ein Theil gar nicht in der Gefahr eines wirkli-
chen Rechtsverlustes, könnte seine Handlung oder sein Stillschwei-
gen nur einer rechtsnachtheiligen Deutung verfallen: so genügt zur
Erhaltung des Rechts gegen etwanige Anfechtung schon eine bloße
Protestation, wenn sie nicht den bereits für den Protestirenden ein-
getretenen wohlbegründeten Rechtsverhältnissen oder den gleichzeiti-
gen Handlungen desselben zuwider ist, eine protestatio facto con-
traria.

Besondere Vereinigungsmittel bei zweifelhaften Puncten.

108. Ist ein Rechtsverhältniß an sich feststehend und nur noch ei-
ner näheren Regulirung bedürftig, wie z. B. eine noch nicht speciell ge-
zogene oder in Unklarheit gerathene Landesgrenze, oder ist es wegen der
einem Anspruch entgegengesetzten Rechtsgründe ein zweifelhaftes und
findet darüber unter den Parteien selbst keine Einigung statt, so muß
vorab auf die Erlangung einer unparteiischen Entscheidung hinge-
wirkt werden. Hierzu eignet sich in einzelnen Fällen das Loos,
sei es, um jedem Interessenten einen bestimmten Antheil an einer
streitigen Sache zuzutheilen, sei es um an die Stelle eines völlig
ungewissen Zustandes für immer oder auch nur vorläufig eine Ge-
wißheit durch den zufälligen Ausschlag des Loses zu setzen. 1 Al-
les hängt hier begreiflich von der Vereinigung der Betheiligten ab.
Auch der Zweikampf ist als ein Waffenloos zuweilen in Antrag
gebracht, selten aber angenommen worden oder zu einem Ausschlag

1 Anwendung davon ist oft bei fürstlichen Erbtheilungen, desgleichen zur
Vermeidung von Rangstreitigkeiten gemacht worden. Fr. C. v. Moser in
Schott jur. Wochenbl. Jahrg. III, S. 615 f.
Zweites Buch. §. 108.
öffentlichen Meinung, wenn eine Verſtändigung im Wege
der gegenſeitigen Correſpondenz nicht zu bewirken geweſen
oder dieſelbe bereits abgebrochen iſt;
ferner die Annahme der bona officia einer dritten Macht,
welche als Verſöhnerin zu wirken hat; oder eine von allen
ſtreitenden Theilen angenommene Vermittelung einer dritten
Staatsgewalt.

In dieſem Letzteren liegt mehr als im vorhergehenden. Die Ver-
mittlung ſuspendirt die Feindſeligkeiten, ſo lange nicht das Amt
des Vermittlers aufgehört hat, von Rechtswegen. Freundliche
Dienſte haben nur eine moraliſche Bedeutung.

Befindet ſich ein Theil gar nicht in der Gefahr eines wirkli-
chen Rechtsverluſtes, könnte ſeine Handlung oder ſein Stillſchwei-
gen nur einer rechtsnachtheiligen Deutung verfallen: ſo genügt zur
Erhaltung des Rechts gegen etwanige Anfechtung ſchon eine bloße
Proteſtation, wenn ſie nicht den bereits für den Proteſtirenden ein-
getretenen wohlbegründeten Rechtsverhältniſſen oder den gleichzeiti-
gen Handlungen deſſelben zuwider iſt, eine protestatio facto con-
traria.

Beſondere Vereinigungsmittel bei zweifelhaften Puncten.

108. Iſt ein Rechtsverhältniß an ſich feſtſtehend und nur noch ei-
ner näheren Regulirung bedürftig, wie z. B. eine noch nicht ſpeciell ge-
zogene oder in Unklarheit gerathene Landesgrenze, oder iſt es wegen der
einem Anſpruch entgegengeſetzten Rechtsgründe ein zweifelhaftes und
findet darüber unter den Parteien ſelbſt keine Einigung ſtatt, ſo muß
vorab auf die Erlangung einer unparteiiſchen Entſcheidung hinge-
wirkt werden. Hierzu eignet ſich in einzelnen Fällen das Loos,
ſei es, um jedem Intereſſenten einen beſtimmten Antheil an einer
ſtreitigen Sache zuzutheilen, ſei es um an die Stelle eines völlig
ungewiſſen Zuſtandes für immer oder auch nur vorläufig eine Ge-
wißheit durch den zufälligen Ausſchlag des Loſes zu ſetzen. 1 Al-
les hängt hier begreiflich von der Vereinigung der Betheiligten ab.
Auch der Zweikampf iſt als ein Waffenloos zuweilen in Antrag
gebracht, ſelten aber angenommen worden oder zu einem Ausſchlag

1 Anwendung davon iſt oft bei fürſtlichen Erbtheilungen, desgleichen zur
Vermeidung von Rangſtreitigkeiten gemacht worden. Fr. C. v. Moſer in
Schott jur. Wochenbl. Jahrg. III, S. 615 f.
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[186/0210] Zweites Buch. §. 108. öffentlichen Meinung, wenn eine Verſtändigung im Wege der gegenſeitigen Correſpondenz nicht zu bewirken geweſen oder dieſelbe bereits abgebrochen iſt; ferner die Annahme der bona officia einer dritten Macht, welche als Verſöhnerin zu wirken hat; oder eine von allen ſtreitenden Theilen angenommene Vermittelung einer dritten Staatsgewalt. In dieſem Letzteren liegt mehr als im vorhergehenden. Die Ver- mittlung ſuspendirt die Feindſeligkeiten, ſo lange nicht das Amt des Vermittlers aufgehört hat, von Rechtswegen. Freundliche Dienſte haben nur eine moraliſche Bedeutung. Befindet ſich ein Theil gar nicht in der Gefahr eines wirkli- chen Rechtsverluſtes, könnte ſeine Handlung oder ſein Stillſchwei- gen nur einer rechtsnachtheiligen Deutung verfallen: ſo genügt zur Erhaltung des Rechts gegen etwanige Anfechtung ſchon eine bloße Proteſtation, wenn ſie nicht den bereits für den Proteſtirenden ein- getretenen wohlbegründeten Rechtsverhältniſſen oder den gleichzeiti- gen Handlungen deſſelben zuwider iſt, eine protestatio facto con- traria. Beſondere Vereinigungsmittel bei zweifelhaften Puncten. 108. Iſt ein Rechtsverhältniß an ſich feſtſtehend und nur noch ei- ner näheren Regulirung bedürftig, wie z. B. eine noch nicht ſpeciell ge- zogene oder in Unklarheit gerathene Landesgrenze, oder iſt es wegen der einem Anſpruch entgegengeſetzten Rechtsgründe ein zweifelhaftes und findet darüber unter den Parteien ſelbſt keine Einigung ſtatt, ſo muß vorab auf die Erlangung einer unparteiiſchen Entſcheidung hinge- wirkt werden. Hierzu eignet ſich in einzelnen Fällen das Loos, ſei es, um jedem Intereſſenten einen beſtimmten Antheil an einer ſtreitigen Sache zuzutheilen, ſei es um an die Stelle eines völlig ungewiſſen Zuſtandes für immer oder auch nur vorläufig eine Ge- wißheit durch den zufälligen Ausſchlag des Loſes zu ſetzen. 1 Al- les hängt hier begreiflich von der Vereinigung der Betheiligten ab. Auch der Zweikampf iſt als ein Waffenloos zuweilen in Antrag gebracht, ſelten aber angenommen worden oder zu einem Ausſchlag 1 Anwendung davon iſt oft bei fürſtlichen Erbtheilungen, desgleichen zur Vermeidung von Rangſtreitigkeiten gemacht worden. Fr. C. v. Moſer in Schott jur. Wochenbl. Jahrg. III, S. 615 f.

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Zitationshilfe: Heffter, August Wilhelm: Das Europäische Völkerrecht der Gegenwart. Berlin, 1844, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heffter_voelkerrecht_1844/210>, abgerufen am 23.11.2024.